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Die USA werden Donald Trump nicht mehr los – auch bei Wahlniederlage


Was heute wichtig ist
Trump geht nicht mehr weg

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 31.07.2020Lesedauer: 5 Min.
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Donald Trump torpediert Amerikas Demokratie.Vergrößern des Bildes
Donald Trump torpediert Amerikas Demokratie. (Quelle: Carlos Barria/Reuters-bilder)

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WAS WAR?

Was kommt als Nächstes? Die Frage steht im Raum, groß, dröhnend, bedrohlich. Sanktionen gegen einen Nato-Partner? Ein Angriff auf irgendein Land, das nicht zu jeder Forderung ja und Amen sagt? Schüsse mit scharfer Munition auf die eigenen Bürger? So vieles, was früher absurd erschien, rückt plötzlich in den Fokus des Denkbaren. Man muss das gesehen haben: Die Mimik eines deutschen Spitzenpolitikers, wenn so eine Eilmeldung auf dem Smartphone bimmelt: "Trump stellt Wahltermin infrage." Perplexe Ungläubigkeit für ein, zwei Sekunden, dann Schlucken, wirklich wahr? Ja, hat er gerade getwittert. Als Satz mit drei Fragezeichen, aber der Schlag ist gesetzt, und seine Anhänger verstehen ihn sofort. Im Sekundentakt prasseln die Likes und Retweets auf die Server: 50.000, 70.000, 100.000… Durchatmen. Wahnsinn. Aber das ist noch harmlos im Vergleich zu dem, was noch kommen wird. Der wird versuchen, einen Bürgerkrieg anzuzetteln.

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Ein Satz, der kein Ausrufezeichen braucht, um als Knall daherzukommen. Der ohnehin beunruhigend klingt, wenn er auf den amerikanischen Präsidenten gemünzt ist, aber erst recht, wenn er die Einschätzung eines führenden deutschen Politikers wiedergibt. Auch dann, wenn der sich damit nicht namentlich zitieren lassen will. Amerika am Abgrund. Im Berliner Regierungsviertel schaut man in diesen Sommertagen mit wachsender Sorge auf den taumelnden Riesen auf der anderen Seite des Atlantiks: verwundet von der Corona-Seuche, gezeichnet vom Wirtschaftseinbruch, zerrüttet von verfeindeten politischen Lagern, zersetzt von Propagandageschrei, angeführt von einem skrupellosen Narzissten, der zu jeder Schandtat bereit zu sein scheint, um seine Macht über den Herbst zu retten.

Donald Trump kann den Termin der Präsidentschaftswahl nicht verschieben, das könnte nur der amerikanische Kongress, und im Repräsentantenhaus haben die Demokraten die Mehrheit. Aber er kann versuchen, die Wahl mit allen Mitteln zu delegitimieren und so seine Anhänger munitionieren, aufwiegeln, womöglich zu Gewalttaten anstacheln. Immer noch ist dieser Präsident das Idol Tausender Extremisten, Waffenträger und militanter „Bürgerwehren“. Sie verfolgen jedes seiner Worte in den asozialen Medien, und sie verstehen seine Botschaften, selbst wenn drei Fragezeichen dahinterstehen.

Aber sie sind nicht die Einzigen, denen Trump mit seinem Twitter-Gebrüll den Kopf zu verdrehen versucht. Er schafft eine Gegenöffentlichkeit, eine Gegenberichterstattung, eine Gegenerzählung zu den täglichen Schreckenszahlen von der Corona-Front, um von seinem Schlingerkurs in Amerikas historischer Krise abzulenken. Zack: Truppenabzug aus Deutschland! Wumms: Drohung gegen China! Klatsch: Breitseite gegen Demonstranten! Ra-ta-ta-ta-ta: Schimpftiraden gegen Joe Biden! Jeden Tag ein neuer Aufreger, bis immer mehr Leute abstumpfen und gar nicht mehr merken, wie der Oberbefehlshaber versucht, die mächtigste Demokratie der Welt sturmreif zu twittern.

In dieser Logik ist das Timing seiner Attacke auf den Wahltermin perfekt: Der Abstand zum 3. November ist noch groß genug – falls sein Testballon platzt, erinnert sich in drei Wochen keiner mehr daran. Falls er Aufwind bekommt: Umso besser, dann kann er nachlegen. Und falls Trump tatsächlich die Wahl verliert, hat er jetzt schon die Rampe für seine nächste große Erzählung gebaut: Dann ist er kein Loser, sondern das Opfer von Wahlfälschung. Weil die Briefwahl angeblich fehleranfällig sei. Weil die Demokraten angeblich faule Tricks anwenden. Weil die Gouverneure in den Bundesstaaten ihn angeblich hintergehen. So eine Story behütet nicht nur das große, sensible Ego vor Beschädigung, sondern positioniert den selbsternannten Superman auch als Widerstandskämpfer gegen das korrupte Washington und die liberalen Umstürzler. Selbst wenn er verliert, kann Donald Trump dann an der Spitze des anderen Amerikas bleiben. In die zweite Runde gehen. Und die Legitimität der ersten Runde sofort in Frage stellen.

Was also kommt als Nächstes? Die Wahlen sind, Stand heute, (noch) nicht gefährdet. Ihre Legitimität aber schon. Trump geht vielleicht aus dem Amt. Weg geht er nicht.


WAS STEHT AN?

Die Grünen befinden sich derzeit in einer seltsamen Lage, man könnte sie die Phase des aktiven Lauerns nennen. In der Corona-Krise, die seit Monaten die Schlagzeilen bestimmt, haben sie im Bund nichts zu sagen. Trotzdem sprühen die Parteivertreter vor Ideen, um zu zeigen, dass sie könnten, wenn man sie denn ranließe. Viele Deutsche wollen das den Umfragen zufolge tatsächlich: Die Chancen stehen gut, dass die Grünen der nächsten Bundesregierung nach der Wahl im Herbst 2021 angehören. "Wir streben die Verantwortung für die Breite der Gesellschaft an", sagt Grünen-Chef Robert Habeck, als er im t-online.de-Newsroom seine Pläne erklärt.

Nur, mit wem wollen die Grünen regieren: der Union? Oder lieber doch auf ein Linksbündnis mit SPD und Linkspartei setzen? Fragt man Robert Habeck, bekommt man Antworten, die man entweder als differenziert interpretieren kann – oder als weichgespült. In jedem Fall wollen die Grünen um Gottes Willen jetzt bloß keine Fehler machen, die ihren Höhenflug noch gefährden könnten. Also lieber zu allen lieb sein. Kürzlich haben sie der CDU zum 75. Geburtstag mit einem offenen Glückwunschbrief nebst Präsentkorb gratuliert. Total nett, total knuffig und ja wohl ein klares Zeichen, dass die Partei alles für eine schwarz-grüne Koalition tun würden – oder? Keineswegs, stellt Habeck im Interview mit meinem Kollegen Johannes Bebermeier und mir klar, „das war eine Kampfansage." Hier erfahren Sie mehr.


Die Bundesschiedskommission der SPD verhandelt heute darüber, ob Thilo Sarrazin in der Partei bleiben darf oder ausgeschlossen wird. Es ist die letzte Instanz in dem Fall, der den Genossen schwer geschadet hat.


Im slowakischen Journalistenmord-Prozess werden die Plädoyers der Verteidiger erwartet. Der Investigativreporter Jan Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren am 21. Februar 2018 erschossen worden, der Fall hat das Land bis heute erschüttert. Angeklagt sind der Unternehmer Marian Kocner als mutmaßlicher Auftraggeber sowie eine mutmaßliche Organisatorin und ein als Mittäter beschuldigter Ex-Polizist. Der Todesschütze und ein weiterer Mittäter haben bereits Geständnisse abgelegt.


WAS LESEN?

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Zieht Trump seine Truppen wirklich zum Teil ab, weil Deutschland zu wenig für Verteidigung ausgibt? Und wie sollte die Bundesregierung, wie die EU darauf reagieren? Wenige Personen haben einen so guten Einblick in die Sicherheitspolitik wie Wolfgang Ischinger, der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz. Im Gespräch mit unserem Autor Gerhard Spörl erklärt er die verworrene Lage so, dass man sie wirklich versteht.


90 Fragen, alle unangenehm: Die Grünen haben der Bundesregierung im Wirecard-Skandal einen langen Fragenkatalog geschickt. Den wohl größten Betrugsskandal der Nachkriegsgeschichte sehen sie noch längst nicht aufgeklärt, ein Untersuchungsausschuss steht im Raum. Unser Reporter Johannes Bebermeier erläutert Ihnen, wie Olaf Scholz in die Bredouille geraten ist – und wie seine Verteidigungsstrategie aussieht.


Lunge, Herz, Nieren, auch das Gehirn: Eine Infektion mit dem Coronavirus kann sämtliche Organe beschädigen. Berichte über Symptome wie Verwirrtheit bis hin zu schweren Schlaganfällen häufen sich. Der Neurologe Professor Dr. Peter Berlit erklärt im Interview mit meiner Kollegin Melanie Weiner, was bisher über die neue Gefahr bekannt ist.


Seit 1998 steht Franziska Reichenbacher als Lottofee in der ARD vor der Kamera, jeden Samstag verkündet sie die Glückszahlen. Für ihren Job wird sie oft belächelt. Zu Unrecht. Im Gespräch mit unserer Unterhaltungschefin Ricarda Heil erzählt sie, warum es Moderatorinnen und Schauspielerinnen in der Showbranche oft schwerer haben.


WAS AMÜSIERT MICH?

Oh, das kommt mir sehr bekannt vor!

Ich wünsche Ihnen einen ausgeglichenen Freitag und dann ein schönes Wochenende. Am Montag schreibt mein Kollege Florian Wichert den Tagesanbruch, von mir lesen Sie am Dienstagmorgen wieder.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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