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Grünen-Chef Robert Habeck: "Das ist eine Kampfansage"


Grünen-Chef Robert Habeck
"Das ist eine Kampfansage"

  • Johannes Bebermeier
InterviewVon Johannes Bebermeier, Florian Harms

31.07.2020Lesedauer: 10 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Robert Habeck im Gespräch: Der Grünen-Chef kritisiert die Bundesregierung im Fall Wirecard – und erklärt, wie die Grünen den Fleischkonsum in Deutschland senken wollen.Vergrößern des Bildes
Robert Habeck im Gespräch: Der Grünen-Chef kritisiert die Bundesregierung im Fall Wirecard – und erklärt, wie die Grünen den Fleischkonsum in Deutschland senken wollen. (Quelle: Daniel Rosenthal/T-Online-bilder)

Die Grünen könnten nach der nächsten Bundestagswahl mitregieren. Doch was wollen sie? Parteichef Robert Habeck spricht im t-online.de-Interview über die Folgen der Corona-Krise, Verzicht für den Klimaschutz und die Schuld der Bundesregierung im Wirecard-Skandal.

t-online.de: Herr Habeck, mitten in der Corona-Pandemie sind Sie gerade auf Sommertour quer durch Deutschland unterwegs und begegnen jeden Tag vielen Menschen. Haben Sie keine Angst, sich anzustecken?

Robert Habeck: Nein, Angst nicht. Ich bemühe mich, vorsichtig zu sein. Und ich sehe auch bei anderen eine große Vorsicht. Natürlich gibt es auch solche, die das nicht tun. Leute, die in der U-Bahn keine Maske tragen, die am Bahnhof nicht ausweichen. Aber die meisten Menschen haben es angenommen, mit Abstand und Masken zu leben.

Es gab auf Ihrer Reise also keinen einzigen Moment, in dem Sie gedacht haben: Oh, das ist jetzt riskant?

Nein. Aber in meinem privaten Umfeld gab es kürzlich jemanden, der Fieber, Hals- und Kopfschmerzen hatte, also die Corona-Symptome. Da habe ich einen Tag meiner Sommertour abgesagt. Erst als das Testergebnis dieser Person negativ war, habe ich weitergemacht.

Politiker leben davon, dass sie einen Draht zu den Menschen aufbauen. Das ist in der Corona-Krise viel schwieriger. Wie verändert das Ihre Arbeit?

Die fehlende Nähe ist in der Tat ein Problem, vor allem wenn der eigene politische Anspruch eigentlich ist, Distanz zu verringern, Nähe zu suchen und idealerweise entstehen zu lassen. Genau das ist jetzt nicht mehr so intensiv möglich, und das schränkt natürlich unsere Art Politik zu machen beträchtlich ein.

Sie wollen auf Ihrer Sommertour herausfinden, wo unsere Gesellschaft am verwundbarsten ist. Was haben Sie gelernt?

Wir sollten an neuralgischen Stellen mehr auf Vorsorge und weniger auf ökonomische Prozesse allein setzen. Die Feuerwehr ist ein gutes Beispiel. Niemand würde sagen: Es hat lange nicht gebrannt, also schaffen wir die Feuerwehr ab oder siedeln sie im Ausland an. Diesen Vorsorgegedanken müssen wir stärker auf die durchökonomisierten Bereiche übertragen: das Gesundheitssystem, die Versorgung mit Lebensmitteln und Energie, aber auch, wenn es um Grundstoffe für die Pharmaindustrie geht. Dafür braucht es neue Regeln und Vergütungssysteme.

Sie wollen für Deutschland also eine Art Sozialismus light?

Nein, aber andere Märkte. Sie sollten nicht nach dem Prinzip der Günstigkeit allein, sondern nach dem der Vorsorge funktionieren. Das Krankenhaussystem zum Beispiel wird in weiten Teilen so finanziert, dass Leistungen über Fallpauschalen abgerechnet werden. Ich halte es für richtig, das um eine Vorsorgepauschale zu ergänzen. Intensivbetten oder Ambulanzen müssen vorgehalten werden, auch wenn sie sich nicht unmittelbar rechnen.

Durch die Corona-Pandemie hat sich vieles in Deutschland verändert, auch unsere Sprache. Plötzlich reden alle von "Corona-Partys", "Maskenpflicht", "Übersterblichkeit" oder "Lockdown". Ihnen liegt klare Sprache am Herzen, Sie haben sogar ein Buch darüber geschrieben. Darin steht der Satz: "Wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind – auch und gerade in der Politik." Was sagt also das neue Corona-Vokabular über uns aus?

Jede Krise bringt ihr Vokabular hervor. Bei der sogenannten Flüchtlingskrise war es mit Begriffen wie "Anti-Abschiebe-Industrie" oder "Asyltourismus" eine ausgrenzende Sprache. In der Corona-Pandemie erleben wir ein sehr technisiertes Verwaltungsdeutsch. Positiv kann man daraus ablesen: Der Staat ist handlungsfähig und findet dafür eine eigene Sprache. Negativ kann eine solche Formalisierung der Sprache auch zu Entfremdung führen. Dass wir als Gesellschaft so lange weitgehend geschlossen agiert haben, liegt auch daran, dass es Angela Merkel gelungen ist, bei ihrer Ansprache im März den richtigen Ton zu treffen. Mich hat ihre Rede damals jedenfalls überzeugt, gerade weil sie Unsicherheiten eingestanden hat. So hat sie Einvernehmen hergestellt.


Wie bewerten Sie denn Angela Merkels Krisenmanagement insgesamt?

Obwohl wir reingestolpert sind, ist Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern bislang verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen. Das war eine große Solidarleistung. In den entscheidenden Wochen haben alle mitgemacht. Die Bundesländer, die Gesundheitsämter, die Krankenhäuser, die Virologen und alle Menschen haben das gemeinsam geschafft. Das ist das hoffnungsfrohe Zeichen für die Gesellschaft: Wir können große Dinge vollbringen. Und dennoch dürfen wir das bisher Erreichte jetzt nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

Inzwischen bröckelt der Konsens aber, viele Bürger missachten die Hygieneregeln. Ist Deutschland wirklich gerüstet, um eine zweite Corona-Welle zu verhindern?

Wenn Achtlosigkeit sich durchsetzt, nicht. Aber wir haben mehr und flexiblere Möglichkeiten als im März. Die App, wenn sie denn funktioniert, kann die Rückverfolgbarkeit von Infektionen erleichtern. Die Gesundheitsämter sind besser aufgestellt, die Testkapazitäten sind hochgefahren worden, die meisten Menschen haben sich an Distanz und Masken gewöhnt. Und wir haben gelernt, wie man einzelne Ausbrüche lokal bekämpfen kann. Das sind sicher harte Einschnitte für die Menschen. Aber besser ein lokaler Lockdown, als das komplette Land wieder herunterzufahren.

Über Lockerungen wurde ausgiebig diskutiert – aber zugleich hat man es versäumt, rechtzeitig Konzepte für Urlaubsrückkehrer und die Schulen zu machen? Warum?

Tja, vielleicht weil es menschlich ist, dass man auf das Beste hofft. Ohne die Lockerungen hätten wir unter Umständen andere Probleme bekommen, dann wären die Maßnahmen womöglich schnell nicht mehr akzeptiert worden.

Aber man hätte ja einerseits lockern und andererseits rechtzeitig für Urlaubsrückkehrer und Schulen planen können.

Ja, dass die Sommerferien enden, kann niemanden überraschen. Dass man bei den Urlaubsrückkehrern erst kurz vor knapp auf die Idee gekommen ist, sie systematisch zu testen, ist ein klares Versäumnis. Hier hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Apropos Hausaufgaben: Die Bundesländer müssen jetzt alles daran setzen, dass sich an den Schulen das Chaos der letzten Monate nicht wiederholt und sie auf mögliche neue Ausbrüche vorbereitet sind. Dafür braucht es Flexibilität, kreative Lösungen, Unterstützung beim Digitalen und vor allem bessere Konzepte zur Verknüpfung von Fern- und Präsenzunterricht. Unsere Kinder haben ein Recht auf ein verlässliches Bildungsangebot im neuen Schuljahr.

In der öffentlichen Debatte überlagert die Corona-Krise derzeit die Klimakrise. Kann die Erderhitzung noch aufgehalten werden, ohne dass wir alle unser Leben gravierend verändern?

Die Erderhitzung ist schon da. Sie kann nicht mehr aufgehalten werden. Die einzige Frage ist, können wir sie so verlangsamen, dass die Anpassung von Gesellschaften ohne massive Konflikte und Katastrophen gelingt und können wir sie so begrenzen, dass die Probleme noch handhabbar bleiben. Es spricht derzeit mehr dagegen als dafür. Wir sollten deshalb auch unseren Lebensstil überprüfen, gleichwohl es nicht ausreicht, wenn jeder nur bei sich anfängt. Es braucht eine Veränderung der politischen Regeln. Das ist das Entscheidende.

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Bitte konkreter: Was muss geändert werden?

Zu allererst müssen wir schneller aus der Kohle raus, als von der Koalition beschlossen. Denn durch die Kohleverstromung entsteht ein Großteil unserer CO2-Emissionen. Daneben gilt es, den Rohstoffverbrauch insgesamt zu verringern und zu geschlossenen Stoffkreisläufen zu kommen. Mobilitätsangebote müssen so ausgebaut werden, dass Menschen möglichst effizient und klimaneutral unterwegs sind. Und: Es braucht eine Ausbauoffensive bei den Erneuerbaren. Die Vereinbarung verbindlicher Flächenziele, die Einführung eines Wind- und Solarbonus für Gemeinden oder auch eine direkte Beteiligung von Anliegern, die den Strom dann billiger bekommen – all das sind Maßnahmen, die sofort angegangen werden könnten.

Die Industrie trägt viel zur CO2-Verschmutzung bei, aber die Forschung ist sich auch einig, dass unsere Ernährung, unser Konsum und unsere Reisen einen großen Teil ausmachen. Was kann Politik da tun? Braucht es so wie in der Corona-Krise Verbote, um das Klima effektiv zu schützen?

Es ist umgekehrt: So drastische Einschnitte wie bei der Corona-Krise können nicht Vorbild für den Umgang mit der Klimakrise sein. Aber wenn wir eine ähnlich drakonische Situation in Zukunft verhindern wollen, dann müssen wir jetzt wirklich in die Gänge kommen und Dinge anders machen. Und warum soll das nicht gelingen? Das Einvernehmen, um große Veränderungen zu bewirken, das können wir immer noch schaffen. Wir können in unserer Generation den Unterschied machen. Es wird ohne Frage schwierig und es wird nicht ohne Einschnitte gehen. Arbeitsplätze werden wegfallen und neue entstehen. Aber als Gesellschaft können wir auch gewinnen.

Machen wir es konkret: Die Fleischindustrie gilt als sehr klimaschädlich. Um das zu ändern, steht in dem neuen Entwurf für ein Grundsatzprogramm der Grünen: "Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden, damit der Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln sinkt." Das klingt eher nach einem frommen Wunsch als nach einem Plan. Wie also wollen Sie den Fleischkonsum konkret senken?

Durch eine flächengebundene Landwirtschaft. Es lässt sich angeben, wie viele Tiere auf wie viel Fläche gehalten werden können, damit es nachhaltig ist: Das sind etwa zwei Kühe pro Hektar. Wir wollen eine Landwirtschaft, in der das nicht überschritten wird. Das kann man angehen, indem staatliche Förderung vorrangig daran geknüpft wird, dass so produziert wird. Später lässt sich diese Grenze dann auch im Ordnungsrecht festlegen.

Ihr Ziel, den Fleischkonsum zu senken, würde dann erreicht, indem der Preis steigt. Die Bürger müssten also fürs Essen mehr bezahlen.

Wir haben massive soziale Schieflagen in Deutschland, ohne Frage. Aber die sollten wir durch höhere Mindestlöhne, bessere Tarifbindungen, höhere Hartz IV-Sätze, bessere Renten bekämpfen und nicht durch Dumpingpreise beim Fleisch. Ja, weniger Tiere zu halten bedeutet, dass die Kosten pro Tier höher werden. Aber gerade die Billigkeit des Fleisches hat in Deutschland zu einer enormen Entwertung der Arbeit der Bauern und natürlich des Sterbens der Tiere selbst geführt, die jeder Beschreibung spottet. Ich habe mir das in einer Fleischfabrik angesehen: Wenn bei der Produktion von Pfeffersalami auch nur eine einzige Scheibe eingerissen ist oder ein Pfefferkorn abfällt, wird nicht die eine Scheibe weggeworfen, sondern die ganze Packung. Weil die Menschen das angeblich nicht essen wollen. Allein in Deutschland werden jeden Tag 11.000 Schweine umsonst geschlachtet. Das ist nicht akzeptabel.

Ein weiteres Thema treibt gerade viele Bürger um: Der Wirecard-Fall ist vermutlich der größte Betrugsskandal der Nachkriegsgeschichte. Hätten Sie so etwas zuvor für möglich gehalten: dass Topmanager eines Dax-Unternehmens offenbar jahrelang systematisch betrügen?

Na ja, es gab ja seit Jahren Berichte. Was überrascht, ist die Wucht des mutmaßlichen Betruges und das Versagen der Aufsicht auf allen Ebenen. Es war ja längst nicht der erste Skandal. Wir hatten den Cum-Ex-Skandal, wir hatten den Skandal um die Immobiliengesellschaft S&K, wir hatten diverse Banken in der Finanzkrise. In den Chefetagen der Finanzindustrie geht offenbar längst nicht immer alles nach dem Prinzip des ehrbaren Kaufmanns zu. Im Gegenteil: Es gibt eine Maximierungsgier, die die Grenze zur Illegalität immer wieder überschreitet.

Ist das nur das Fehlverhalten einzelner Personen oder liegt der Fehler im System?

Die globalisierte Finanzwirtschaft zielt auf die Maximierung von Profiten. Im System muss immer mehr und mehr Gewinn erzielt werden. Das lädt manche offenbar dazu ein, die Grenze zur Illegalität zu überschreiten. Deshalb braucht es eine strenge staatliche Kontrolle. Der Markt regelt es eben nicht immer. Und die Finanzaufsicht hat keinen der Skandale aufgedeckt. Die BaFin ist vielleicht gut darin, mittelständischen Unternehmen nachzuweisen, dass Handwerkerrechnungen falsch eingebucht wurden. Aber sie ist schlecht darin, internationale Finanzakteure zu kontrollieren. Das muss sich schleunigst ändern.

Was konkret soll Ihrer Ansicht nach anders werden?

Einiges liegt doch auf der Hand: Die Wirtschaftsprüfer haben bei Wirecard versagt. Diese Firmen beraten oft dasselbe Unternehmen, das sie auch prüfen. Da besteht also ein Interessenkonflikt. Das muss getrennt werden. Und dann werden sie auch noch von ihm direkt bezahlt. Stattdessen sollte das Geld besser in einen Fonds eingezahlt werden, aus dem dann die Prüfer von Dritten beauftragt und bezahlt werden. Drittens müssen die Prüfer viel häufiger wechseln, alle drei oder maximal fünf Jahre. Es muss sich aber noch mehr ändern.

Was?

Die Finanzämter müssen einen besseren Überblick über die großen Firmenkonstrukte bekommen. Wir brauchen eine umfassende Anzeigepflicht für Steuersparmodelle. Unternehmen müssen verpflichtet werden, beim Finanzamt aktiv anzugeben, wo ihre fälligen Steuern geblieben sind. Wenn ein Unternehmen Gewinn macht und eigentlich 100 Millionen Euro Steuern zahlen müsste, aber nur 10 Millionen abführt, muss es von sich aus Auskunft geben, wo und wie die Steuer gedrückt wurde. Diese Anzeigepflicht ist für Europa beschlossen worden, aber für Deutschland weigert sich die Bundesregierung. Da bekleckern sich das Finanzministerium und Olaf Scholz nicht mit Ruhm. Das hinter vorgehaltener Hand ausgesprochene Argument ist, dass Steuerschlupflöcher ein Standortvorteil für Deutschland sind. Wenn das die Denke ist, kann man sich über Missbrauch nicht wundern.

Welche Verantwortung trägt also die Bundesregierung am Wirecard-Skandal?

Bei Wirecard gab es offensichtlich kriminelle Energie. Dafür kann man Olaf Scholz nicht verantwortlich machen. Die Wirtschaftsprüfer haben die Machenschaften nicht aufgedeckt, das ist ihre große Verantwortung. Aber: Die Regierung hätte spätestens aktiv werden müssen, als es entsprechende Hinweise in der Presse gab. Olaf Scholz hätte seine Aufsicht aktiver wahrnehmen müssen. Er hätte auf Antworten dringen müssen. Erst als es schon zu spät war, gab es Bewegung im Finanzministerium.

Finden Sie es richtig, dass Angela Merkel Wirecard in China anpries, obwohl da längst Berichte über Unregelmäßigkeiten kursierten?

Sie wird dort nicht hingefahren sein, ohne vorher über Wirecard informiert worden zu sein. Das ist anders nur schwer vorstellbar. Auch das Kanzleramt muss jetzt Fragen beantworten. Das hat es bisher nicht umfänglich getan.

Die Bundestagswahl 2021 ist nicht mehr so lange hin, aber wegen der Corona-Krise ist es schwerer, sich mit anderen Themen zu profilieren. Wie wollen sich die Grünen von den anderen Parteien unterscheiden?

Wir müssen Dinge anders machen. Bei der Eindämmung von Finanzspekulationen, in der Landwirtschaft, in der Energieversorgung, bei Europa. Dieses Andersmachen ist Voraussetzung dafür, dass Vertrauen in die Handlungsfähigkeit von Politik erhalten oder wiederhergestellt wird, dass unsere Gesellschaft Halt und Sicherheit findet.

Wir hatten in den vergangenen Wochen den Eindruck, dass viele in Ihrer Partei schon fest mit einer schwarz-grünen Regierung rechnen. Zum 75. Geburtstag haben Sie der CDU einen Präsentkorb und einen Gastbeitrag geschenkt. Wie nett.

Warum soll man nicht zum Geburtstag gratulieren? Briefe muss man aber auch lesen können. Da steht drin: Herzlichen Glückwunsch, aber die Auseinandersetzung um die Zukunft werdet ihr mit uns ausfechten müssen. Das ist eine Kampfansage. Und die Union hat das auch genauso verstanden.

Und wo liegen Ihre inhaltlichen Schnittmengen mit der Union?

Schnittmenge ist das falsche Wort. Wir sind Parteien mit sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Vorstellungen. Aber die Zeiten sind nun mal so, dass Regierungen auch zwischen Parteien mit unterschiedlichen Vorstellungen gebildet werden müssen.

Verbiegen sich die Grünen jetzt also schon mal vorbeugend, damit sie in eine Koalition mit der Union passen?

Wo denn das? Nein, im Gegenteil. Wir sind in vielen Positionen klarer, ja radikaler geworden. Hartz IV wollen wir überwinden. Die Reformpläne für eine andere Landwirtschaft sind ehrgeizig. Wir bekennen uns zum Ziel einer föderalen europäischen Republik. Aber: Wir streben die Verantwortung für die Breite der Gesellschaft an. Ebenfalls so klar wie nie haben wir einen inhaltlichen Führungsanspruch formuliert. Beides zusammen macht die Stärke der Grünen aus.

Und wer ist der oder die stärkste Grüne: Werden Sie eine Kanzlerkandidatin oder einen Kanzlerkandidaten aufstellen?

Das entscheiden wir, wenn es soweit ist. Zu Bedingungen und zu einem Zeitpunkt, den wir für richtig halten. Wir richten uns nicht nach den anderen.

Das heißt, Sie trauen sich eine Kandidatur zu?

Wenn wir für die Breite der Gesellschaft Verantwortung übernehmen wollen, werden wir diesem Anspruch auch bei der Aufstellung zur Bundestagswahl entsprechen.

Herr Habeck, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Robert Habeck im t-online.de-Newsroom in Berlin
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