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Endlich neue Corona-Regeln: Heute geht es um die Freiheit


Tagesanbruch
Endlich neue Corona-Regeln

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 10.08.2021Lesedauer: 6 Min.
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Corona-Testzentrum in Berlin.Vergrößern des Bildes
Corona-Testzentrum in Berlin. (Quelle: imago-images-bilder)

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Heute geht es um die Freiheit

18 Monate lang ist Deutschland durch die Corona-Krise getorkelt. Die Seuche hat das Land verändert, sie hat mehr als 90.000 Menschen das Leben und noch mehr die Gesundheit gekostet, sie hat Unternehmen und Selbstständige ruiniert und die Gesellschaft gespalten. Sie hat die langjährigen Probleme im Gesundheits- und Bildungswesen sowie die mangelnde digitale Infrastruktur offengelegt. Sie hat unsere Gesellschaft einem beispiellosen Stresstest ausgesetzt und Schwachstellen der Politik entlarvt. Trotzdem übersteht Deutschland die Krise besser als die meisten anderen Länder der Welt, und der Grund dafür ist nicht nur der Geldsegen aus dem Staatsfüllhorn, das die Regierung ausgeschüttet hat.

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Der entscheidende Grund ist der Impfsegen. Anders als im vergangenen Jahr gibt es mittlerweile ein wirksames Mittel gegen die Seuche, und die Kampagne wird nach heftigen Startschwierigkeiten mittlerweile gut organisiert. Die Corona-Impfstoffe sind der Ausweg aus der größten Krise seit Jahrzehnten, und es ist eine herausragende Leistung, dass die Vakzine so schnell entwickelt worden sind. Ihre ganze gesellschaftliche Wirkung entfalten die Stoffe aber erst, wenn die große Mehrheit der Bevölkerung immunisiert ist; die Wissenschaft geht von rund 85 Prozent aus. Umso gravierender ist der massive Rückgang der Impfbereitschaft, sei es aus Trägheit oder Unwillen: Rund 38 Prozent der Bürger hat noch keine Spritze bekommen.

Piksen oder nicht piksen: Das ist eine souveräne Entscheidung jedes Einzelnen, und das sollte so bleiben, niemand sollte zum Impfen gezwungen werden (auch wenn man jedem Impfskeptiker dieses Video des Wissenschaftlers Ranga Yogeshwar ans Herz legen möchte). Wer die Immunisierung gegen eine schwere Covid-Erkrankung verweigert und damit die Herdenimmunität hinauszögert, muss aber die Konsequenzen tragen: Diese Menschen sollten sich künftig jedes Mal auf eigene Kosten testen lassen müssen, bevor sie sich in eine größere Menschenansammlung begeben, etwa im Restaurant, Theater oder Stadion. Und zwar nicht mit dem fehleranfälligen Schnelltest, sondern mit dem verlässlicheren PCR-Test. Es ist nicht einzusehen, dass die Steuerzahler diese Tests dauerhaft alimentieren müssen. In diese Richtung könnte die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin ab heute Mittag gehen, und das ist gut so (auch wenn es bei einigen weiteren Streitfragen krachen dürfte, wie unsere Reporter Johannes Bebermeier und Patrick Diekmann berichten).

Denn Corona hat noch eine unheilvolle Entwicklung in unserem Land verschärft: die Tendenz zum Nanny-Staat. Seit anderthalb Jahren kümmern sich Bundes- und Landesregierungen sowie ihre nachgelagerten Behörden wie das Robert Koch-Institut, die Gesundheitsämter und Finanzministerien quasi um alles. Sie machen Vorschriften, erlassen Verbote, haben das öffentliche Leben so drastisch eingeschränkt und reglementiert wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Die große Mehrheit der Menschen hat das Regelkorsett akzeptiert und sich solidarisch verhalten, um die Notsituation gemeinsam zu überstehen – auch das ist eine bemerkenswerte Leistung.

Jetzt aber, wo es mit den Impfstoffen eine schlagkräftige Waffe gegen den Erreger gibt, ist es höchste Zeit, dass die Bürger wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen – für sich und für das Wohl der Gesellschaft. Die Bewegungs- und die Versammlungsfreiheit sind kein generöses Zugeständnis der Regierenden. Sie sind Grundrechte, auf die jeder in unserem Land Anspruch hat. Diese Rechte können und dürfen nicht länger beschnitten werden, nur weil eine Minderheit den Impfschutz verweigert und die Pandemie damit am Köcheln hält. Viele Millionen Menschen in Deutschland wollen ihr gewohntes Leben zurückhaben. Sie wollen sich unbesorgt mit Freunden treffen, in die Kneipe, ins Theater, ins Fußballstadion, in die Disco gehen. Sie wollen nicht ständig irgendwelche Vorschriften beachten, wenn sie einen Supermarkt, eine S-Bahn oder das Büro betreten. Sie wollen ein Leben ohne Corona haben, und die Impfkampagne ist der Schlüssel dazu. Wer dabei nicht mitmachen möchte, kann das tun. Aber dann sollte er die Nachteile in Kauf nehmen müssen – und nicht mehr jene, die sich solidarisch verhalten.


Loks down

Heute Vormittag will Claus Weselsky, Chef der Lokführer-Gewerkschaft GDL, verkünden, wie die Urabstimmung der Mitglieder ausgegangen ist. Doch schon vorab deutet vieles darauf hin, dass es zum Arbeitskampf kommt und Millionen Reisende verspätet oder gar nicht an ihr Ziel gelangen werden. Mit über 90 Prozent Streik-Zustimmung rechnet der Gewerkschaftsboss; es gehe nicht nur um Nadelstiche, hat er der "Süddeutschen Zeitung" zugeraunt. Dabei liegen die Forderungen der GDL und das Angebot der Bahn gar nicht so weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung um 1,4 Prozent in diesem und 1,8 Prozent im kommenden Jahr; der Tarif soll über 28 Monate laufen und jedes Mitglied zusätzlich einen Corona-Bonus in Höhe von 600 Euro erhalten. Das Angebot der Bahn sieht eine Lohnsteigerung von 1,5 Prozent ab Januar 2022 vor und 1,7 Prozent zum 1. März 2023, mit einer Laufzeit von 40 Monaten. Einen Bonus will der gebeutelte Staatskonzern nicht zahlen.

Entscheidender als das Feilschen um Nachkommastellen, für das sich in Verhandlungen eigentlich eine Lösung finden lassen sollte, ist freilich etwas anderes: Die GDL möchte sich im Konkurrenzkampf mit der deutlich größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG als besonders durchsetzungsstark profilieren, wie meine Kollegin Nele Behrens berichtet. Die Frage, ob ein derart brachiales Manöver mitten in der Pandemie und gegen ein angeschlagenes Unternehmen angemessen ist, scheint Herr Weselsky darüber aus den Augen verloren zu haben.


Mission Weltspitze

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Ein Unbekannter ist er ja nun nicht: Hansi Flick, der heute offiziell als neuer Bundestrainer vorgestellt wird, war als Assistent seines Vorgängers Jogi Löw schon beim WM-Triumph 2014 in Brasilien dabei und hat in seinem Intermezzo als Bayern-Trainer sieben Titel inklusive der Champions League gewonnen. Beim heutigen Medienrummeltermin des DFB, der auch eine Führung über die Baustelle des neuen Ausbildungszentrums in Frankfurt am Main umfasst, dürfte daher weniger die Person des Fußballlehrers im Mittelpunkt stehen als vielmehr seine Pläne mit der zuletzt erfolglosen Nationalelf. Ein paar Weichen für den Weg "zurück in die Weltspitze" (DFB-Direktor Oliver Bierhoff) hat der Trainer bereits gestellt: etwa mit der Verpflichtung seines Bayern-Vertrauten Danny Röhl als weiterem Assistenzcoach neben Marcus Sorg. Benennen muss er aber auch noch einen Nachfolger für Torwarttrainer Andreas Köpke, der den DFB mit Löw verlassen hat.

Und dann ist da natürlich noch die Frage nach der Zukunft der reaktivierten 2014er-Weltmeister Thomas Müller und Mats Hummels. Da hat der Bundeshansi zumindest schon eine Tendenz erkennen lassen: "Bei mir gibt es kein Alter, wo es heißt, von da an ist er kein Nationalspieler mehr", schnurrte er in einem DFB-Video. Klingt vielversprechend. Dann sollten seine Schützlinge in den WM-Qualifikationsspielen gegen die Fußballzwerge Liechtenstein, Armenien und Island aber bitte endlich mal wieder glänzen.


Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU eröffnet heute feierlich eine Umgehungsstraße bei Münchberg im … Moment, ich sehe noch mal nach … ah ja: Landkreis Hof. Falls Sie sich nun fragen, ob der Bundesminister wirklich regelmäßig so kleine Termine wie die Eröffnung einer Umgehungsstraße in irgendeinem bayerischen Landkreis wahrnimmt, statt sich zum Beispiel mit aller Kraft um die Aufklärung seines milliardenschweren Mautmurks zu kümmern, ist die Antwort ganz einfach: Ja, Herr Scheuer nimmt wirklich regelmäßig so kleine Termine wie die Eröffnung einer Umgehungsstraße in irgendeinem bayerischen Landkreis wahr, statt sich mit aller Kraft um die Aufklärung seines milliardenschweren Mautmurks zu kümmern.


Was lesen und anschauen?

Eines kann Markus Söder besonders gut: Alarm schlagen. Vor allem dann, wenn es um die Feuer bei Konkurrenten geht. Allzu gern wird vergessen, dass es in Bayern ebenfalls brennt, meint unser Kolumnist Christoph Schwennicke.


Die Taliban erobern Afghanistan zurück – steht Europa nun eine neue Migrationswelle bevor? Die Kollegen der "Neuen Zürcher Zeitung" sind der Frage nachgegangen.


Hunderte Afghanen haben als Übersetzer und Köche für die Bundeswehr gearbeitet. Nun bedrohen die Taliban die Männer und deren Familien mit dem Tod – und die Bundesregierung lässt ihre Schutzbefohlenen im Stich. Das Machtwort der Kanzlerin ist verpufft, die deutsche Bürokratie feiert Urstände. Die "Süddeutsche Zeitung" beschreibt, wie die Bundesrepublik ihren guten Ruf in einer wichtigen Weltregion verspielt.


Nicht alle Impfverweigerer sind ideologisch motiviert. Wie begründen sie ihre Skepsis? Meine Kolleginnen Sandra Simonsen und Melanie Weiner haben zwei von ihnen gefragt.


Was amüsiert mich?

Wie bitte, Sie kennen das neue Werbevideo von Linz noch nicht? Dann wird es höchste Zeit, diese attraktive Stadt kennen (und fürchten) zu lernen!

Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen Tag. Morgen schreibt Peter Schink den Tagesanbruch, von mir lesen Sie ab Donnerstag wieder. Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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