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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Diekmanns PR-Maschine Ein heikler Kunde aus China
Chinas Digitalkonzern Huawei gilt in Deutschland als Sicherheitsrisiko. Deswegen steckt er Millionen in PR- und Lobbyarbeit. Die verschwiegene Agentur eines Ex-"Bild"-Chefs soll das Image diskret aufpolieren.
Die Bundesregierung bemüht sich um eine harte Linie gegen den chinesischen Digitalkonzern Huawei. Seine mutmaßliche Nähe zur kommunistischen Einheitspartei Chinas macht ihn für Sicherheitskreise zum roten Tuch. In den USA ist er längst mit harten Sanktionen belegt. Und auch Europa will sich eigentlich keine Blöße beispielsweise im 5G-Netz geben, wenn die Regulierung auch bislang milde ausfällt.
Hintergrundrunden und Reisen nach Shenzhen
Um das Image des Konzerns aufzubessern, der sich nach eigener Darstellung einem "unbegründeten Generalverdacht" ausgesetzt sieht, legt sich Huawei deswegen ins Zeug: Insgesamt 20 Lobbyisten kümmern sich mittlerweile um Kontakte in den Bundestag und das Europäische Parlament. Gemeinsam verfügen sie über ein Jahresbudget von über fünf Millionen Euro. Und um in den Medien aufzutrumpfen, hat sich der Konzern laut Informationen von t-online diskrete Hilfe gesichert.
Ein Ableger der Berliner Agentur "Storymachine" des ehemaligen "Bild"-Chefredakteurs Kai Diekmann betreut die Öffentlichkeitsarbeit des chinesischen Konzerns, also hauptsächlich die Kommunikation mit deutschen Medien. Wer Interesse zeigt, dem winken "exklusive" Zugänge: Hintergrundrunden mit Spitzenpersonal des Konzerns, Stellungnahmen des Vorstands. Ausgewählten Journalisten vermittelt Storymachine New Classic auch Reisen zum Huawei-Hauptquartier nach Shenzhen.
PR-Agentur spricht nicht über Kunden
Das PR-Unternehmen möchte zum heiklen Kunden keine Fragen beantworten. "Wie t-online weiß, begleiten wir mit Freude weltweit tätige Unternehmen verschiedenster Industrien bei ihrer Kommunikation in Deutschland", teilte Christian Stenzel, der Geschäftsführende Gesellschafter von Storymachine New Classic, auf Anfrage mit. "Zu unseren Grundsätzen gehört jedoch, dass wir über unsere Kunden nicht öffentlich sprechen."
Drei Tage nach der Anfrage landete Diekmann zu einem Besuch in Shenzhen, wie er auf dem Kurzmitteilungsdienst X mit Fotos dokumentierte.
Die Zusammenarbeit scheint auf den ersten Blick allerdings nicht eben zwangsläufig: Diekmann ist Vorstandsmitglied der Atlantikbrücke, Stenzel ist Diekmanns ehemaliger Büroleiter aus "Bild"-Tagen. Im notorisch antikommunistischen Springer-Verlag stieg er zum "Bild"-Politikchef und schließlich zum Vize-Chefredakteur auf – und war in seiner Arbeit ungemein kritisch gegenüber Huawei. Aus Stenzels Feder stammen Sätze wie:
- "Wer ernsthaft glaubt, dass Huawei ein unabhängiges Unternehmen ist, der ist entweder naiv oder weiß nichts über China."
- "Huawei-Boss Ren Zhengfei ist seit 1978 Parteimitglied, arbeitete lange für Chinas Militär als Wissenschaftler in der Abteilung für Informationstechnolgie."
- "Trotz aller Warnungen von Geheimdiensten glaubt unsere Regierung dem chinesischen Versprechen, man werde uns auch ganz bestimmt nicht ausspionieren. Großes Ehrenwort."
Von dieser Skepsis ist bei Storymachine New Classic heute nichts mehr zu spüren. Als Mitglied der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung wirbt das Unternehmen nun sogar ausdrücklich um Kunden aus dem Reich der Mitte: "Wir werden Sie im Licht der Öffentlichkeit glänzen lassen", heißt es in einem Werbetext auf der Seite des Vereins. Ziel sei es, chinesischen Unternehmen im deutschen Markt Sichtbarkeit zu verschaffen.
Wichtige Werbeträger sprangen ab
Tatsächlich hat Huawei seit einigen Jahren auch außerhalb der Politik mit dem öffentlichen Eindruck zu kämpfen: Zwar trägt weiterhin eine der erfolgreichsten deutschen Influencerinnen, die Sportlerin Pamela Reif, die Marke schon lange bei jeder Gelegenheit zur Schau. Der Digitalkonzern veranstaltet exklusive Events mit ihr. Promis mit Champions-League-Format sprangen aber in den vergangenen Jahren öffentlichkeitswirksam ab.
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Schon 2020 verabschiedete sich Fußball-Weltmeister Antoine Griezmann aufgrund von Chinas Umgang mit den Uiguren aus der Zusammenarbeit. Fußballstar Robert Lewandowski wollte sich dann nach Russlands Einmarsch in die Ukraine nicht mehr mit Huawei in Verbindung bringen lassen und kündigte einen millionenschweren Marketingdeal. Und es wurde deutliche Kritik laut, dass Huawei deutsche Parteien offenbar großzügig über Sponsoring-Deals mit Zuschüssen bedachte.
Geld floss für einen CSU-Parteitag, ebenso für Parteitage der CDU in Baden-Württemberg und Sachsen. Ein ähnlicher Deal wurde mit der SPD auf Bundesebene eingefädelt und das Sommerfest der SPD-Parteizeitung "Vorwärts" ging ebenfalls nicht leer aus. Der AfD-Politiker Maximilian Krah flog auf Einladung sogar persönlich nach China.
Zur Zusammenarbeit mit Storymachine New Classic äußert sich auch Huawei auf Anfrage von t-online nicht konkret. Carsten Senz, Vice President Corporate Communications bei Huawei Deutschland, räumt lediglich ein, dass der Konzern in der externen Kommunikation "von verschiedenen Agenturen unterstützt" werde. "Dabei anfallende Reisekosten werden gemäß den Compliance-Vorgaben der jeweiligen Medien gehandhabt und entsprechend in der Regel von den Redaktionen selbst getragen."
- Eigene Recherchen