Vermittler, Missionar, gemäßigter Reformer Das ist der neue Papst Leo XIV.
Lange Jahre als Missionar in Südamerika haben ihn geprägt: Auf den neuen Pontifex kommen große Aufgaben zu. Doch er selbst stand auch schon einmal in der Kritik – und brachte Konservative gegen sich auf.
Menschennah und nun an der Spitze der katholischen Kirche: Robert Francis Prevost ist der 267. Pontifex. Der 69-jährige Erzbischof aus Chicago hat sich für den Papstnamen Leo XIV. entschieden. Er wird als erster US-Amerikaner die 1,4 Milliarden Mitglieder der Weltkirche leiten. Unter dem Jubel der Menschen auf dem Petersplatz in Rom teilte dies Kardinal Dominique Mamberti vom Balkon des Petersplatzes mit. Dann präsentierte sich Leo XIV. der Welt, sprach den apostolischen Segen Urbi et orbi, war sichtlich bewegt vom Zuspruch der Menschen.
Diese nicht unbedingt erwartete Wahl gilt als Kompromiss – und zugleich als Signal der Einheit. Denn Prevost vereint amerikanische Herkunft, lateinamerikanische Prägung und römische Führungserfahrung. Damit wurde er zum Konsenskandidaten eines Kardinalskollegiums, das kulturelle wie kirchenpolitische Gegensätze zu überwinden hatte.
Lange Jahre in Peru
Prevost wurde 1955 in Chicago als Sohn von Eltern mit französisch-spanisch-italienischen Wurzeln geboren, studierte zunächst Mathematik, bevor er 1977 dem Augustinerorden beitrat. 1982 wurde er in Rom zum Priester geweiht. Später promovierte er dort in Kirchenrecht.
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Wenig später begann die wohl prägendste Zeit für Prevost: Ab Mitte der 1980er-Jahre war er als Missionar in Peru tätig, gründete dort Pfarreien, leitete ein Priesterseminar und war in der Bischofsausbildung aktiv. 2015 dann ernannte ihn Papst Franziskus zum Bischof von Chiclayo, einer Diözese im Norden des Landes. Hier war er in vielerlei Hinsicht gefordert: Während der politischen Krisen setzte er sich für Stabilität ein.
2023 folgte der Aufstieg zum Leiter des mächtigen Dikasteriums für die Bischöfe – jener Vatikanbehörde, die weltweit Bischöfe auswählt. Im September desselben Jahres folgte der Kardinalshut. Trotz dieser Schlüsselrolle soll Prevost aber zurückhaltend geblieben sein, er suchte nicht das mediale Scheinwerferlicht. In kirchlichen Kreisen gelte er als pragmatisch und gemäßigt, schreibt unter anderem die Zeitung "La Repubblica".
Vorwürfe aus Zeit in Chicago
Prevost steht für Kontinuität im Sinne von Franziskus. Er gilt als einer, der zuhört, vermittelt und Wandel will, ohne zu polarisieren. Als erster US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri kommt er zwar aus einem Land, in dem im Jahr 2025 immerhin 20 Prozent der US-Bevölkerung katholisch waren. Doch dynamisch wächst der Katholizismus heute vor allem in Afrika und Asien und nicht im Westen.
Seine lange Erfahrung in Lateinamerika prägt Prevost auch in diesem Bereich. Denn in Peru, wo rund zwei Drittel der 34 Millionen Einwohner katholisch sind, ist die Kirche tief im sozialen und kulturellen Leben verankert, gestützt durch die Verfassung und ein bilaterales Abkommen mit dem Vatikan.
In kirchlichen Kreisen gilt der neue Papst indes als pragmatischer Diplomat. Als der sogenannte Synodale Weg zur Zukunft der Kirche 2023 in Rom auf Kritik stieß, vermittelte Prevost gemeinsam mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zwischen den deutschen Bischöfen und dem Vatikan.
Doch auch seine Laufbahn ist nicht frei von Belastungen: Ihm wird vorgeworfen, in seiner Zeit in Chicago und auch später als Bischof in Chiclayo Missbrauchsfälle nicht konsequent verfolgt zu haben. Prevost bestreitet die Vorwürfe jedoch, auch die Diözese wies die Anschuldigungen zurück.
Bei Konservativen eckt er an
In vielerlei Hinsicht zeigte Prevost Nähe zum verstorbenen Pontifex – was ihm konservativere Stimmen vorwerfen. Er gilt als gemäßigter Reformer, ohne dabei Glaubenssätze aufzugeben. Besonders deutlich zeigt sich seine Haltung in Umweltfragen: Prevost hat sich wie Franziskus wiederholt für entschiedenes Handeln gegen den Klimawandel ausgesprochen.
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Auch wird er als überzeugter Befürworter der Synode gesehen: Immer wieder hat er betont, dass die Kirche transparenter und offener für die Stimmen der Gläubigen sein müsse. Hierzu gehöre auch, die Rolle der Laien zu stärken und den Stil kirchlicher Leitung zu verändern – etwa durch mehr Hinhören und weniger Hierarchie.
Gleichzeitig lehnt er manche Reformen ab, zum Beispiel die Weihe von Frauen für kirchliche Ämter. Bei der Weltsynode 2023 warnte er vor einer "Klerikalisierung von Frauen". Das sei keine Lösung, sondern womöglich ein neuer Problemherd. Frauen hätten bereits vielfältige zentrale Rollen in der Kirche.
Der neue Papst steht zwischen Nord und Süd, zwischen Rom und der Peripherie. Prevosts Biografie – von Chicago über Peru bis in die vatikanische Führungsriege – macht ihn zu einem Vermittler zwischen Kulturen und Generationen. Die Welt wartet nun mit Spannung darauf, wie der erste US-Amerikaner auf dem Papstthron die katholische Kirche führen wird.
- Nachrichtenagentur dpa