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Reichsbürger: Geplante Terror-Kooperation enthüllt


Prominente "Reichsbürger"
"Die wollten zehn Mann, die kampffähig sind"

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 16.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Nach der Reichsbürger-Razzia wird eine Person aus einem Hubschrauber der Bundespolizei gebracht. (Quelle: Uli Deck)

Die einen wollten Karl Lauterbach entführen und einen Staatsstreich, die anderen den Bundestag stürmen und einen Putsch: Ein Prozess enthüllt Verbindungen zwischen beiden Gruppen.

Ihre Ziele waren Chaos, der Sturz der Regierung und eine neue Herrschaft in Deutschland. Nun offenbart ein Gerichtsprozess: Zwei prominente Gruppen von "Reichsbürgern", die sich in der Corona-Zeit bildeten und unter Terror-Verdacht stehen, hatten Kontakt – und strebten eine Zusammenarbeit an.

Dabei geht es einerseits um das Quintett, dem vorgeworfen wird, Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführen und einen bundesweiten Blackout provozieren zu wollen. Vier der Rädelsführer waren im April 2022 bei einer Waffenübergabe festgenommen worden, ein weiteres Mitglied im Oktober. Aktuell steht die Gruppe vor Gericht.

Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um das größere Netzwerk, das wohl sehr konkrete Pläne hatte, den Bundestag mit Waffen zu stürmen, Abgeordnete in ihre Gewalt zu bringen und so einen Regierungswechsel zu erzwingen. Im Dezember hatte die Polizei die Protagonisten beim größten Polizeieinsatz in der Geschichte der Bundesrepublik als Köpfe einer mutmaßlichen Terrorgruppe festgenommen.

Eine Aussage vor Gericht offenbart nun: Die geplanten Bundestag-Putschisten wollten offenbar Mitglieder der anderen Gruppe rekrutieren, die "kampffähig" sein sollten. Sven Birkmann, Rädelsführer der Gruppe, die den Bundesgesundheitsminister in ihre Gewalt bringen wollte, hat im Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz von einem entsprechenden Kontakt berichtet.

"Von mir wollten die zehn Mann, die kampffähig sind"

Birkmann erzählte von einem dreistündigen Treffen auf einem Rewe-Parkplatz in Bayern Mitte März 2022. Vermittelt habe es der frühere Soldat und frühere AfD-Kommunalpolitiker Christian W. aus dem sächsischen Olbernhau. Mit dabei war auch der frühere Elitesoldat Peter W., der im Raum Bayreuth Überlebenstrainings anbot.

Die beiden Männer seien an den genauen Plänen seiner Gruppe nicht interessiert gewesen, erzählte Birkmann. Es sei ihnen darum gegangen, weitere Mitstreiter für ihren Plan eines Umsturzes zu gewinnen. "Von mir wollten die zehn Mann, die kampffähig sind und die noch mal trainiert werden sollten."

Peter W. sei beim Treffen militärisch gekleidet gewesen und habe sich vorgestellt als einer derjenigen, die sich um Personal kümmern. Er habe aber Zweifel bekommen, sagte Birkmann. "Die haben geglaubt, sie stürmen einfach den Bundestag, kommen raus, und das Militär jubelt ihnen zu." Das sei ihm unrealistisch erschienen.

"So radikal wollten wir nicht sein"

Birkmann kannte Christian W. bereits aus gemeinsamer Zeit im "Veteranenpool". Das war eine Gruppe im Messengerdienst Telegram. Birkmann hatte sie im April 2021 gegründet mit dem Ziel, bei Protesten einen Puffer zwischen Demonstranten und Polizei zu bilden. Christian W. sei der Verantwortliche für Sachsen gewesen. W. war auch im Juli 2021 bei einem Treffen bei Birkmann im brandenburgischen Falkensee, als ein Einsatz der "Veteranen" bei der Flut im Ahrtal beschlossen wurde.

Danach habe Christian W. aber den Veteranenpool verlassen. "Er hatte sich bei einem Biwak klar positioniert, was er erwartet; und so radikal wollten wir da nicht sein." W. habe sich "auf anderer Ebene bewegt". Ende Februar 2022 habe Christian W. ihn dann angerufen, weil er von "den Plänen" seiner Gruppe gehört habe und jemanden kenne, der ähnliches ausführten wolle. So sei es zum Treffen gekommen. Christian W. gehörte wie Oberst a.D. Maximilian Eder, die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und Heinrich XIII. Prinz Reuß zum harten Kern der größeren Gruppe.

Es war nicht der einzige Kontakt zu Leuten, die dem Veteranenpool nicht mehr angehörten, aber heute der Gruppe um Preuß zugerechnet werden. So berichtete Birkmann wörtlich, Veteranen aus Baden-Württemberg seien zwar bei einer Veranstaltung "abgeworben" worden und in einer neuen Gruppe "Veteranen 5 nach 12" aufgegangen. Mit einem Verantwortlichen, Matthias H. aus Rottweil, sei er aber in Verbindung geblieben, "der stand Gewehr bei Fuß". Birkmann hatte H. und seine Leute angedacht als mögliche Kräfte, die einen "Sicherungsring" um die Versammlung des neuen "Parlaments" bilden könnten.*

Bei den Gesprächen über eine neue Regierung sei in Diskussionen auch der Name von Prinz Reuß immer wieder gefallen, berichtete Birkmann. Mit Reuß sei auch ein Treffen geplant gewesen. Doch die Festnahme des früheren NVA-Soldaten kam dem zuvor.

Ermittler schlugen am 13. April 2022 zu. Sie durchsuchten bei der Razzia gegen die Gruppe um Birkmann auch bei seinen Gesprächspartnern vom Rewe-Parkplatz, bei Christian W. und Peter W. Da wurden diese beiden aber lediglich als Zeugen geführt. Erst bei den Durchsuchungen gegen die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß im Dezember wurden sie und Birkmanns Bekannter Matthias H. als Beschuldigte festgenommen und sitzen seither in Untersuchungshaft. Es ist noch nicht absehbar, wann es zu einer Anklage gegen die mehr als 60 Beschuldigten kommt.

Der Prozess gegen die Gruppe mit Birkmann läuft seit dem 17. Mai. Termine sind bis 2024 angesetzt.

*Der Text wurde mit der Information zu Matthias H. ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen aus dem Prozess
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