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Kindesmissbrauch in Münster: Tatverdächtige ist Erzieherin


Kindesmissbrauch in Münster – Tatverdächtige ist Erzieherin

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 08.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Bei den Ermittlungen nach schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern stehen zwei Polizeibeamte an der Rückseite der Gartenlaube.Vergrößern des BildesBei den Ermittlungen nach schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern stehen zwei Polizeibeamte an der Rückseite der Gartenlaube. (Quelle: dpa-bilder)
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Die Polizei stellt in Münster massenhaft kinderpornografisches Material sicher. Was entdeckt wird, entsetzt die Ermittler. Nun wurde bekannt: Eine Verdächtige hat bis zu ihrer Festnahme als Erzieherin gearbeitet.

Schwerer Missbrauch kleiner Kinder, Täter in mehreren Bundesländern und große Mengen technisch verschlüsselter Videoaufnahmen: Ermittler in Nordrhein-Westfalen haben ein Pädophilen-Netz aufgedeckt und bundesweit elf Verdächtigte festgenommen. Sieben der Beschuldigten befinden sich in Untersuchungshaft. Bisher sind drei Kinder als Opfer identifiziert worden.

Am Sonntag wurde bekannt: Die Mutter des Hauptverdächtigen soll bis zu ihrer Festnahme als Erzieherin gearbeitet haben. "Die Leitung der Kita wurde von uns informiert", sagte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit gebe es aber keine Hinweise auf Taten der 45-Jährigen im Kindergarten. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hatte zuvor über den Arbeitsplatz der Frau berichtet. Ihre Gartenlaube in Münster gilt derzeit als Haupttatort. Sie soll ihrem Sohn die Schlüssel überlassen und den sexuellen Missbrauch der Kinder in Kauf genommen haben.

Die Opfer sind nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft fünf, zehn und zwölf Jahre alt. Sie sollen teilweise stundenlang von mehreren Männern sexuell missbraucht worden sein – in einem Fall vom eigenen Vater, in einem anderem vom Lebensgefährten der Mutter.

Der Hauptbeschuldigte ist ein 27-jähriger IT-Techniker aus Münster. Ermittler fanden hochprofessionelle technische Ausstattung zur Videoaufzeichnung. Sie stellten mehr als 500 Terabyte versiert verschlüsselten Materials sicher. Nach der Auswertung der ersten Daten gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass bislang nur ein kleiner Teil der mutmaßlichen Verbrechen bekannt geworden ist. Viele der Daten müssen noch entschlüsselt werden.

"Grenzen des menschlich Erträglichen"

Das bisherige Ermittlungsergebnis nach rund dreieinhalb Wochen sei wohl nur die Spitze des Eisbergs, sagten am Samstag übereinstimmend der Leiter der Ermittlungen, Joachim Poll, und Oberstaatsanwalt Botzenhardt. Die Ermittler hätten "unfassbare" Bilder sehen müssen, so Poll. Münsters Polizeipräsident Rainer Furth sagte: "Selbst die erfahrensten Kriminalbeamten sind an die Grenzen des menschlich Erträglichen gestoßen und weit darüber hinaus."

In der Gartenlaube in Münster sollen vier Männer stundenlang wechselweise einen fünf- und einen zehnjährigen Jungen vergewaltigt und die Taten teilweise gefilmt haben. Der 27-jährige Hauptverdächtige soll dazu den Männern den zehnjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin überlassen haben. Das zweite Opfer war den Angaben zufolge der Sohn eines 30 Jahre alten Beschuldigten aus Staufenberg (Hessen). Die Kinder sollen vor den Taten betäubt worden sein. Bilder und Videos der Taten bot der Hauptverdächtige im Darknet an.

Furchtbare Missbrauchsfälle

Bei den weiteren Beschuldigten, gegen die Haftbefehl erlassen wurde, handelt es sich den Angaben zufolge um Männer aus Hannover (35 Jahre alt), Schorfheide in Brandenburg (42), Kassel (43) und Köln (41) sowie die 45 Jahre alte Mutter des Hauptverdächtigen.

Der Missbrauchsfall löste eine Welle der Bestürzung aus. "Diese furchtbaren Missbrauchsfälle von Münster erschüttern mich zutiefst", sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Sie zeigten ein weiteres Mal, "wie widerwärtig menschliche Abgründe sein können". Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe reagierte ebenfalls bestürzt. "Ich bin erschrocken, dass unsere Stadt offenbar Schauplatz solch schrecklicher Taten war", teilte der CDU-Politiker mit.

Ausrüstung der Polizei reicht nicht aus

Unterdessen wurde bekannt, dass das Jugendamt der Stadt Münster Kontakt zu der Familie von einem der Opfer hatte. Die Familie sei den Behörden aus den Jahren 2015 bis 2016 bekannt, "weil der soziale Kindsvater wegen des Besitzes und des Vertriebs pornografischer Daten aufgefallen war", teilte die Stadt am Samstag mit. In dieser Zeit habe das Jugendamt Kontakt zu der Familie gehabt. 2015 habe das Familiengericht keinen Anlass gesehen, das Kind aus der elterlichen Verantwortung zu nehmen. Oberbürgermeister Lewe sagte dazu: "Eine Bewertung können wir erst vornehmen, wenn die Faktenlage dafür ausreichend geklärt ist."

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter forderte nach Bekanntwerden des Missbrauchsfalls eine deutlich verbesserte personelle und technische Ausstattung bei der Polizei. "In einem solchen Fall stellen wir beim Blick in die kriminalpolizeiliche Praxis fest, dass wir über unsere Grenzen hinaus kommen", sagte Sebastian Fiedler im WDR-Fernsehen. Er lobte, dass Innenminister Reul das Thema Kindesmissbrauch zur Chefsache erklärt habe. "Es reicht aber nicht aus, mit kleinen Schritten voranzugehen was die Ausstattung und was die Qualifikation angeht." Jetzt seien riesengroße Schritte notwendig. Ein Plus an Experten wie IT-Techniker für Verschlüsselungstechnik oder Leute, die sich mit Opferanhörung auskennen, sei notwendig.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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