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Randale in Stuttgart: Nach der Chaos-Nacht beginnt die Ursachensuche


Seehofer reist nach Stuttgart
Nach der Chaos-Nacht beginnt die Ursachensuche

Von dpa, sje, aj

Aktualisiert am 22.06.2020Lesedauer: 4 Min.
Die Worte "Create don't Destroy" (Erschaffe statt zu zerstören) stehen auf Holzplattenin in Stuttgart: Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei hatten dutzende gewalttätige Kleingruppen in der vergangenen Nacht die Innenstadt verwüstet.Vergrößern des BildesDie Worte "Create don't Destroy" (Erschaffe statt zu zerstören) stehen auf Holzplattenin in Stuttgart: Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei hatten dutzende gewalttätige Kleingruppen in der vergangenen Nacht die Innenstadt verwüstet. (Quelle: Marijan Murat/dpa)
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Nach der Randale in der Stuttgarter Innenstadt sind Polizei und Politik schockiert angesichts des Ausmaßes der Gewalt. Was steckt hinter den Ausschreitungen? Ein Motiv kann offenbar bereits ausgeschlossen werden.

Die Glasscherben der zerstörten Schaufenster dürften am Montag weggekehrt sein, doch damit ist der Schaden nicht behoben: Die Aufarbeitung der Chaos-Nacht in Stuttgart vom Wochenende fängt jetzt erst an. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) reist am Montag in die Stadt, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Dabei sind ein Treffen mit dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) und ein Besuch in der Innenstadt geplant.

An den Ausschreitungen auf dem Stuttgarter Schlossplatz waren nach Angaben der Polizei vom Sonntag 400 bis 500 Personen beteiligt. Die Polizei habe gegen 23.30 Uhr einen 17-jährigen Deutschen im Schlossgarten wegen eines mutmaßlichen Drogendelikts kontrolliert, sagte Polizeivizepräsident Thomas Berger bei einer Pressekonferenz in Stuttgart. Sofort hätten sich 200 bis 300 Personen aus der Partyszene mit dem Jugendlichen solidarisiert und die Beamten vor Ort mit Steinen und Flaschenwürfen angegriffen.

24 Personen seien vorläufig festgenommen worden. Man sei noch mitten in den Ermittlungen. Ein politisches Motiv könne jedoch ausgeschlossen werden, so Polizeipräsident Franz Lutz: "Wir können aus der momentanen Sicht der Dinge eine linkspolitische oder überhaupt eine politische Motivation für diese Gewalttaten ausschließen."

"Wir werden mit allem, was uns der Rechtsstaat zur Verfügung stellt, diese Randalierer verfolgen und sie zur Rechenschaft ziehen", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Sonntagabend in den "Tagesthemen" der ARD. Er sah in den Ereignissen eine Herausforderung für den Rechtsstaat. Nach den Worten von Strobl hat sich "die Szene im Schlossgarten" dort schon seit Längerem festgesetzt. Er forderte ein Gesamtkonzept für die Stadt Stuttgart und ein Maßnahmenbündel. "Das muss die Stadt Stuttgart lösen", betonte der Minister.

Oberbürgermeister Kuhn: Alkohol und Geltungssucht als Gründe

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) nannte neben Alkohol auch das Geltungsbedürfnis in den sozialen Medien als Grund für die Ausschreitungen. "Ein Grund wird Alkohol sein, ein anderer die Sucht, in sozialen Medien mit Filmchen zu kommen." Wenn er Facebook-Filmchen nach dem Muster "Fuck the police" sehe, dann sei das etwas, das in Stuttgart nichts zu suchen habe, sagte Kuhn.

Er als Oberbürgermeister sowie die Stadt stünden voll hinter dem Einsatz der Polizei, betonte Kuhn. "Es geht nicht, dass man in dieser wunderschönen Stadt in der Nacht um halb zwei auf die Polizei losgeht und gewalttätig durch die Stadt marodiert." Die Polizei in Stuttgart und ganz Baden-Württemberg verfolge stets eine liberale Linie, es solle keine Gewalt geben. Doch wenn eine rote Linie überschritten werde, greife die Polizei auch ein.

"Nie da gewesene Dimension von offener Gewalt"

In der Nacht zum Sonntag war es in Stuttgart zu massiven Ausschreitungen gekommen, die Innenstadt wurde verwüstet. Erst nach mehreren Stunden beruhigte sich die Lage. Einsatzkräfte wurden aus ganz Baden-Württemberg nach Stuttgart zusammengezogen, insgesamt waren 280 Beamte im Einsatz. "Es war heute Nacht eine nie da gewesene Dimension von offener Gewalt gegen Polizeibeamte und massive Sachbeschädigung bis hin zu Plünderungen", beschrieb Polizeipräsident Lutz die Ereignisse. Auch Vizepräsident Berger, der seit 30 Jahren Polizist ist, sagte: "Solche Szenen hat es noch nie gegeben."

Bei den Auseinandersetzungen wurden 19 Beamte verletzt, einer davon sei dienstunfähig. "Wir haben viel Glück gehabt", sagte Berger. Die Zahl könne sich jedoch noch erhöhen, da die Beamten im Einsatz sich oft erst später mit Verletzungen meldeten.

Polizei will mehr Präsenz zeigen

In den kommenden Wochen will die Polizei nun mehr Präsenz zeigen. Man werde den Kräfteeinsatz in den kommenden Wochen erhöhen und alles tun, dass diese Form der Gewalt nicht mehr geschehe, sagte Lutz. Übergriffe würden konsequent verfolgt. Die Party- und Eventszene habe sich in den vergangenen Wochen wieder in der Öffentlichkeit getroffen und inszeniere sich in sozialen Medien mit ihrem Handeln. Dazu gehöre seit Neuestem auch ein aggressives Tun gegen Polizeibeamte. Man werde die Gewalt unterbinden.

Der Geschäftsführer der City-Initiative Stuttgart, eines Verbundes aus Händlern, Gastronomen, Hoteliers und Kulturbetrieben, Sven Hahn, zeigte sich schockiert über die Zerstörungen in der Innenstadt. Nach Polizeiangaben wurden 40 Geschäfte beschädigt, neun Läden wurden geplündert. "Die Randale und die Schäden der vergangenen Nacht treffen die Stuttgarter Innenstadt in ihrer ohnehin schon schwierigsten und härtesten Zeit seit Jahrzehnten", sagte Hahn. Durch die Corona-Krise würden viele Betriebe ohnehin schon ums Überleben kämpfen – nun kämen auch noch die Schäden durch Randale und Plünderungen hinzu. "Auch wenn die Hintergründe der Krawalle noch nicht aufgearbeitet sind, eines steht fest: Nichts rechtfertigt ein derartiges Verhalten", so Hahn weiter.

Forderungen nach Konsequenzen

Gelegenheit zur Aufarbeitung soll eine Sondersitzung des Innenausschusses am Mittwoch im Landtag geben. Dort will die Opposition Innenminister Thomas Strobl (CDU) ausführlich zur kriminellen Gewalt und zu Maßnahmen zum Schutz von Gesellschaft und Polizei befragen.

Aus der Bundespolitik kommen derweil Forderungen nach Konsequenzen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Mathias Middelberg, sagte der "Welt": "Das Entstehen rechtsfreier Räume dürfen wir nicht zulassen." Die innenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte der Zeitung: "Nun müssen akribisch alle Erkenntnisse zusammengetragen werden, damit zügig geklärt werden kann, wer dahintersteckt und wie es überhaupt dazu kommen konnte."

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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