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"Obst Igor Strelkow": "Schütze" herrscht in der Ost-Ukraine


Mysteriöser Kommandeur
"Schütze" herrscht in der Ost-Ukraine

Von reuters, dpa
Aktualisiert am 19.05.2014Lesedauer: 4 Min.
Separatisten-Kommandant "Oberst Strelkow"Vergrößern des Bildes"Oberst Strelkow"- hier im Gespräch mit Journalisten - hat offenbar bereits den Aufstand auf der Krim mit angezettelt (Quelle: ITAR-TASS/imago-images-bilder)
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Er nennt sich "Oberst Strelkow" und ist eine Schlüsselfigur im Ukraine-Konflikt. Der angebliche Veteran der russischen Armee kommt wohl vom russischen Militärgeheimdienst und hat das Kommando über die Separatisten in der ost-ukrainischen Region Donezk übernommen. Er soll die gezielte Entführung, Folterung und Tötung von Menschen vorantreiben. Allerdings sind einem aktuellen Bericht der Vereinten Nationen zufolge ukrainische Sicherheitskräfte ebenfalls für das Verschwinden von Menschen verantwortlich.

Er ist der Mann mit den drei Namen. Sein schwarzer Mercedes fährt durch die Straßen von Slawjansk in der Ost-Ukraine. Er hält sein Gesicht hinter den getönten Scheiben verborgen. Der ukrainische Geheimdienst sucht den Mann mit dem feinen Schnurrbart als einen der führenden russischen Drahtzieher des Separatisten-Aufstands.

Vernichtung ukrainischer Truppen als Ziel

Er selbst nennt sich "Oberst Igor Strelkow" und hat jüngst das Kommando über die pro-russischen Kämpfer in der industriereichen Region Donezk übernommen. Das erklärte Ziel: Vernichtung der ukrainischen Truppen, die sich auf sein Territorium wagen. Die russische Armee forderte er auf, gegen die angebliche Bedrohung durch die Nato und die "Junta in Kiew" einzuschreiten.

Für die ukrainische Regierung und ihre westlichen Verbündeten ist er der lebendige Beweis dafür, dass die Führung in Moskau hinter den Abspaltungsversuchen im Osten des Landes steckt. Strelkow sei ein Agent des russischen Militärgeheimdienstes, lauten die Vorwürfe.

Die Separatisten geben nicht viel über ihren Anführer preis: Bei ihnen ist er lediglich bekannt als "Strelok", übersetzt "der Schütze". Eine Sprecherin erklärte, er sei russischstämmig und Veteran der sowjetischen und russischen Armee.

Zur Staatsangehörigkeit des Mannes, dessen Gesicht auf gezeichneten Fahndungsplakaten des ukrainischen Geheimdienstes zu sehen ist, sagt sie nichts. Bewohner eines Moskauer Vorortes halten ihn für ihren freundlichen Nachbarn Igor Girkin, der vor einigen Monaten von einem Tag auf den anderen spurlos verschwunden ist.

Egal, ob Strelkow, Strelok oder Girkin - er ist eine Schlüsselfigur im Osten der Ukraine. So gab er unlängst den ukrainischen Soldaten auf einem von der Separatisten-Führung in Donezk verteilten Flugblatt 48 Stunden Zeit, die Region zu verlassen. Ansonsten drohten Festnahmen und sofortige Tötungen.

"Grüne Männer" in Slawjansk

In einem Interview sagte Strelkow neulich, er komme von der Halbinsel Krim, und die meisten der Kämpfer dort seien kampferprobte russische und ukrainische Veteranen. Sie hätten ihre Waffen aus ukrainischen Arsenalen. "Nicht ein einziges Gewehr, nicht eine einzige Patrone" stamme aus Russland.

Der Bezug zur Krim ließ die Führung in Kiew aufhorchen. Sie sieht hinter dem Aufstand im Osten des Landes dieselben Kräfte, die bereits die Kontrolle über die Halbinsel im Schwarzen Meer übernahmen. Russland hat die Krim mittlerweile eingegliedert - nach einem umstrittenen Referendum.

Seit dem Aufflammen der Kämpfe zwischen Separatisten und ukrainischer Armee befehligt Strelkow sogenannte "grüne Männer" in Slawjansk - Bewaffnete in Militäruniformen ohne Hoheitsabzeichen. Die Führung in Kiew hält sie für Agenten, die von Russland gesteuert werden. Die Moskauer Regierung nennt sie schlicht Selbstverteidigungskräfte und weist Vorwürfe zurück, eigene Einheiten vor Ort zu haben.

Unauffälliger Nachbar

Anwohner im Moskauer Vorort Schenkursk gaben an, ihren Nachbarn plötzlich im russischen Fernsehen erblickt zu haben. Der Mann, der gemeinsam mit Mutter, Ehefrau und zwei Kindern jahrelang mit ihnen Tür an Tür in einem neunstöckigen Plattenbau gewohnt hatte, habe sich plötzlich als Anführer der Milizen in einer ukrainischen Separatisten-Hochburg geoutet.

Sie habe ihn seit etwa einem halben Jahr nicht mehr gesehen, sagt Galina Iwanowna, die zwei Stockwerke unter Girkin wohnte. "Er war immer freundlich und sehr ruhig. Er trug immer eine Krawatte und ging zur Arbeit." In seinem Umfeld heißt es, Girkin habe es geliebt, historische Schlachten in zeitgenössischen Kostümen nachzustellen. Im Internet kursieren Fotos, die ihn in Uniformen aus dem Ersten Weltkrieg zeigen.

"Monster und Killer"

Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow beschreibt den mysteriösen Kommandeur, den die EU auf ihre Sanktionsliste gesetzt hat, als "Monster und Killer". Gesucht wird er unter anderem wegen vorsätzlichen Mordes und der Geiselnahme von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), darunter auch Deutsche.

In der Region Donezk ist er für viele ein Held. "Er ist es, der unsere Jungs zum Sieg führt", sagt der 63-jährige Fjodor Danilow. "Und wenn er auch aus Russland kommt. Russland sollte uns mehr Leute wie ihn schicken."

Doch auch dort ist nicht jeder glücklich mit den "grünen Männern" und ihrem Anführer - so etwa die 39-jährige Irina. Strelkow und alle Bewaffneten sollten aus ihrer Heimatstadt Slawjansk verschwinden, fordert sie. "Und mir ist es völlig egal, ob er ein Russe, ein Marsmensch oder sonstwas ist."

UN werfen Separatisten gezielte Tötungen vor

Auch ein neuer Bericht der UN kommt zu dem Ergebnis, dass bewaffnete und gut organisierte Separatisten im Osten des Landes gezielt Menschen entführen, foltern und töten. In dem vom UN-Menschenrechtsbeauftragen Navi Pillay vorgestellten Bericht wird eine "alarmierende Verschlechterung" der Menschenrechtslage besonders im Osten des Landes kritisiert.

Besonders auch ausländische und ukrainische Journalisten würden Opfer von Übergriffen. Dutzende seien bedroht und zeitweise entführt oder illegal festgehalten worden.

In dem Bericht heißt es aber auch, die UN-Beobachter hätten glaubhafte Aussagen erhalten, dass ukrainische Sicherheitskräfte ebenfalls für das Verschwinden von Menschen verantwortlich seien.

Sei äußern sich auch besorgt über die Sicherheit der Kandidaten für die Präsidentenwahl am 25. Mai. Diejenigen mit Einfluss auf die bewaffneten Gruppen in der Ost-Ukraine müssten alles daran setzen, diese Männer in den Griff zu bekommen, die das Land spalten wollten, forderte Pilay.

Über einige Regionen der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Kontrolle verloren. Dort haben bewaffnete pro-russische Separatisten das Sagen. Sie streben die Unabhängigkeit der Region oder den Beitritt zu Russland an. Der 34-seitige Bericht stützt sich auf Erkenntnisse von UN-Beobachtern im Zeitraum 2. April bis 6. Mai.

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