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Mobilmachung in Russland: Putin nimmt Anlauf im Krieg gegen die Ukraine


Nato warnt
Putin ergreift die Flucht nach vorn


Aktualisiert am 18.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Kremlchef Putin mit Militärs bei seiner Neujahrsansprache: "Was ihnen an Moral und Ausbildung fehlt, versuchen die Russen mit schierer Masse zu kompensieren." (Quelle: IMAGO/Mikhael Klimentyev/Kremlin Pool)

300.000 Männer hat der Kreml seit September für den Krieg gegen die Ukraine mobilisiert. Das dürfte nur der Anfang sein.

Mit 200.000 Soldaten fiel die russische Armee vor knapp elf Monaten in die Ukraine ein. Von einer "militärischen Spezialoperation" war die Rede, doch diese Lüge glaubt die russische Führung wohl selbst schon nicht mehr. Schritt für Schritt versetzt der Kreml das Land in den offiziellen Kriegszustand, organisiert die Armee um, kurbelt die Waffenproduktion an. Jetzt mehren sich auch die Hinweise auf die Mobilmachung weiterer Hunderttausender Soldaten für Putins Feldzug.

So rechnet der ukrainische Militärgeheimdienst GUR damit, dass der Kreml in den kommenden Wochen 500.000 Männer einziehen will, um eine "strategische Reserve" an Kämpfern zu schaffen. Langfristig sei Moskaus Ziel die Schaffung einer zwei Millionen Mann starken Armee, schreibt der GUR auf seiner Website.

Derzeit wird die Zahl russischer Militärangehöriger auf 1,15 Millionen geschätzt, inklusive der etwa 300.000 Soldaten, die seit der Teilmobilmachung durch Kremlchef Putin am 21. September eingezogen wurden. Die nächste Runde der Mobilmachung könnte schon in den kommenden Tagen verkündet werden, so der Geheimdienst.

Probleme bei Mobilisierung gelöst?

Aus der Luft gegriffen scheinen die ukrainischen Angaben nicht. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu selbst hatte im Dezember das Ziel ausgegeben, die Truppe auf 1,5 Millionen Soldaten aufzustocken, also weitere 350.000 zu rekrutieren. Der "Verteidigungsminister" der selbst ernannten Volksrepublik Donezk, Igor Girkin, sprach Ende Dezember von 500.000 frischen Kämpfern, die nötig seien, um die Ukraine zu unterwerfen. "Es wird eine zweite, vielleicht auch eine dritte Mobilisierungswelle geben, einfach weil wir dazu gezwungen sind", zitiert die Deutsche Welle aus Girkins Telegramkanal.

Anzeichen einer "kurz bevorstehenden Mobilisierungswelle" sieht auch "Verstka". Mitarbeiter von Rekrutierungszentren in Moskau berichteten dem unabhängigen russischen Portal, dass ihre Vorgesetzten sie vor einem "schwierigen Januar und Februar" gewarnt hätten. Zudem hätten die Behörden ihre Probleme bei der Ausrüstung und Ausbildung rekrutierter Soldaten mittlerweile "mehr oder weniger in den Griff bekommen", schreibt "Verstka" unter Berufung auf Quellen im Parlament.

Wehrfähige Russen dürfen nicht mehr ausreisen

Offiziell hatte der Kreml die Teilmobilmachung schon Mitte Oktober für erfolgreich beendet erklärt, doch aufgehört hat die Einberufung von Soldaten seither offenbar nicht. "Die verdeckte Mobilmachung ist die ganze Zeit weitergelaufen", sagte Estlands Militärsprecher Taavi Laasik kürzlich dem Sender ERR. Der russische Militärexperte Ian Matwejew sieht ebenfalls "keine klaren Anzeichen" dafür, dass die Mobilmachung zwischenzeitlich eingestellt wurde. Zuletzt schien der Kreml seine Bemühungen um neue Kämpfer sogar zu intensivieren.

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So dürften russische Männer im wehrfähigen Alter das Land seit 9. Januar nicht mehr verlassen, berichtet der ukrainische Militärgeheimdienst GUR unter Berufung auf eine geheime Weisung des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB an sämtliche Grenzposten im Land. Nur drei Tage später schlug der russische General und Duma-Abgeordnete Andrei Kartapolow vor, das Höchstalter für Wehrpflichtige von 27 auf 30 Jahre anzuheben: "Präsident Putin sagte voriges Jahr, er unterstütze die Idee", schreibt dazu das britische Verteidigungsministerium. "Jetzt sieht es so aus, als würden russische Offizielle die Reaktionen der Öffentlichkeit auf einen solchen Schritt austesten."

Stoltenberg: Russland nicht unterschätzen

Bislang waren Wehrpflichtige in Russland von der Mobilmachung ausgenommen, doch "Verstka" zufolge sollen sie nun zu den Ersten gehören, die für den Krieg eingezogen werden. Die rechtlichen Grundlagen dafür habe Kremlchef Putin mit der Annexion der besetzten Gebiete in der Ukraine im September geschaffen, da Wehrpflichtige nur innerhalb des eigenen Staatsgebiets eingesetzt werden dürfen. Nach Einschätzung von Militärexperten hat Russland allerdings jetzt schon ausreichend frische Kräfte für neue Offensiven im Frühjahr: "Dafür sind die 150.000 Mobilisierten gedacht, die bislang noch nicht direkt an die Front geschickt wurden", schreibt der Russland-Experte Mark Galeotti auf Twitter.

Dabei sind die Bemühungen um frisches Kriegspersonal nicht die einzigen Hinweise darauf, dass sich der Kreml auf einen langen Konflikt einstellt. Die Wiederbelebung der Rüstungsindustrie und die Beseitigung von Mängeln in der Kommandostruktur der Armee seien inzwischen Chefsache, stellte der US-Thinktank Institute for the Study of War jüngst fest. Zudem wolle die Staatsführung künftig noch mehr Propaganda streuen, um die Bevölkerung bei der Stange zu halten, schreiben die Experten.

Die Nato betrachtet die russischen Anstrengungen mit Sorge. Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte im "Handelsblatt" davor, Russland zu unterschätzen: "Was ihnen an Moral und Ausbildung fehlt, versuchen die Russen mit schierer Masse zu kompensieren." Militärische Unterstützung für die Ukraine sei der schnellste Weg zum Frieden, so Stoltenberg. Nach der Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz, Schützenpanzer vom Typ Marder an die Ukraine zu liefern, müssten bei dem Treffen der Verbündeten in Ramstein am 20. Januar weitere Beschlüsse gefasst werden. "Die jüngsten Zusagen für schweres Kriegsgerät sind wichtig – und ich erwarte schon in naher Zukunft mehr."

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