"Signalisiert Putin keine Stärke" Ex-Merkel-Berater kritisiert Kampfjet-Absage von Scholz
Kanzler Olaf Scholz ist sich sicher: Deutschland werde keine Kampfflugzeuge an die Ukraine liefern. Das hält der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz nicht für klug.
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, übt scharfe Kritik daran, dass Bundeskanzler Olaf Scholz eine Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine strikt ablehnt. Das brachte Heusgen, der früher Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel war, in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" zum Ausdruck.
"Mich ärgert die unnötige kategorische Festlegung, dass keine Kampfjets geliefert werden sollen", sagte er der Zeitung. "Diese Ausschließeritis signalisiert Putin keine Stärke." Man müsse sich nach den militärischen Anforderungen richten und die Entscheidung darüber "offenhalten, wie es unsere Nachbarn Polen, die Niederlande und Frankreich auch tun".
"Putin glaubt, dass wir dekadente Schwächlinge sind"
Anerkennung schenkte Heusgen dem Kanzler wiederum für seine Zeitenwende-Rede, die Scholz wenige Tage nach Beginn des Krieges im Bundestag hielt. "Ich würde mir aber wünschen, dass er die 180-Grad-Wende der deutschen Politik genauso kraftvoll umsetzt, wie er sie angekündigt hat", so der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz weiter.
Der Westen müsse sich zudem auf eine langfristige Unterstützung der Ukraine einstellen. "Putin glaubt, dass wir dekadente Schwächlinge sind, die das nicht durchhalten", so Heusgen weiter. "Es ist an uns, ihm das Gegenteil zu beweisen."
Scholz reist nach München
Die Münchner Sicherheitskonferenz, bei der es vor allem um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gehen wird, findet nächste Woche Freitag und Samstag statt. Am Freitag wird Kanzler Scholz für eine Rede erwartet. Mehr dazu lesen Sie hier.
Insgesamt werden rund 40 Staats- und Regierungschefs, mehr als 90 Minister und mehrere Chefs von internationalen Organisationen in München erwartet. Dazu zählen US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der französische Präsident Emmanuel Macron, der polnische Präsident Andrzej Duda, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Russische Offizielle sind nicht eingeladen. "Wir sind uns zu schade, diesen Kriegsverbrechern im Kreml mit der Münchner Sicherheitskonferenz eine Bühne für ihre Propaganda zu bieten", hat Heusgen diese Entscheidung begründet. Dafür werden aber prominente russische Oppositionspolitiker nach München kommen, darunter der frühere Oligarch Michail Chodorkowski, der ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow, der Journalist und Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow und Julia Nawalnaja, die Ehefrau des inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny.
- tagesspiegel.de: "Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz im Interview: 'Putin glaubt, dass wir dekadente Schwächlinge sind'"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa