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Russland greift mit Shahed-Drohnen an: Ukraine versinkt in Putins Hagel


"Ursache des Problems beseitigen"
Die Ukraine versinkt in Putins Drohnenhagel


14.07.2025 - 11:00 UhrLesedauer: 4 Min.
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Russland fliegt erneut einen massiven Drohnenangriff auf die Ukraine. (Quelle: Gleb Garanich)
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Russlands Drohnenangriffe auf die Ukraine haben ein beispielloses Ausmaß erreicht. Die Shahed-Drohnen stellen die ukrainische Abwehr vor immense Herausforderungen.

Die russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine befinden sich seit Beginn der Vollinvasion im Februar 2022 derzeit auf einem Allzeithoch. Zum Einsatz kommen dabei die für ihr lautes Brummen berüchtigten Shahed-Drohnen. Während im ersten Kriegsjahr noch rund 2.000 Angriffe dieses Drohnentyps von unabhängigen Stellen registriert wurden, liegt die Zahl im laufenden Jahr bereits fast dreimal so hoch.

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Damit versetzt die russische Führung die ukrainische Bevölkerung in einen dauerhaften Zustand des Terrors. Gebiete, die ursprünglich weitgehend als sicher galten, geraten plötzlich ins Visier russischer Angriffe. Wann, wo, in welchem Ausmaß und vor allem nach welcher Logik die Drohnenangriffe erfolgen, lässt sich kaum vorhersagen. Sowohl zivile als auch militärische Einrichtungen werden attackiert.

Dutzende Zivilisten sind in den vergangenen Wochen der russischen Kriegswut zum Opfer gefallen. Während die Drohnen wohl zum wichtigsten Instrument russischen Terrors geworden sind, können die Ressourcen der ukrainischen Flugabwehr dem Ausmaß der Angriffe kaum noch standhalten.

Das russische Drohnenprogramm ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj befürchtet, die Kreml-Armee könne bald mit einer Kapazität von bis zu 1.000 Drohnen pro Tag Angriffe fliegen.

Die russischen Modelle der Shahed-Drohnen

Zu Beginn des Krieges setzte Russland verstärkt auf Drohnen vom Typ Shahed aus iranischer Produktion, die ursprünglich aus Teheran geliefert wurden. Inzwischen hat Russland die Produktion ins eigene Land verlagert, was eine ständige Anpassung an die eigenen Kriegsstrategien ermöglicht. Die Drohnen fliegen nun höher, schneller und weiter – was es der Ukraine zunehmend erschwert, sie effektiv abzufangen.

Ein zentraler Bestandteil der ukrainischen Drohnenabwehr waren bislang mobile Abwehrtrupps – meist bestehend aus einem Pick-up-Truck mit Maschinengewehr sowie begleitenden Soldaten mit Handfeuerwaffen. Eine Taktik, die bei den ursprünglichen Shaheds noch funktionierte. Doch durch die erhöhte Flughöhe von nunmehr zwei bis zweieinhalb Kilometern – im Vergleich zu etwa 1.000 Metern zu Beginn – sind solche Einsätze kaum noch möglich, wie der ukrainische Militäranalyst Oleksandr Kowalenko im Gespräch mit der "Zeit" erklärt. Einige Drohnen sollen bei Angriffen auf Kiew sogar Flughöhen von bis zu fünf Kilometern erreicht haben.

Möglich ist das auch, weil die russische Version der Shahed-Drohne offenbar nicht mehr ausschließlich auf den üblichen Propeller-Kolben-Antrieb setzt. Zunehmend kommen auch Düsentriebwerke zum Einsatz. Zudem verfügt die unter dem Namen Geran-2 und Geran-3 bekannte russische Variante über Mobilfunkmodule, die eine Echtzeitübertragung der Flugdaten ermöglichen – und damit die ukrainischen Abwehrmaßnahmen zusätzlich erschweren. Laut der US-Denkfabrik Atlantic Council produziert Russland inzwischen bis zu 5.000 dieser Drohnen monatlich. Viele der Modelle seien mittlerweile mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, die eine präzisere Zielerfassung ermögliche.

Auch die Sprengladung wurde erhöht – von knapp 50 auf etwa 90 Kilogramm. Gleichzeitig stieg die Geschwindigkeit auf bis zu 550 bis 660 Kilometer pro Stunde, im Sturzflug sollen angeblich 700 Kilometer pro Stunde möglich sein. Damit sind die russischen Shaheds deutlich schneller als ihre iranischen Vorgängermodelle.

Video | So gefährlich ist Putins Hyperschall-Rakete wirklich
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Quelle: t-online

Täuschungstaktik gegen die ukrainische Flugabwehr

Hinzu kommt ein weiterer besorgniserregender Befund: Das ukrainische Militär stellt zunehmend fest, dass Russland in der Drohnenproduktion kaum noch westliche Bauteile verbaut. Stattdessen stammen die elektronischen Komponenten zunehmend aus chinesischer Produktion. In einem Maße, dass Analyst Kowalenko zu dem Schluss kommt: "China ist heute stärker am russischen Terror beteiligt als der Iran."

Um die ohnehin knappen Ressourcen der Ukraine weiter zu schwächen, setzt Russland auf ein neues Angriffsmuster. So startet es Schwärme von Drohnen, die zunächst eng beieinander fliegen und von ukrainischen Radarsystemen häufig nicht als Einzelobjekte erkannt werden. Erst kurz vor dem Ziel lösen sich diese Schwärme auf und offenbaren das tatsächliche Ausmaß der Gefahr.

Zudem setzen die russischen Streitkräfte verstärkt auf eine weitere Taktik: zeitgleiche Angriffe mit billigen Drohnenattrappen. Diese sind mit speziellen, reflektierenden Linsen ausgestattet und stellen die ukrainische Abwehr vor neue Herausforderungen. Oft ist kaum zu erkennen, ob es sich bei einem Objekt um eine Attrappe oder um eine echte – und gefährliche – Shahed-Drohne handelt. Russlands Plan geht auf, wenn die Ukraine ihre stark begrenzten und teuren Flugabwehrraketen zur Abwehr von Attrappen einsetzt.

Über weite Strecken des Krieges konzentrierten sich Shahed-Drohnenangriffe vor allem auf die Zentral- und Südukraine, wobei Städte wie Odessa, Mykolajiw, Dnipro und Kiew getroffen wurden. In den vergangenen Wochen haben sich die Angriffe jedoch auch zunehmend auf den Westen des Landes ausgeweitet.

Die USA könnten die entscheidende Abhilfe leisten

Angesichts der Eskalation im russischen Drohnenkrieg muss die Ukraine neue Gegenmaßnahmen entwickeln. Auf der Wiederaufbaukonferenz in Rom sprach Präsident Selenskyj davon, dass es inzwischen wirksame Technologien gegen die Shahed-Drohnen gebe – entwickelt von amerikanisch-ukrainischen Unternehmen. Diese ukrainischen Counterparts kosten mit rund 500 Dollar pro Stück nur einen Bruchteil der russischen Drohnen, deren Herstellungskosten Militärexperten auf 20.000 bis 50.000 US-Dollar pro Stück schätzen.

Um der sich weiter intensivierenden Angriffswelle zu begegnen, appellierte Selenskyj in Rom erneut an die westlichen Verbündeten, die nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Der Sprecher der Süddivision der ukrainischen Armee, Serhii Bratchuk, kommt jedoch zu dem Schluss, dass letztlich "nur das Beseitigen der Ursache dieses Problems" helfen könne.

Dabei könnte der Ukraine bald die lange erhoffte Unterstützung aus den USA bevorstehen. Nachdem US-Präsident Donald Trump vergangene Woche angekündigt hatte, der Ukraine über die Nato neue Abwehrwaffen im Wert von bis zu 300 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – darunter auch das berüchtigte Patriot-System, das auch an Israel geliefert wird –, steht eine weitere Entwicklung bevor: Donald Trump hat für den heutigen Montag eine "große Ankündigung" zum Ukraine-Krieg angekündigt.

Wie das US-Nachrichtenportal "Axios" berichtet, könnte es sich dabei um die Erklärung handeln, dass die USA künftig auch Angriffswaffen an die Ukraine liefern wollen. Damit würde Washington Kiew völlig neue strategische Handlungsspielräume eröffnen. Mit Angriffswaffen, die bis weit über Moskau hinausreichen, könnte die Ukraine gezielt russische Drohnenfabriken angreifen – und damit womöglich den scheinbar endlosen Nachschub an Shahed-Drohnen zumindest vorerst stoppen.

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