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Rede zum Tag des Sieges am 9. Mai: Lässt Putin den Krieg völlig eskalieren?


Tag des Sieges am 9. Mai
Das würde in Russland Empörung auslösen

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 09.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin beobachtet am 9. Mai 2022 die Militärparade: Wird er auch ein Jahr später wieder auf der Tribüne sitzen?Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin beobachtet am 9. Mai 2022 die Militärparade: Wird er auch ein Jahr später wieder auf der Tribüne sitzen? (Quelle: IMAGO/Mikhail Metzel/Kremlin Pool/imago images)

Wladimir Putin könnte die Drohnenangriffe auf den Kreml als Vorwand nehmen, um am 9. Mai eine weitere Eskalationsstufe im Ukraine-Krieg zu verkünden. Aber ist das realistisch?

Immer wenn Wladimir Putin eine große Rede halten möchte, wächst in der Ukraine die Sorge vor einer neuen Eskalation. Gebannt richten sich deshalb am Dienstag, 9. Mai, alle Blicke nach Moskau: Im Zuge der großen Militärparade auf dem Roten Platz zum "Tag des Sieges" über Nazideutschland wird auch der russische Präsident sprechen.

Der wichtigste nicht-religiöse Feiertag in Russland wird dabei in diesem Jahr von dem Drohnenangriff auf den Kreml überschattet. Umso mehr dürfte Putin am 9. Mai Stärke demonstrieren wollen. Aber was bedeutet das?

In jedem Fall ist zu erwarten, dass der russische Präsident sein Kriegsnarrativ bedienen und vor allem den USA vorwerfen wird, mithilfe von angeblichen "Faschisten" in Kiew einen Krieg gegen Russland zu führen. Trotzdem ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Putin am "Tag des Sieges" eine weitere Eskalationsstufe im Ukraine-Krieg, etwa eine weitere Mobilmachung, verkünden wird.

Es wäre ein Zeichen der Verzweiflung

Zwar hat der russische Außenminister Sergej Lawrow nach dem Drohnen-Vorfall in Moskau am Mittwoch "konkrete Aktionen" angekündigt. Kreml-Propagandisten forderten im Staatsfernsehen oder auf Telegram gar einen Atomschlag.

Experten halten das jedoch für Propagandagetöse, das vor allem auf eines hindeutet: Putin hält seine Feiertagsrede in einer Phase des Krieges, in der der Druck auf die russische Führung wächst – und die Erfolge bei dem Angriff auf die Ukraine ausbleiben. Er muss Stärke demonstrieren, kann aber kaum mehr auffahren als ohnehin schon.

So jedenfalls sieht es der Russland-Experte Gustav Gressel. Im Gespräch mit t-online sagt er: "Im Westen wird dieser Tag etwas überschätzt. Die russische Propaganda braucht keine tatsächlichen Siege, um Siege feiern zu können – das vergessen wir manchmal."

In Russland selbst ist der 9. Mai vielmehr ein Feiertag für die Bevölkerung. Im Zweiten Weltkrieg starben bis zu 27 Millionen Menschen aus der Sowjetunion, fast jede Familie hatte in diesem Krieg Opfer zu beklagen. Deswegen hält Russland das Gedenken an diese Menschen am Leben.

Und so gibt es am "Tag des Sieges" nicht nur die bekannten Militärparaden, sondern am Abend auch Feuerwerke und Konzerte. Tagsüber gehen viele Menschen in die Natur, der 9. Mai gilt allgemein als ein Familienfeiertag.

Ein unkalkulierbares Risiko

Auch deswegen ist es unwahrscheinlich, dass Putin genau an dem Tag, an dem viele Russinnen und Russen ihrer toten Vorfahren gedenken, noch weitere Teile seiner Bevölkerung in den Krieg schickt. Das würde in Russland Empörung auslösen und wäre für den russischen Präsidenten ein unkalkulierbares Risiko.

Für den Präsidenten wäre es dagegen besser, seiner Bevölkerung Normalität vorzuspielen und die Opfer seiner sogenannten "Spezialoperation" kleinzureden. So hat er es auch im vergangenen Jahr gemacht, wo er die ukrainische Regierung zwar als "Faschisten" beschimpfte, aber mit Blick auf seine eigene Bevölkerung nicht weiter eskalierte. Auch vor zwölf Monaten hatten Beobachter im Westen befürchtet, Russland könne der Ukraine am 9. Mai den Krieg erklären. Das passierte nicht.

Für weitere Mobilisierungen dagegen braucht der Kremlchef keine großen Ankündigungen, die können heimlich im Hintergrund passieren. Putin möchte die Menschen in Russland ruhig halten, keine Panik auslösen. Deswegen sind weitere Spitzen und rhetorische Anfeindungen gegen den Westen am 9. Mai wahrscheinlich, die Ankündigung von weiteren militärischen Eskalationen dagegen nur im äußersten Notfall. Wenn Putin dieses Risiko eingehen würde, wäre das ein Zeichen, dass ihm das Wasser bis zum Hals steht.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Gustav Gressel
  • Eigene Recherche
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