Newsblog zum Ukraine-Krieg Putins Truppen rücken in Ukraine vor

Russlands Armee verzeichnet weiter Geländegewinne. Berlin plant neue Regelungen bei der Beschaffung von Waffen und Rüstungsgütern. Alle Entwicklungen im Newsblog.
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Ukrainischer Kriegsgefangener: "Wir aßen Mäuse"
Zwei Jahre lang war der ukrainische Soldat Wladislaw Zadorin in russischer Kriegsgefangenschaft. In einem Interview mit Radio Swoboda berichtete er jetzt über Folter und Misshandlungen.
Bei Wadephul-Besuch: Selenskyj bittet Deutschland um mehr Flugabwehr
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland um die Lieferung weiterer Iris-T-Flugabwehrsysteme für die Abwehr der schweren russischen Angriffe mit Drohnen und Raketen gebeten. Über dieses Thema wolle er mit Bundesaußenminister Johann Wadephul sprechen, sagte Selenskyj bei einem Treffen mit dem CDU-Politiker in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Gleich zu Beginn seines Besuches hatte sich der Minister gemeinsam mit Amtskollegen Andrij Sybiha eine Iris-T-Flugabwehrstellung zeigen lassen, die nach Angaben des Auswärtigen Amtes eine wichtige Rolle bei der Luftverteidigung Kiews spielt. Deutschland hat der Ukraine mit Stand April sechs dieser Systeme zur Verfügung und weitere zehn in Aussicht gestellt.
Wadephul wurde bei seinem Antrittsbesuch in der Hauptstadt Kiew von hochrangigen Vertretern deutscher Rüstungsunternehmen begleitet. Am Rande waren Gespräche zwischen Wirtschaftsvertretern beider Länder und mit ukrainischen Entscheidungsträgern geplant. Der ukrainische Präsident zeigte sich in dem Gespräch mit Wadephul interessiert an einer Ausweitung der Rüstungskooperation beider Ländern. In den kommenden Tagen könnten bis zu 20 entsprechende neue Partnerschaften abgeschlossen werden. Details nannte Selenskyj nicht.
Der Bundesaußenminister nannte es eine Win-win-Situation, dass deutsche Rüstungsunternehmen teils schon in der Ukraine tätig seien und das umgekehrt ukrainische Firmen in Deutschland arbeiteten. "Wir lernen davon. Beide Seiten profitieren und zeigen, dass unsere Sicherheit zusammenhängt und wir gleichermaßen davon auch wirtschaftlich profitieren können. Das ist gut so und das wollen wir insgesamt ausbauen", fügte Wadephul hinzu.
Russischer Vormarsch im Osten der Ukraine
Wladimir Putins Streitkräfte rücken russischen Staatsmedien und Kriegsbloggern zufolge im Osten der Ukraine weiter vor. Demnach nahmen sie eine erste Ortschaft in der zentral-östlichen Region Dnipropetrowsk ein. Es hieß, die Truppen hätten dort am Montag die Kontrolle über das Dorf Dachnoje übernommen. Eine Bestätigung von ukrainischer Seite oder vom Verteidigungsministerium in Moskau lag zunächst nicht vor.
In den vergangenen zwei Monaten haben russische Truppen insgesamt rund 950 Quadratkilometer Gelände gewonnen. Der ukrainischen Beobachtergruppe Deep State zufolge kontrolliert Russland derzeit 113.588 Quadratkilometer des ukrainischen Territoriums. Zu den besetzten Gebieten gehören die Halbinsel Krim, mehr als 99 Prozent der Region Luhansk, über 70 Prozent der Regionen Donezk, Saporischschja und Cherson sowie Teile der Regionen Charkiw, Sumy und Dnipropetrowsk.
Kreml: Russland lässt sich nicht zu Verhandlungen zwingen
Auch das geplante 18. Sanktionspaket der EU wird nach Kremlangaben nicht zu einem Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine führen. "Nur Logik und Argumente können Russland an den Verhandlungstisch bringen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem Moskauer Staatsfernsehen. "Es ist unmöglich, Russland durch irgendeine Art von Druck oder Gewalt zu drängen."
Peskow zeigte sich überzeugt, dass das von der EU angestrebte neue Sanktionspaket letztlich angenommen wird. Je schärfer aber die Strafmaßnahmen würden, desto stärker werde auch die Gegenreaktion. Sanktionen seien eine "zweischneidige Waffe", sagte Peskow. Moskau behauptet regelmäßig, dass die EU durch die Sanktionen selbst mehr Nachteile habe, etwa durch den Verzicht auf russische Rohstoffe.
Am vergangenen Freitag scheiterte die Annahme des 18. Sanktionspakets der EU zunächst am Widerstand der Slowakei. Ein erneutes Votum wurde auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben.
Bundesregierung möchte Waffenkäufe beschleunigen
Um den Kauf von Waffen und Rüstungsgütern künftig zu beschleunigen, hat das Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium einen gemeinsamen Referentenentwurf vorgelegt, der die Beschaffung vereinfachen soll. Das Handelsblatt berichtet, zentrale Ziele seien dabei die "Beschleunigung und Vereinfachung für alle Beschaffungen für die Bundeswehr". Bestimmte dringliche Aufträge sollen dem Dokument zufolge, welches der dpa vorliegt, künftig nicht mehr europäisch ausgeschrieben werden, sondern nur noch national – das soll Zeit sparen.
Außerdem sollen Aufträge nach Ausschreibungen auch dann vergeben werden können, wenn ein unterlegener Bieter dagegen klagt. Bislang ist das anders, durch die sogenannte aufschiebende Wirkung hat sich die Anschaffung von Waffen teilweise um Jahre verzögert. Der Gesetzgeber soll zudem ein Vergabeverfahren einleiten können, selbst wenn dessen Finanzierung bislang nicht gesichert ist. Gewisse Dokumentationspflichten sollen abgeschwächt werden.
In dem Gesetzesentwurf wird die Novellierung mit der Gefahr durch Russland begründet. Es gebe derzeit keine Anzeichen, dass Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine beenden wolle. "Vielmehr deuten Aussagen der russischen Führung darauf hin, dass die russischen Kriegsziele über die Ukraine hinausgehen." Daher müsse die Verteidigungsfähigkeit der Nato gestärkt werden. Übergeordnetes Ziel der Bundesregierung sei es, "die Abschreckungs- und Bündnisfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen".
Wadephul zu Antrittsbesuch in Kiew eingetroffen
Außenminister Johann Wadephul ist zum Antrittsbesuch in die Ukraine gereist. Der CDU-Politiker traf am Morgen mit einem Sonderzug in der Hauptstadt Kiew ein. Der Bundesaußenminister kam mit einem Versprechen. Denn angesichts der anhaltenden russischen Luftangriffe sagte er dauerhafte deutsche Waffenhilfe zu.
"Die Freiheit und Zukunft der Ukraine ist die wichtigste Aufgabe unserer Außen- und Sicherheitspolitik", erklärte der CDU-Politiker zu seinem Besuch in Kiew. Man werde "felsenfest an der Seite der Ukraine stehen, damit sie sich weiter mit Erfolg verteidigen kann - mit moderner Luftverteidigung und anderen Waffen, mit humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe".
Wadephul: Russland bedroht direkt auch unser Leben
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) warnt davor, die Gefahr für Deutschland durch Russland zu unterschätzen. "Russland bedroht direkt auch unser Leben in Frieden und Freiheit in Deutschland", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei und bleibe die größte Bedrohung der Sicherheit in Europa und wichtigstes Thema der deutschen Außenpolitik.
Die Nato-Beschlüsse von Den Haag – die Allianz verständigte sich auf eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung – seien "richtig und notwendig", sagte Wadephul. Der russische Präsident Wladimir Putin greife "mit wahllosem Bombenterror die Moral der Ukrainerinnen und Ukrainer an. Die Freiheit der Ukraine ist der wichtigste Prüfstein unserer Standhaftigkeit als Europäer."
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters