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Ulf Kirsten glaubt an Bayer Leverkusen als neuen deutschen Meister


Ex-Bundesliga-Star über Titelkampf
Nur ein Klub hat die Meisterschale verdient

InterviewVon William Laing

Aktualisiert am 13.01.2024Lesedauer: 5 Min.
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Patrik Schick: Er und sein Team durften zuletzt jubeln.Vergrößern des Bildes
Patrik Schick: Er und sein Team durften zuletzt jubeln. (Quelle: IMAGO/Laci Perenyi/imago images)

Ex-Nationalspieler Ulf Kirsten glaubt, dass Bayer Leverkusen in dieser Saison der ganz große Wurf gelingt. Der deutschen Nationalmannschaft gibt er für die EM ein klares Ziel vor.

Die Tabellenspitze in der Bundesliga ist so umkämpft wie schon lange nicht mehr zu diesem Zeitpunkt einer Saison. Bayer Leverkusen thront ganz oben, der FC Bayern lauert in der Verfolgerrolle auf seine Chance. Wenn es nach Ex-Nationalspieler Ulf Kirsten geht, gehen die Münchener in der Bundesliga dieses Jahr aber leer aus. Verdient habe den Meistertitel nur eine Mannschaft: Bayer Leverkusen.

Warum er an einen Triumph der Werkself glaubt, darüber sprach der ehemalige DDR-Torjäger exklusiv mit "t-online". Außerdem gab Kirsten preis, was er von DFB-Star und Leverkusens Top-Talent Florian Wirtz hält, welche Art von Spielern seiner Meinung nach zur Europameisterschaft fahren sollten und welches Ziel das deutsche Team bei der Heim-EM haben muss.

t-online: Herr Kirsten, Bayer Leverkusen spielt bisher eine überragende Saison. Die Mannschaft hat in dieser Spielzeit noch kein Pflichtspiel verloren. Glauben Sie, dass Bayer im Sommer die Meisterschale hochhält?

Ulf Kirsten: Ich bin überzeugt davon. Schon vor der Saison hatte ich das Gefühl, dass Leverkusen eine gute Mannschaft hat und war sehr optimistisch. Ich habe gesagt: Mindestens ein Titel muss dieses Jahr drin sein. Nach der Hinrunde, die sie gespielt haben, muss man sagen: Nur Bayer Leverkusen hat es verdient, die Schale hochzuhalten.

Was macht die Leverkusener Mannschaft in dieser Saison aus?

Der Verein hat außerordentlich gut eingekauft. Sie haben Spieler, die die Mannschaft führen können, dazu noch eine Reihe an jungen Talenten, die vor allem mit ihren technischen Fähigkeiten, ihrem Tempo und ihrem Spielverständnis beeindrucken. Xabi Alonso hat all das zu einer Einheit geformt. Er ist total abgeklärt, besitzt zudem eine unglaubliche Erfahrung. Letzteres nicht mal unbedingt als Trainer, sondern vor allem als Profi, der selbst viele Top-Trainer erlebt hat. Das scheint er den Spielern jetzt gut rüberzubringen.

Sie selbst spielten von 1990 bis 2003 für die Werkself. Sehen Sie Parallelen zwischen dem aktuellen Team und den Leverkusener Mannschaften aus Ihrer Zeit?

Wir haben in den Jahren 2000 und 2002 ähnlich gute Saisons gespielt. Am Ende des Tages haben wir aber keinen Titel geholt. Es haben Nuancen gefehlt. 2002 haben wir zum Beispiel in der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Champions League bis zum Schluss auf allen drei Hochzeiten getanzt und sind letztlich in jedem Wettbewerb knapp am Ziel vorbeigeschlittert. Trotzdem bin ich der Meinung: Jetzt ist es fällig, dass Bayer den Meistertitel holt. Das wäre mehr als verdient. Sie spielen den besten Fußball.

In den nächsten Wochen fehlen Leverkusen wichtige Spieler. Odilon Kossonou, Edmond Tapsoba, Amine Adli sind mit ihren Nationen beim Afrika Cup im Einsatz. Dazu fällt Torjäger Victor Boniface verletzungsbedingt wohl bis Anfang April aus. Kann das Team das auffangen?

Es gibt einige Vereine, die Spieler für dieses Turnier abstellen müssen. Sicherlich ist die Ausgangslage für Bayern München auch etwas besser als für Leverkusen. Dennoch: Das Team hat im letzten Heimspiel vor der Winterpause gegen den VfL Bochum gezeigt, dass es die Ausfälle kompensieren kann. Dort haben sie bereits mit der zweiten Garde gespielt, die ich aber eigentlich gar nicht als solche bezeichnen möchte. Man hat nämlich gerade in der Offensive gesehen, dass es keinen Qualitätseinbruch gab. Das Spiel wurde souverän gewonnen. Natürlich muss jetzt geschaut werden, wie die Mannschaft aus der Winterpause kommt. Die war dieses Jahr aber auch nicht sonderlich lang. Früher war man vier bis sechs Wochen raus, dieses Mal waren es nur zwei, drei Wochen. Deshalb sollte die Pause dem Leverkusener Lauf auch keinen Abbruch getan haben.

Dreh- und Angelpunkt der Mannschaft ist Nationalspieler Florian Wirtz. Was halten Sie von ihm?

Er ist ein Ausnahmespieler. Sicherlich ist er auch eines der größten Talente, die es jemals im deutschen Fußball gegeben hat. Wie er in seinem jungen Alter die Mannschaft lenkt, leitet und führt, finde ich beeindruckend.

Viele Top-Klubs sollen Wirtz auf der Liste haben, auch der FC Bayern. Immer wieder gibt es Gerüchte um einen Abgang. Bringt so etwas Unruhe in eine Mannschaft, die Titel holen will?

Die Gerüchte gibt es ja schon länger. Unruhe haben sie bis jetzt nicht reingebracht. Die Mannschaft wirkt dahingehend gefestigt. Auch Florian scheint einen klaren Kopf zu haben und sich nicht beeinflussen zu lassen. Ob er am Ende geht oder bleibt, kann ich nicht beantworten. Der Verein hat jetzt erst mal das klare Ziel, einen Titel zu holen. Die Chance ist da. Was danach kommt, ist eigentlich zweitrangig.

Meisterschaft, Pokal, Europa League: Leverkusen ist in allen Wettbewerben gut dabei. Kann das Team die Titel am Ende nur selbst verspielen?

Das ist schwierig zu beantworten. Einen Titel kann man eigentlich immer noch verspielen, auch Bayer Leverkusen. Dafür gibt es aber überhaupt keine Anzeichen. Es macht Spaß, dieser Mannschaft zuzuschauen. Sie entfacht ein Feuer, das jeden mitreißt. Dazu muss man nicht einmal Fan von Leverkusen sein. Selbst Anhänger von anderen Vereinen schwärmen aktuell von dem Fußball, den dieses Team spielt. Es wird womöglich noch mal das ein oder andere Spiel geben, das Bayer verliert. Der Mannschaft wird das aber nicht schaden. Sie hinterlässt bis hierhin einen starken Eindruck.

Anders als bei Bayer Leverkusen läuft es bei der Nationalelf aktuell überhaupt nicht rund. Dabei steht in wenigen Monaten die EM im eigenen Land an. Gelingt die sportliche Wende noch vor dem Turnierstart?

Deutschland verfügt über überragende Einzelspieler. Jeder hat Qualität. Sie alle stehen bei großen Klubs in Top-Ligen unter Vertrag, viele von ihnen spielen in ihren Vereinen eine tragende Rolle. Jetzt muss dran gearbeitet werden, dass sie wieder zu einer Einheit und Größe auf dem Platz werden. Die Gegner müssen wieder Angst vor der deutschen Elf bekommen. Wenn wir das wieder hinbekommen, dann kann die Nationalmannschaft eine erfolgreiche Europameisterschaft spielen.

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In der Gruppenphase trifft Deutschland auf Schottland, Ungarn und die Schweiz. Machbare Aufgaben?

Gegen Ungarn haben wir unser letztes Heimspiel im Herbst 2022 mit 0:1 verloren. Daran sieht man: Die Nationalmannschaften in Europa sind mittlerweile von der Qualität her alle etwas näher zusammengerückt. In der Gruppe ist die Schweiz wahrscheinlich der schwerste Gegner. Deutschland muss als Favorit in dieser Gruppe aber als Erster durchgehen. Gerade auch, weil wir eine Heim-EM haben.

Welchen Rat würden Sie Bundestrainer Julian Nagelsmann wenige Monate vor Turnierbeginn erteilen?

Gar keinen. Er ist mit seinen jungen Jahren erfahren genug, seine Mannschaft so einzustellen, dass sie eine erfolgreiche Heim-EM spielt. Er hat zudem gute Leute um sich, ein hervorragendes Trainerteam. Außerdem steht ihm Rudi Völler zur Seite. Da kann man sich genug Rat holen.

Gibt es Spieler, die für Sie definitiv mit zur Europameisterschaft fahren sollten?

Es sollten die mitfahren, die auch die Qualität haben, in der deutschen Nationalmannschaft zu spielen. Wir brauchen keine Spieler, die heute mal fünf Tore geschossen haben und dann direkt mitgenommen werden. In der Vergangenheit war es doch so: Du musstest über einen längeren Zeitpunkt in der Bundesliga oder generell in deinem Verein starke Leistungen gezeigt haben, um das Nationaltrikot tragen zu dürfen.

Wie weit kommt die deutsche Nationalmannschaft bei der EM?

Das sage ich bei jedem Turnier: Das Halbfinale muss einfach drin sein.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Ulf Kirsten
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