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Fredi Bobic über England-Klassiker: "Haben ein Problem – aber sie haben es auch"


Europameister vor Achtelfinal-Kracher
Bobic: "Aus den Engländern wird man nicht schlau"

InterviewVon Andreas Becker

Aktualisiert am 29.06.2021Lesedauer: 5 Min.
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Euro 1996: Fredi Bobic (r.) nach seiner Verletzung im Viertelfinale gegen Kroatien.Vergrößern des Bildes
Euro 1996: Fredi Bobic (r.) nach seiner Verletzung im Viertelfinale gegen Kroatien. (Quelle: Team 2/imago-images-bilder)

Fredi Bobic war dabei, als Deutschland 1996 zum letzten Mal Europameister wurde. Beim Halbfinalsieg gegen England konnte er verletzungsbedingt nur zuschauen, aber erinnern tut er sich trotzdem gern.

Er ist Europameister 1996, wurde Deutscher Meister mit Borussia Dortmund und DFB-Pokalsieger mit dem VfB Stuttgart: Fredi Bobic. Zur neuen Saison ist er als Geschäftsführer zu Hertha BSC gewechselt, hat dort schon die ersten Arbeitstage hinter sich gebracht. Zudem ist er während der EM als Experte bei Magenta TV im Einsatz.

Trotz des durchaus vollen Terminkalenders hat Fredi Bobic vor dem Achtelfinal-Kracher zwischen Deutschland und England (18 Uhr bei Magenta TV und der ARD, dazu im Liveticker bei t-online) Zeit für ein Interview mit t-online gefunden. Dabei spricht er über die Erfahrungen der EM 1996, das spezielle Halbfinale im Wembley-Stadion gegen England, die aktuellen Sturmprobleme der deutschen Mannschaft bei der EM und seinen neuen Klub Hertha BSC.

t-online: Fast auf den Tag genau (26. Juni) vor 25 Jahren fand das EM-Halbfinale 1996 gegen England statt. Welche Erinnerungen haben Sie an den Tag?

Fredi Bobic (49): Das Halbfinale damals war ein Gänsehautmoment, gerade im alten Wembley-Stadion. Das Besondere war schon einen Tag vorher spürbar, in ganz London. Wie sich vor allem die Engländer drauf gefreut haben auf dieses Halbfinale. Und wie wir versucht haben, eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen. Wir hatten unheimlich viele verletzte Spieler damals. Im Stadion selbst war dann eine unfassbare Stimmung. Die Gesänge, die Hymnen, aber auch das Lied "Football's Coming Home", das immer wieder angeklungen ist, das war absolut beeindruckend. Es war ein sehr dramatisches und aufreibendes Spiel gegen eine sehr starke englische Mannschaft. Da war alles dabei, was den Fußball ausmacht. Und mit uns am Ende einen glücklichen Sieger hatte.

Sie saßen mit einer ausgekugelten Schulter draußen. Wie schwierig war es für Sie, nur zuschauen zu können?

Ich war ja nicht der Einzige, auch Jürgen Klinsmann hatte sich im Viertelfinale gegen Kroatien verletzt und war nicht dabei. Du hockst dann da und saugst trotzdem die unfassbare Stimmung auf. Du siehst die Jungs auf dem Platz fighten und würdest am liebsten helfen. Aber wir waren immer mit in der Kabine, da war das große Wir-Gefühl, was wir in der Mannschaft hatten. Das hat uns damals ausgezeichnet. Normalerweise fährst du nach Hause uns sagst, komm' das war es jetzt. Aber da wollte keiner gehen.

Dieses "Wir-Gefühl", das Sie beschreiben: Sehen Sie das auch bei der aktuellen Mannschaft?

Man merkt, dass die Jungs gerne zusammen sind. Dieses ganz große Gefühl haben wir jetzt noch nicht, was auch an den bisherigen Leistungen liegt, die uns mit einem Fragezeichen zurücklassen. Uns fehlt vielleicht noch dieser eine spezielle Moment, aber der kann jetzt gegen England kommen. Wenn wir da erfolgreich sind, geht nochmal ein Ruck durch diese Truppe, aber auch durch unsere Fans.

England kommt also gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Besser geht es nicht. 25 Jahre nach dem Halbfinale 1996, dem englischen Trainer Gareth Southgate, der damals den entscheidenden Elfmeter verschoss und selbst sagte, dass ihn das zwanzig Jahre verfolgt hat. Da kommt vieles zusammen. Wir haben in Wembley immer gut ausgesehen, haben das letzte Spiel im alten Stadion gewonnen und das erste Aufeinandertreffen im neuen Stadion. Psychologisch sind wir im Vorteil, aber die Engländer schreien ja auch schon laut: "Dieses Mal sind die Deutschen dran." Alles, was zu diesem Spiel gehört, erleben wir jetzt gerade. Ich hoffe, dass es genauso spannend und dramatisch wird. Und Gary Lineker am Ende mit seinem bekannten Spruch recht hat, dass 22 Spieler 90 Minuten dem Ball hinterherlaufen und am Ende Deutschland gewinnt.

Glauben Sie, dass Deutschland gute Chancen auf einen Sieg hat?

Ja, absolut. Weil beide Mannschaften in diesem Turnier noch nicht brilliert haben. Aus den Engländern wird man bisher auch nicht richtig schlau. Sie haben sich sehr schwergetan und Kritik abbekommen für ihre Spielart. Es wird ein sehr ausgeglichenes Spiel, aber ich glaube, dass wir vor allem psychisch stärker sind.

Die deutsche Mannschaft hatte mit Ihnen, Bierhoff, Kuntz und Klinsmann gleich vier Weltklasseangreifer in Ihren Reihen. Jetzt hat Deutschland ein Sturmproblem. Es fehlt einer, der den Ball einfach mal "reinknallt". Was könnte gegen England stattdessen der Schlüssel zum Erfolg sein?

Das ist unser Problem. Aber die Engländer haben das gleiche Problem. Sie haben zwar mit Harry Kane einen Stürmer vorne drin, aber der tut sich gerade sehr schwer. Das Wichtigste wird die Körpersprache sein, dazu dieses Gefühl, dass unsere Mannschaft es noch mehr will als der Gegner. Fußballerisch sind beide für mich auf Augenhöhe.

Leroy Sané hat in der Premier League bei Manchester City gespielt, stand zuletzt aber heftig in der Kritik. Kann er es sein, der den Unterschied macht?

Das wird Jogi Löw entscheiden, ob Sané am Ende der ist, der es richten kann. Aber ich glaube, dass du vor allem Spieler wie Leon Goretzka brauchst, der immer etwas bewirkt hat, wenn er reinkam. Vielleicht auch ein junger Spieler wie Jamal Musiala, der unbekümmert spielt, der mit seinem englischen Background eine besondere Geschichte hat.

Glauben Sie nach einem Sieg gegen England an einen Titelgewinn der deutschen Mannschaft?

Absolut. Ich finde, dass wir in der angenehmeren Hälfte des Turnierzweiges sind. Ohne respektlos zu klingen: Wenn wir England schlagen, spielen wir gegen Schweden oder die Ukraine und treffen danach auf Dänemark oder Tschechien. Das ist machbar. Wenn du als deutsche Mannschaft gegen die spielst, musst du sie schlagen. Und dann stehst du schon im Finale.

Kommen wir zu Ihnen persönlich. Sie sind ja zu Hertha BSC gewechselt. Wie lief Ihr Start bisher?

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Es ist sehr anspruchsvoll. Wir haben schon zwei Transfers getätigt (Suat Serdar und Kevin-Prince Boateng, Anm. d. Red.) und mit Löwen einen Spieler abgegeben. Und auch die nächsten Wochen werden mit Sicherheit sehr anspruchsvoll.

Mit der Verpflichtung von Prince Boateng ist Ihnen ein absoluter Transfer-Coup gelungen. Die Euphorie bei den Hertha-Fans ist deutlich zu spüren. Was erwarten Sie von Prince und was trauen Sie ihm zu?

Ich bin sehr froh, dass es so gekommen und uns dieser Transfer gelungen ist. Prince hatte den Traum, noch einmal für Hertha zu spielen. Ich habe mit ihm sehr gute Erfahrungen in Frankfurt gemacht. Wir kennen uns schon sehr lange, standen bei Hertha noch zusammen auf dem Trainingsplatz. Ich freue mich auf ihn, weil er nicht nur auf dem Feld eine wichtige Rolle übernehmen kann, sondern auch in der Kabine. Er ist ein absolutes Vorbild und kann gerade auch den jungen Spielern, die große Träume haben, viel mitgeben.

Viele Hertha-Fans hoffen nun, dass Sie nach Kevin-Prince auch seinen Bruder Jérôme nach Berlin zurückholen. Ist das realistisch? Dürfen die Fans träumen?

Hoffen dürfen sie auf alles. Man weiß ja nie, was der Transfermarkt am Ende hergibt. Jérôme ist auch einer, der den Berliner Background hat. Aber seine eigenen Wünsche und Vorstellungen bewegen sich in eine andere Richtung, was okay ist, weil er noch einen Tick jünger ist und Möglichkeiten hat, vielleicht nochmal in der Champions League zu spielen bei einem großen Klub. Aber schauen wir doch mal, was das Transferfenster noch so bringt. Der Sommer hat erst begonnen und ist noch verdammt lang.

Das heißt, Sie haben schon einmal lose mit ihm über ein Engagement bei der Hertha gesprochen?

Ich mit ihm persönlich noch nicht, nein. Aber man beobachtet doch, hat Kontakte in verschiedene Richtungen. Man schaut sich die Situation an und irgendwann ist dann vielleicht der Zeitpunkt, wo es passt. Und wenn der Zeitpunkt nicht kommt, dann ist es auch kein Problem. Wir haben sehr gute junge Innenverteidiger in unserem Kader.

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