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FC Bayern in der Krise | Effenberg: Der Milliarden-Kader muss hinterfragt werden


Nach Krisenwochen in München
Demnächst wird abgerechnet

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 20.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Joshua Kimmich: Der Mittelfeldmann des FC Bayern wird auch in diesem Jahr nicht den DFB-Pokal gewinnen.Vergrößern des Bildes
Joshua Kimmich: Der Mittelfeldmann des FC Bayern wird auch in diesem Jahr nicht den DFB-Pokal gewinnen. (Quelle: IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Wunderl)

Auch mit Thomas Tuchel kann der FC Bayern nicht den DFB-Pokal gewinnen. Das wirft einige Fragen auf.

Es liegt eine ereignisreiche und aufschlussreiche Woche hinter uns. Der FC Bayern gewann das Topspiel gegen Borussia Dortmund mit 4:2 und hat damit die Tabellenführung in der Bundesliga zurückerobert.

Das Beste aus Dortmunder Sicht daran war noch das Ergebnis, denn es hätte durchaus auch 7:1 oder 8:2 für Bayern ausgehen können.

Wenn du dann auch in so einem wichtigen Spiel im Pokal gegen RB Leipzig (0:2) überhaupt nicht ablieferst und dermaßen untergehst, finde ich das wirklich bedenklich und erschütternd.

Wie willst du so deutscher Meister werden?

Der BVB hatte eine richtig gute Phase zum Jahresbeginn. Aber das Aus in der Champions League, das Spiel in München und jetzt die Pokalpleite waren empfindliche Rückschläge. Ich frage mich, ob sie sich davon jetzt überhaupt noch einmal erholen werden.

Denn das war nicht das Dortmund, wie ich es von dieser grandiosen Aufholjagd in der Bundesliga zuletzt in Erinnerung hatte.

Von den Führungsspielern habe ich überhaupt nichts gesehen, auch von Marco Reus nicht. Emre Can und Gregor Kobel – mal abgesehen von seinem Patzer in der Allianz Arena – sind die Einzigen, die zuletzt noch ihre Leistung gebracht haben. Wie willst du so deutscher Meister werden? Die Chancen waren noch nie so groß, aber sie verschenken und verspielen gerade alles, weil sie nicht annähernd an ihr Leistungslimit herankommen. In der entscheidenden Phase der Saison, in der wir jetzt nun mal sind, musst du funktionieren. Punkt.

Am 3. Juni wird ihnen das noch mal richtig wehtun

Das gilt genauso für die Bayern. Auch sie sind gegen Freiburg (1:2) rausgeflogen – und so ein Pokalaus darf man nicht unterschätzen.

Zumal es schon das dritte in Folge ist. Mit Hansi Flick scheiterte man in Kiel, unter Julian Nagelsmann mit 0:5 in Gladbach und jetzt auch mit Thomas Tuchel gegen Freiburg. Wenn dir in solchen Spielen die Souveränität fehlt, dann musst du es eben schaffen, sie auch mal schmutzig zu gewinnen – und trotzdem weiterzukommen. Ich habe aber kaum Torchancen der Bayern gesehen, im Spiel nach vorne haben sie fast gar nichts kreiert.

Am 3. Juni wird ihnen das noch mal richtig wehtun, wenn sie die anderen Mannschaften wieder mal in Berlin sehen werden und Bayern München wieder nicht dabei ist.

So ist jetzt mal wieder ein Titel fuscht, nur noch zwei sind zu vergeben. Umso mehr ist der Druck da, in der Meisterschaft und in der Champions League zu liefern.

Es ist eine Niederlage, die du eigentlich nur mit der Champions League wiedergutmachen kannst.

Wir werden die nächsten Antworten bekommen

Gegen Manchester City steht viel auf dem Spiel. Es ist ein Gegner, der – genau wie Bayern – immer den Anspruch hat, den Champions-League-Titel zu gewinnen. Der Druck ist mit dem Pokal-Aus jetzt noch mal größer. Der eine Titel ist weg, der andere wackelt, denn die Meisterschaft ist alles andere als sicher.

Falls man gegen City ausscheiden sollte, wovon ich nach wie vor nicht ausgehe, wird es dabei auch um die Frage des Wie gehen.

Wir werden auf jeden Fall die nächsten Antworten auf das Trainerbeben bei Bayern bekommen. Der Druck liegt in erster Linie bei der Mannschaft, aber zunehmend auch bei den Verantwortlichen. Nach den nächsten Wochen wird da dann auch abgerechnet.

Man muss den Kader des FC Bayern, der fast eine Milliarde Euro wert ist, durchleuchten und hinterfragen, ob die hochgesteckten Ziele damit überhaupt erreicht werden können. Wenn du drei Jahre in Folge den Pokal nicht gewinnst, spricht das nicht dafür.

Die Konstanz, international zwar Leistung abzurufen, und die Inkonstanz, das national nicht zu schaffen, ist für mich ein Rätsel bei diesem Kaderwert.

Wenn Experten sagen, dass das der beste Kader sei, den Bayern jemals hatte, wage ich das zu bezweifeln. Wenn du in der Bundesliga so einen Vorsprung verspielst, im Pokal ausscheidest, gegen Gegner, die du eigentlich schlagen musst.

Die Verantwortlichen müssen viele Dinge hinterfragen, denn es kann nicht sein, dass die Saison für Bayern nach 15 Spielen nach der Winterpause schon quasi beendet sein könnte.

Was passiert denn, wenn Bayern gegen City nicht weiterkommt und dann auch noch die Meisterschaft verspielt? Auszuschließen ist beides nicht, denn Bayern fehlt weiterhin die Konstanz. Damit wären auch extreme finanzielle Einbußen verbunden, in Höhe von 30, 40 Millionen.

Mit dem Trainerwechsel wollten sie diese Inkonstanz abstellen – dieser Plan ist bis jetzt aber nicht aufgegangen.

"Mia san mia"? Das ist eine Entwicklung

Viel diskutiert wurde zuletzt auch "Mia san mia", das Leitmotiv des FC Bayern.

Was heißt denn "Mia san mia"? Die Einzigen, die das für mich verkörpern und zeigen, sind die Fans des FC Bayern, die immer da sind. Das ist dieser Zusammenhalt. Einige sagen, vor 10 oder 15 Jahren wurde das anders interpretiert. Das ist eine Entwicklung. Diese Frage hätten wir vor fünf oder zehn Jahren auch schon stellen können. Auch da gab es schon eine Veränderung.

Du holst Spieler, die dich stärker machen, aber verkaufst eben auch mal welche, so wie zum Beispiel Robert Lewandowski im vergangenen Sommer. Auch ein Philipp Lahm hat irgendwann aufgehört oder ein Bastian Schweinsteiger ist gewechselt. Das gehört dazu.

Heute hat jeder Spieler einen Karriereplan, den er genau verfolgt, das hat sich alles verändert. Das "Mia san mia" wurde in den 70ern, 80ern und 90ern definitiv mehr gelebt.

Durch die gesamte Entwicklung des Fußballs, mit Kommerz, den hohen Gehältern, hat sich das alles aber schon verschoben.

Es gibt auch einen Generationswechsel. Das hat auch mit sozialen Medien zu tun und der Selbstvermarktung, die dort stattfindet. Das allein steht doch schon im krassen Gegensatz zu "Mia san mia".

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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