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Partei "Die Basis" zahlte Sozialabgaben nicht


Vorwürfe bei der "Basis"
Schlamperei: Partei zahlte Sozialabgaben nicht

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 03.05.2023Lesedauer: 4 Min.
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"Basisdemokratische Partei Deutschlands": Die "Basis", hier im Wahlkampf 2021, ging im Juli 2020 hervor aus einer Partei „Widerstand 2020“.Vergrößern des Bildes
"Basisdemokratische Partei Deutschlands": Die "Basis", hier im Wahlkampf 2021, ging im Juli 2020 aus der Partei "Widerstand 2020" hervor. (Quelle: Arnulf Hettrich via www.imago-images.de)

Die Partei "Die Basis" hat einen neuen Vorstand – und der stößt auf Altlasten: Es geht um nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge.

Wenn eine Partei zusammenkommt, die aus der "Querdenker"-Szene entstanden ist und sich "basisdemokratisch" nennt, kann es turbulent werden. Drei Tage dauerte es Anfang April, bis "Die Basis" ihre alte Führung ab- und eine neue gewählt hatte. Auf die wartete allerdings eine unangenehme Überraschung.

Danach jedenfalls klingt die Nachricht, die das neue Führungsteam an die Mitglieder verschickte. Die Doppelspitze Sven Lingreen und Skadi Helmert mit dem Schatzmeister Bernd Bremer habe "unglücklicherweise zur Kenntnis nehmen" müssen, "dass für Angestellte keine Sozialabgaben erbracht wurden und dies erst in der Notlage entdeckt wurde". Worin diese Notlage besteht, präzisierten sie nicht.

In sozialen Netzwerken löste das umgehend Häme aus. Wer als Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge für seine Mitarbeiter zahlt, kann sich damit strafbar machen. Für eine Partei, die sich als "basisdemokratisch" inszeniert, macht sich das besonders schlecht.

"Singuläres Ereignis ohne Tragweite"

Über die Ausmaße verriet die Mitteilung nichts. Die ehemalige Vorsitzende Viviane Fischer spricht allerdings auf Anfrage von t-online von einem "singulären Ereignis ohne jegliche Tragweite". Ist es Nachtreten des neuen Vorstands gegen sie?

Unter Fischer war die Partei auf bis zu 34.000 Mitglieder angewachsen, prominente Personen wie der Mikrobiologe Sucharit Bhakdi und der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg standen an ihrer Seite. Sie hatte sich aber auch öffentlich eine Schlammschlacht mit ihrem Co-Vorsitzenden Reiner Füllmich geliefert, der im November sein Amt abgab. Bei der Neuwahl konnte sie lediglich 47 Stimmen von mehr als 500 wahlberechtigten Mitgliedern erringen. In ihrem Umfeld war danach von Wahlanfechtung die Rede.

Der Vorgang, den der neue Vorstand öffentlich gemacht hat, fällt in ihre Zeit als Vorsitzende und hängt mit einem Rücktritt zusammen: Im November hatte die Schatzmeisterin gemeinsam mit Füllmich ihren Posten hingeworfen und die Personalangelegenheiten noch bis Ende Dezember geregelt. Ab Januar kam es dann zu einer "fehlerhaften Abrechnung", wie Fischer sagt: Es wurden keine Lohnabrechnungen mehr erstellt. Dazu sei es durch einen Krankenkassenwechsel gekommen, es gehe nur um zwei Angestellte in der IT.

Fischer gibt zudem dem neuen Bundesschatzmeister Bremer eine Mitschuld, weil dieser nach dem Rücktritt die vakante Aufgabe mit dem kommissarischen Schatzmeister übernommen habe. Bremer und seine zwei Vorstandskollegen sehen das anders: "Für alles vor dem 1. April 2023 war allein der bisherige Vorstand verantwortlich, also letztlich Viviane Fischer als Vorsitzende."

Keine Anzeige gegen alten Vorstand

Der neue Vorstand sei sich "der Verantwortung gegenüber unseren Angestellten bewusst", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Lingreen, Helmert und Bremer: "Durch sofortiges Handeln nach Bekanntwerden von Versäumnissen konnte das Thema der Sozialversicherungsmeldungen und der Zahlungen bereinigt werden." Nun seien Klärung mit der Krankenkasse, die Auszahlung ausstehender Beiträge sowie die Nachmeldung an die Sozialversicherung erfolgt, die Lohnabrechnung werde kompetent wahrgenommen. Schritte gegen den alten Vorstand wolle man nicht einleiten: "Mit Erledigung dieser Versäumnisse sehen wir keinen Anlass, eine Anzeige zu erstatten."

Ungereimtheiten gab es nach t-online-Informationen auch im Rechenschaftsbericht, den Parteien dem Bundestag vorlegen müssen. Fischer erklärt, dass der Bundestag "einige Darstellungsungenauigkeiten" bemängelt habe – und macht dafür ebenfalls unter anderem den neuen Schatzmeister Bremer verantwortlich. In seiner Funktion als Berliner Landesschatzmeister habe er dem Bundesvorstand zugearbeitet. Vom neuen Vorstand heißt es dazu, Bremer sei nur auf entsprechende Bitte hinzugestoßen, weil klar geworden sei, dass der damalige Vorstand den Rechenschaftsbericht allein gar nicht mehr hinbekommen könne. Bei der entsprechenden Sitzung sei Fischer nicht anwesend gewesen, so Bremer.*

Die neue Parteiführung spricht insgesamt von "Baustellen", die der alte Vorstand hinterlassen habe. Art und Umfang der Altlasten seien aber überschaubar und würden konsequent aufgearbeitet. Allerdings sind einige Fragen noch offen. Am 15. April ging eine Liste mit Punkten an die alte Vorsitzende, die für den neuen Vorstand relevant seien. Fischer erklärt, für die Übergabe gebe es nach der Satzung keine Frist. Sie sei Pflicht des gesamten alten Vorstands – mitsamt des im Streit ausgeschiedenen Füllmich-Lagers.

Fischer und der neue Vorstand verfolgen offenbar einen unterschiedlichen Kurs. Die Berliner Rechtsanwältin, die bis zum Streit um Gelder mit Füllmich Gastgeberin eines Videoforums namens "Corona-Ausschuss" war, will auch nach ihrer Abwahl sicherstellen, dass in der "Basis" Maßnahmenkritik angemessen vertreten wird. Sie sagte t-online, einige wollten die Partei um jeden Preis "anschlussfähig" ans Parlament machen, das Prinzip der Basisdemokratie werde aufgeweicht.

Neue Führung hofft auf Mandat im Europaparlament

Die neue Parteispitze scheint zumindest realistischer an die Arbeit gegangen zu sein. Während die "Basis" den damaligen Vorsitzenden Rainer Füllmich noch als "Kanzlerkandidaten" bei der Bundestagswahl 2021 präsentiert hatte (Ergebnis: 1,4 Prozent), spricht der aktuelle Vorstand von Chancen bei der Europawahl: Angesichts der niedrigen Hürden könne es gelingen, einzelne Abgeordnete zu stellen. Bei der Wahl 2019 reichten den "Piraten" und "Volt" jeweils 0,7 Prozent für ein Mandat.

Bis dahin gibt es im "Basis"-Vorstand jedoch dringendere Aufgaben: Bei der Wahl in Bremen die Partei sichtbarer machen – und bei einem außerordentlichen Parteitag erst einmal die noch offenen Posten besetzen.

*Die Erklärung von Bremer wurde nachträglich ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Anfragen an Vorstand und Viviana Fischer
  • 2020news.de: Full Spectrum Transparency (Komplette Antwort Viviane Fischer, archiviert)
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