t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeWirtschaft & FinanzenAktuellesImmobilien

Wohnungen teuer und zu klein - Gutachter: Viele Familien verlassen die Städte


Wohnungen teuer und zu klein
Gutachter: Viele Familien verlassen die Städte

Von dpa
15.02.2022Lesedauer: 3 Min.
Hohe Mieten und zu kleine Wohnungen: Viele Familien verlassen die Großstädte und ziehen aufs Land.Vergrößern des BildesHohe Mieten und zu kleine Wohnungen: Viele Familien verlassen die Großstädte und ziehen aufs Land. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa./dpa)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Berlin (dpa) - Zwei Zimmer, Küche, Bad, mit Nachwuchs und dem
Homeoffice auf dem Küchentisch - das Zuwenig an Quadratmetern in den
Großstädten wird vielen jungen Familien nach Expertenangaben zu viel.
Sie kündigen ihre engen Wohnungen und ziehen in die Vororte oder aufs
Land.

"Die Familien verlassen mit wehenden Fahnen diese Städte",
sagte Mitautor Harald Simons am Dienstag bei der Vorstellung eines
Marktgutachtens des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA). In den
größten Städten würden heute vor allem "kleine Schuhschachteln"
gebaut, kaum noch bezahlbare große Familienwohnungen.

Die Mieten steigen nach dem Gutachten weiter. Im Schnitt verlangten
Vermieter bei Neuverträgen 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. In
Landkreisen sei der Anstieg inzwischen stärker als in den
Großstädten. "Der Trend zur "neuen Landlust" hat sich bestätigt",
heißt es im Gutachten.

Immobilienpreise legen weiter zu

Deutlich stärker als die Mieten legten bundesweit die Preise zu.
Eigentumswohnungen wurden 14,3 Prozent teurer angeboten als ein Jahr
zuvor. "Die nochmaligen Anstiege und das enorme Niveau der Kaufpreise
sind sowohl überraschend als auch durchaus beängstigend", so die
Gutachter.

Zuletzt hatte es Warnungen vor spekulativen Übertreibungen in
bestimmten Städten gegeben. Ob es eine Immobilienblase gebe und wann
sie platze, dazu wollte sich Mitautor Lars Feld nicht festlegen. Der
Ökonom sagte: "Wenn die Zinsen nach oben gehen, wird es eine
Korrektur geben."

Damit die Mieten und Kaufpreise nicht mehr so stark steigen, sollen
nach dem Willen der Bundesregierung bundesweit 400.000 neue Wohnungen
pro Jahr entstehen. "Wir wollen sie erreichen, wir müssen sie
erreichen", bekräftigte Baustaatssekretär Sören Bartol (SPD) das
Ziel. Er wolle das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen mit Bund,
Ländern, Kommunen, Wohnungs- und Bauwirtschaft, Mieterbund,
Gewerkschaften stärker mit Leben erfüllen.

Lange Bauzeiten und weniger Planungssicherheit

Nach demGutachtendürften 2021 etwa 315.000 Wohnungen fertig
gestellt worden sein, rund 9000 mehr als im Vorjahr. Wegen der langen
Bauzeiten könnten 400.000 erst in der nächsten Wahlperiode nach 2025
erreicht werden, sagte Simons. ZIA-Präsident Andreas Mattner sieht
das Ziel in weite Ferne gerückt. Er führte das auf den Stopp eines
Förderprogramms für Gebäudesanierung im Januar zurück.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bisherige
KfW-Programme wegen der hohen Nachfrage überraschend gestoppt.
Gestellte Anträge sollten nicht mehr bewilligt werden. Schließlich
hieß es, dass vor dem 24. Januar eingegangene Anträge doch nach den
bisher geltenden Kriterien bearbeitet werden, neue Anträge aber nicht
mehr möglich seien.

Wohnungsunternehmen fordern inzwischen Schadenersatz. Durch das Hin
und Her sei bei den Mitgliedern des Verbandes Norddeutscher
Wohnungsunternehmen der Bau von mehr 2000 bezahlbaren
Wohnungen bedroht, sagte ein Sprecher am Montag. Die Unternehmen
hätten rund 52 Millionen Euro an Förderzuschüssen verloren, die
für weit fortgeschrittene Projekte eingeplant gewesen seien. Der
Verband habe den Firmen Schadensersatzklagen nahegelegt. Ähnlich
äußerten sich der bayerische Wohnungswirtschaftsverband VdW und der
Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW).

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW)
nannte am Wochenende die Zahl von fast 150.000 Wohnungen, die allein
bei den sozial orientierten Wohnungsunternehmen nicht wie geplant
gebaut werden können. Der Immobilienexperte Simons geht von etwa
50.000 betroffenen Wohnungen aus.

Der Deutsche Mieterbund zeigte sich alarmiert. Viele Bauprojekte
seien von Planungssicherheit und Fördermittelausstattung abhängig,
hieß es am Montag. "Deswegen muss die Bundesregierung jetzt schnell
ihre Hausaufgaben machen und sowohl die Mittel für klimafreundliches
Bauen und Sanieren durch die KfW als auch die Förderung des sozialen
Wohnungsbaus deutlich erhöhen und langfristig ausgestalten."

Zu wenig Platz für Familien

Viele Mieterinnen und Mieter seien von ihren Wohnkosten überlastet,
stellte der Mieterbund heraus. Zugleich stagniere der Wohnungsneubau
und schaffe keine Entlastung für die extrem angespannten städtischen
Wohnungsmärkte. Etwa zwei Millionen Wohnungen fehlten, vor allem in
den Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten, hieß es.

Die Hälfte der ärmeren, mindestens vierköpfigen Mieterfamilien wohnt
lauft Simons auf weniger als 80 Quadratmetern. Er sprach von einer
dramatischen Situation. In den sieben größten Städten hätten vor 15
bis 20 Jahren noch 60 bis 80 Prozent der Neubauwohnungen vier oder
mehr Räume gehabt. Nun seien es 20 bis 40 Prozent. Viele der einst
jungen Zuzügler hätten nun aber Familie und bräuchten Platz.

Immer mehr Familien zögen deshalb ins Umland, erklärte Simons. Damit
wiederholt sich eine Entwicklung, die westdeutsche Städte schon in
den 60er und 70er Jahre nahmen. Simons erinnerte daran. Städte
könnten auch schrumpfen. Ob die größten deutschen Städte vor so einer
Phase stehen, sei aber nicht absehbar.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website