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Drogenbanden in Costa Rica: In beliebtem Urlaubsland lauert zunehmend Gefahr


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Immer mehr Morde im Drogenmilieu
Urlaubsland gerät in den Fokus von Drogenbanden

Gastbeitrag von Evelyn Gaiser, Konrad-Adenauer-Stiftung

Aktualisiert am 29.07.2023Lesedauer: 5 Min.
COSTARICA-DRUGS/Vergrößern des Bildes
Ein Polizist bewacht konfisziertes Kokain: Costa Rica liegt auf der Transitroute für Drogen aus Südamerika nach Europa und in die USA. (Quelle: Juan Carlos Ulate/reuters)
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Costa Rica ist ein beliebtes Urlaubsland, gilt traditionell als sicher. Doch nun steigen die Morde im Drogenmilieu – und damit auch die Sorgen um den Tourismus.

Es ist Reisezeit. Auch die Ferienflieger nach Costa Rica sind wieder voll. Das mittelamerikanische Land ist ein beliebtes Reiseziel für deutsche Urlauber, die auf der Suche nach tropischer Natur und nachhaltigem Tourismus sind. Costa Rica gilt nicht nur als Insel des Friedens und der Sicherheit in einer Region, die für Gewaltexzesse und Drogenkriminalität bekannt ist. Das Land ist auch Vorreiter in Sachen Demokratie, Umwelt- und Klimaschutz und bietet vielfältige Möglichkeiten für nachhaltiges und ökologisches Reisen.

Allerdings bedroht eine wachsende Gewaltspirale den Modellcharakter des Landes. Denn 2022 war das gewalttätigste Jahr in der Geschichte Costa Ricas. Die Zahl der Tötungsdelikte erreichte einen Rekordwert von 656. Damit entspricht die Mordrate 12,6 pro 100.000 Einwohnern und liegt somit zwölf Prozent über dem Vorjahreswert. Im Vergleich dazu verzeichnete Deutschland 2022 eine Mordrate von 0,25.

Es ist zu befürchten, dass es sich beim Anstieg der Gewaltverbrechen um einen längerfristigen Trend handelt, der noch nicht seinen Höhepunkt erreicht hat. In diesem Jahr liegt die Zahl der Tötungen bereits 41 Prozent über dem Vorjahreswert. Was ist der Grund für diese überraschende Entwicklung im zentralamerikanischen Vorzeigeland Costa Rica?

(Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung)

Zur Autorin

Evelyn Gaiser ist seit Januar 2020 die Leiterin des Auslandsbüros Costa Rica der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in San José. Zuvor war sie im Team Asien und Pazifik als Länderreferentin für Indien, Nepal, Sri Lanka, Zentralasien und den Themenbereich Klima und Energie in Asien zuständig.

Maßgeblich Drogenkriminalität verantwortlich

Verantwortlich für die Gewalteskalation ist maßgeblich die Drogenkriminalität, die sich in den vergangenen Jahren stark ausbreiten konnte. 62 Prozent der 2022 verzeichneten Morde sind auf "Abrechnungen" im Drogenmilieu zurückzuführen. Costa Rica liegt auf der Transitroute für Drogen aus Südamerika nach Europa und in die USA. Mit der Lagerung größerer Drogenmengen im Land und der Bezahlung von Kurieren mit Drogen wurden – insbesondere in den vergangenen zehn Jahren – immer mehr illegale Substanzen innerhalb Costa Ricas in den Umlauf gebracht.

Das Aufkommen einer einheimischen Drogenszene und der steigende Kokainkonsum im Land führten schließlich zu Revierkämpfen zwischen Drogenhändlern und den verschiedenen Gruppierungen, denen diese angehören. Costa Rica entwickelte sich somit vom Transitland, das vor allem von mexikanischen Kartellen dominiert wurde, zur Heimstätte einheimischer Drogenbanden.

Die agierenden Kartelle weiten ihre Territorien mit Bandenkriegen sukzessiv aus und waschen ihre Gelder zunehmend in der legalen Wirtschaft. Heute gibt es etwa 300 Organisationen des organisierten Verbrechens in Costa Rica. Zuletzt warnte die costa-ricanische Regierung vor der Bildung eines einheimischen "Megakartells" im Stil der mexikanischen Großkartelle.

Die KAS ist eine der CDU ideell nahestehende Denkfabrik, die sich unter anderem für die europäische Verständigung einsetzt.

Ungleichheit und Perspektivlosigkeit als Treiber der Unsicherheit

Als Ursache für den Anstieg des Drogenhandels werden zum einen die wachsende soziale Ungleichheit und Perspektivlosigkeit gesehen, die insbesondere die von Armut geprägten und strukturschwachen Regionen des Landes auszeichnet. Zum anderen werden Einsparungen bei Sicherheitskräften und Präventionsmaßnahmen als Erklärung für die Gewaltspirale herangezogen.

Ihren Ursprung fand die Drogenkriminalität in Costa Rica vor allem in der Karibikregion Limón, einer der ärmsten und am wenigsten entwickelten Provinzen des Landes. Der dortige Tiefseehafen ist mittlerweile der Ausgangspunkt für den Drogenschmuggel in Containern nach Europa und in die USA und soll die Präsenz der Kartelle in der Region stark begünstigt haben.

Revierkämpfe zwischen Kartellen und lokalen Gruppen

Aber auch in der ärmsten Provinz des Landes, Puntarenas, sind die Kriminalitäts- und Mordraten in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen. Seit 2017 hat sich die Mordrate in der Pazifikprovinz mehr als verdoppelt. Dies steht im Zusammenhang mit Kartellen, die seit 2018 ihre Aktivitäten auf die Pazifikregion ausgeweitet haben und dort Revierkämpfe mit lokalen Gruppen austragen.

Puntarenas liegt an der für den Drogenhandel strategisch wichtigen Pazifikroute gen Norden. Besonders betroffen von der zunehmenden Gewalt sind Bezirke, die von Armut, sozialer Ausgrenzung und fehlenden Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen geprägt sind.

Die Erschließung neuer Einflussgebiete der Drogenbanden von der Karibikküste hat sich auch auf die ländlich geprägte Pazifikregion Guanacaste ausgeweitet, deren Küstenhotels bei US-Reisenden besonders beliebt sind. Zwischen 2021 und 2022 hat sich die Anzahl der Tötungsdelikte dort nahezu verdoppelt.

US-Botschaft spricht Sicherheitswarnung aus

Doch die Bandenkriege beschränken sich längst nicht mehr auf die abgelegenen Küstenregionen. Inzwischen gehört auch die Hauptstadtregion zum Einzugsgebiet der Drogenkartelle und so hat sich der geografische Schwerpunkt der Tötungsdelikte 2023 von der Karibikküste auf San José verlagert, was die US-Botschaft im März zu einer Sicherheitswarnung für die Hauptstadt veranlasste. Was setzt die costa-ricanische Regierung diesem Phänomen entgegen und inwieweit könnten auch deutsche Urlauber von dieser Entwicklung betroffen sein?

In der Tat sind die Gewalt und die Zunahme von Tötungsdelikten inzwischen auch in Gegenden zu beobachten, die deutsche Touristen gerne besuchen. Organisierte Drogenbanden konkurrieren insbesondere um diese Orte, da internationale Touristen in der Regel höhere Preise für Drogen zahlen als einheimische Konsumenten.

Tourismusverbände zeigen sich besorgt angesichts möglicher Stornierungen und fordern ein geschlossenes Vorgehen aller Akteure gegen die organisierte Kriminalität. Bisher scheinen sich internationale Besucher jedoch nicht abschrecken zu lassen, im ersten Halbjahr 2023 stiegen die Touristenzahlen erstmals wieder auf das Niveau von vor der Pandemie.

Regierung verstärkt Kampf gegen Gewalt

Die costa-ricanische Regierung ist sich des Ernstes der Lage bewusst und hat einige wichtige Maßnahmen ergriffen, um die grassierende Gewalt einzudämmen. Mit der Auswechslung des Ministers für öffentliche Sicherheit wurde ein wichtiges Zeichen gesetzt und neue Dynamik in den Kampf gegen die Gewalt gebracht.

Neuer Amtsinhaber ist Mario Zamora, der bereits in der Regierung von Laura Chinchilla von 2011 bis 2014 Minister für öffentliche Sicherheit war und in dieser Zeit die Mordrate von 12 auf 8,8 senken konnte. Die Regierung Chinchilla stand für ein Modell der Kriminalitätsbekämpfung, das neben repressiven Maßnahmen stark auf Prävention setzte. Zamora setzt nun die Operation Costa Rica Segura Plus um, die eine personelle Aufstockung der Sicherheitskräfte und Einsatzkommandos rund um die Uhr vorsieht. In diesem Rahmen wurden in den vergangenen drei Monaten weit über 2.000 Personen festgenommen.

Positiv könnte sich auch die Installation neuer Scanner im Tiefseehafen von Limón auswirken. Damit sind die costa-ricanischen Sicherheitskräfte nun in der Lage, 100 Prozent der dort ein- und ausgehenden Container zu durchleuchten. Bereits zwei Tage nach Inbetriebnahme konnten so 900 Kilogramm Kokain beschlagnahmt werden, die nach Belgien geschmuggelt werden sollten.

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Die costa-ricanische Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 an allen Grenzübergängen entsprechende Warenscanner zu installieren. Dies dürfte die agierenden Drogenkartelle vor erhebliche logistische Herausforderungen stellen.

Nachwuchs aus Pool der perspektivlosen Jugendlichen

Aufatmen kann das Land aber noch lange nicht. Noch immer steigt die Zahl der Tötungsdelikte und es dürfte noch einige Zeit ins Land gehen, bis die ergriffenen Maßnahmen Wirkung zeigen. In der Zwischenzeit wird auch die organisierte Kriminalität nicht ruhen und sich alternative Transportwege und neue Geschäftsfelder erschließen. Solange die sozialen Missstände im Land nicht behoben sind, wird es zudem für die Kartelle ein Leichtes sein, Nachwuchs aus dem Pool der perspektivlosen Jugendlichen zu rekrutieren.

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass das organisierte Verbrechen bereits in einige staatliche Institutionen eingedrungen ist, bzw. eindringt, was die staatlichen Bemühungen im Kampf gegen die organisierte Drogenkriminalität nachhaltig beeinträchtigen könnte. Es liegt nun an der Regierung, nicht nur die Sicherheitskräfte weiter zu stärken, sondern auch Lösungen für die sozialen Herausforderungen und Perspektiven für junge Menschen zu schaffen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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