Polen rüstet auf Wo das Geld herkommt, interessiert kaum

Fünf deutsche Kampfflugzeuge werden vorübergehend nach Polen verlegt. In dem Land ist die militärische Aufrüstung schon längst weiter fortgeschritten.
Fünf deutsche Kampfflugzeuge starten ab heute nicht mehr von deutschem, sondern von polnischem Boden. Die Kampfjets des Typs Eurofighter sind vorübergehend auf den Militärflugplatz Minsk Mazowiecki östlich von Warschau verlegt worden, sagte ein Sprecher der Luftwaffe am Dienstag.
Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet. Die deutsche Luftwaffe stelle demnach mit der Verlegung eine "Alarmrotte" zur Verfügung. Die Kampfflugzeuge sind als schnelle Eingreiftruppe darauf ausgelegt, auf mögliche Luftraumverletzungen schnell reagieren zu können.
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Zu den konkreten Gründen der Verlegung machte das deutsche Verteidigungsministerium keine Angaben. Der Zeitpunkt dürfte aber nicht zufällig gewählt sein: Im September beginnt das russisch-belarussische Militärmanöver "Sapad 2025" (russisch für "Westen"), das von vielen Militärexperten mit Spannung erwartet wird. Denn 2021 diente die Übung als Vorbereitung für die russische Invasion der Ukraine. 2025 gibt es Befürchtungen, dass das Manöver einen möglichen russischen Angriff auf Nato-Gebiet vorbereiten oder vielleicht sogar beinhalten könnte.
Sollte es tatsächlich zu einer Attacke durch "Sapad" kommen, wäre Polen als direkter Nachbar von Belarus militärisch besonders gefordert. Deshalb hat der Staat allerdings schon umfassende Vorkehrungen getroffen: Sowohl an der Ostgrenze als auch beim Militär betreibt das Land einen enormen Aufwand, um für einen russischen Angriff gewappnet zu sein.
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Militärisch kauft Polen seit Jahren groß ein. Das Land gibt aktuell mehr als vier Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für sein Militär aus und liegt damit unter allen Nato-Staaten momentan mit Abstand an der Spitze. Erst am vergangenen Freitag sprach Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz davon, dass aktuell "Panzerwoche" sei. Zuvor hatte Polen mit dem südkoreanischen Hersteller HRC einen Kaufvertrag unterzeichnet, der unter anderem 180 Kampfpanzer des Typs K2 enthielt. Die Fahrzeuge sollen bis 2030 einsatzbereit sein.
Zum Vergleich: Die Bundeswehr besitzt aktuell mehr als 300 Leopard-Kampfpanzer. Die Planungen Polens gehen aber über die genannten Zahlen noch weit hinaus. In den vergangenen Jahren hatte die Regierung in Warschau umfangreiche Kaufverträge nicht nur mit südkoreanischen, sondern auch amerikanischen Rüstungskonzernen abgeschlossen. Die Verträge umfassen insgesamt mehr als 1.300 Kampfpanzer, mehr als 70 Kampfflugzeuge und mehr als 670 neue Haubitzen.
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Gänzlich unproblematisch sind die üppigen Anschaffungen nicht: Sie werden mittelfristig dazu führen, dass Polen vergleichbare Systeme aus unterschiedlichen Ländern nutzen wird. Bei Kampfpanzern wird das Land etwa nicht nur den südkoreanischen K2, sondern auch den amerikanischen Abrams und den deutschen Leopard besitzen, die allesamt unterschiedlich bedient und gewartet werden.
Gleichzeitig werfen die enormen Kosten auch immer wieder Fragen auf, ob die Aufrüstung mit dem polnischen Haushalt mittelfristig finanzierbar ist. Der Aufschrei innerhalb der polnischen Bevölkerung ist bislang allerdings ausgeblieben. Gesellschaftsübergreifend herrscht große Einigkeit, dass der eingeschlagene Kurs der richtige ist: Weder die nationalkonservative PiS noch die aktuell regierende Bürgerplattform von Ministerpräsident Donald Tusk stellen infrage, dass Polens größte Bedrohung aktuell von Russland ausgeht.
Um die Masse an schwerem Gerät bedienen zu können, ist auch eine entsprechende Vergrößerung des Militärs nötig. Als Ziel hatte die vorherige Regierung 300.000 aktive Soldaten bis 2035 ausgegeben. Davon ist das polnische Militär noch weit entfernt. Aktuell sind dort rund 164.000 Soldaten aktiv im Dienst, hinzu kommen etwa 37.500 Reservisten. Allerdings konnte die Zahl der aktiven Soldaten zuletzt innerhalb eines Jahres um etwa 60.000 erhöht werden. Zum Vergleich: Die Bundeswehr konnte zwischen 2024 und 2025 einen Zuwachs von rund 2.000 Soldaten verzeichnen.
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Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatte im Mai davon gesprochen, dass auch die Ausbildungsmöglichkeiten innerhalb der Armee weiter ausgebaut werden sollen. Ab 2027 will Polen in der Lage sein, jährlich 100.000 Soldaten ausbilden zu können.
Neben dem Militär baut Polen zudem seine Grenzanlagen im Osten aus: Der "Ostschild" soll das Land vor einer möglichen Bedrohung aus Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad schützen. Der Bau begann 2024 und soll 2028 abgeschlossen sein. Die geplanten Anlagen besitzen neben Zäunen und Stacheldraht auch Bunker, Schützengräben und sollen zudem mit Minen gesichert werden. Dafür hatte Warschau im März auch seinen Austritt aus dem Ottawa-Abkommen verkündet, das Besitz, Produktion und Nutzen von Antipersonenminen verbietet.
- Eigene Recherche
- gov.pl: "Umowa podpisana – potężne wzmocnienie wojsk pancernych – 180 czołgów K2 trafi do armii" (Polnisch)
- gov.pl: "Zwiększenie liczebności Wojska Polskiego" (Polnisch)
- soldat-und-technik.de: "Polen will Truppenstärke auf 300.000 erhöhen"
- bild.de: "Vor-Putin-Manöver – Deutschland verlegt Kampfflugzeuge nach Polen" (kostenpflichtig)
- nato.int: "Defence Expenditure of NATO Countries (2014–2024)" (Englisch)
- welt.de: "Rüstung: Darum geht Polen nun in die zweite Phase seiner Aufrüstung" (kostenpflichtig)