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Wahl in Israel: Kopf-an-Kopf-Rennen – Netanjahu droht Niederlage


Spannende Wahl in Israel
Kopf-an-Kopf-Rennen – Netanjahu droht Niederlage

Von dpa, dru, aj

Aktualisiert am 18.09.2019Lesedauer: 4 Min.
Zufriedene Anhänger des Mitte-Bündnis Blau-Weiß in Tel Aviv: Die Partei von Herausforderer Benny Gantz könnte stärkste Kraft in Israel werden.Vergrößern des BildesZufriedene Anhänger des Mitte-Bündnis Blau-Weiß in Tel Aviv: Die Partei von Herausforderer Benny Gantz könnte stärkste Kraft in Israel werden. (Quelle: Oren Ziv/dpa)
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Für Israels Regierungschef Netanjahu geht es bei der Parlamentswahl heute um mehr als sein Amt. Eine erste Prognose sieht ihn gleichauf mit Herausforderer Benny Gantz. Doch ein Patt könnte das Land in eine Krise stürzen.

Bei der wegweisenden Parlamentswahl in Israel zeichnet sich ein knappes Rennen zwischen dem konservativen Regierungschef Benjamin Netanjahu und seinem Herausforderer Benny Gantz ab. Netanjahus Likud kam laut erster TV-Prognosen bei der Wahl am Dienstag auf 31 bis 33 Mandate und Gantz' Mitte-Bündnis Blau-Weiß auf 32 bis 34 Mandate.

Auch beim Blick auf die beiden großen politischen Lager liegt Mitte-Links knapp vorn. Das rechte Lager um Netanjahus konservativen Likud mit der Jamina-Partei von Ex-Justizministerin Ajelet Schaked und den strengreligiösen Parteien kommt auf 54 bis 58 Mandate.

Das Gantz-Lager mit dem Bündnis Blau-Weiß, der Arbeitspartei, der Demokratischen Union und den arabischen Parteien erhielt 54 bis 58 Mandate – was bedeuten würde, dass derzeit kein Lager auf die erforderlichen mindestens 61 von 120 Mandaten im Parlament käme.

Die Vereinigte Arabische Liste wurde mit 11 bis 13 Sitzen drittstärkste Kraft im Parlament. Die rechtsextreme Ozma Jehudit (Jüdische Kraft) scheiterte an der Sperrklausel von 3,25 Prozent.

Die ultrarechte Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) von Netanjahus Rivalen Avigdor Lieberman erhielt acht bis zehn Mandate. Lieberman hatte Netanjahu nach einer Wahl im April seine Unterstützung verweigert. Deshalb war es dem Regierungschef trotz einer Mehrheit des rechts-religiösen Lagers nicht gelungen, erneut eine Regierung zu bilden.

Schicksalswahl für Netanjahu

Ein israelischer TV-Sender hatte nach der Wahl seine Prognose allerdings leicht korrigiert. Das Mitte-Links-Lager lag danach mit 59 von 120 Mandaten vor dem rechten Lager, das den konservativen Regierungschefs Benjamin Netanjahu stützt. Dieses kam auf insgesamt nur 53 Sitze. Netanjahus Likud lag mit 30 Mandaten hinter dem oppositionellen Mitte-Bündnis von Ex-Militärchef Benny Gantz, das 32 Sitze erzielte. Drittstärkste Kraft wurde laut der Prognose die Vereinigte Arabische Liste mit 15 Sitzen. Bei der letzten Parlamentswahl im April lag der Sender 13 mit seiner Prognose am nächsten an dem Endergebnis.

Für eine Regierungsmehrheit sind mindestens 61 von 120 Mandaten im Parlament notwendig. Rechnerisch möglich ist auch eine große Koalition von Likud und Blau-Weiß. Allerdings hatte Netanjahu im Wahlkampf betont, er strebe eine rechts-religiöse Koalition an. Gantz ist dagegen nur zu einer großen Koalition ohne Netanjahu als Regierungschef bereit. Als Grund nennt er die Korruptionsvorwürfe gegen den 69-Jährigen, der seit 2009 Ministerpräsident ist. Nach einer Anhörung im Oktober droht Netanjahu eine Anklage in drei Korruptionsfällen. Mit Unterstützung einer rechts-religiösen Koalition hätte er versuchen können, sich im Parlament Immunität vor Strafverfolgung zu sichern.

Gantz: "Heute stimmen wir für eine Veränderung"

Netanjahu hatte bei der Stimmabgabe in Jerusalem vor einem knappen Ausgang für seine Likud-Partei gewarnt. Er schrieb bei Twitter von einer hohen Wahlbeteiligung in den "Hochburgen der Linken". Likud-Anhänger müssten sofort wählen gehen, "oder wir bekommen eine linke Regierung mit den arabischen Parteien". Auch bei vergangenen Wahlen hatte Netanjahu mit anti-arabischer Stimmungsmache seine Wählerschaft mobilisiert.

Sein Herausforderer Gantz sagte in einem Wahllokal bei Tel Aviv: "Heute stimmen wir für eine Veränderung. Wir werden Hoffnung bringen, alle gemeinsam, ohne Korruption und ohne Extremismus."

Lieberman hatte sich im Wahlkampf für eine große Koalition von Likud, Gantz' Blau-Weiß und seiner eigenen Partei, ohne die strengreligiösen Parteien stark gemacht. Gantz ist dazu aber nur bereit, wenn Netanjahu nicht wieder Regierungschef wird.

Die Wahlbeteiligung war höher als vor einem halben Jahr und lag bis 21.00 Uhr deutscher Zeit nach Angaben des Zentralen Wahlkomitees bei 69,4 Prozent. Das sind 1,5 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl im April zur selben Uhrzeit. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung beim letzten Mal bei rund 68 Prozent.

Facebook blockiert Chatbot auf Netanjahus Profil

Facebook sperrte am Dienstag zeitweise den Chatbot auf dem Profil von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Hintergrund sei das Versenden von Wahlumfragen am Wahltag gewesen, berichteten israelische Medien. Einige Zeit später entschied allerdings der zentrale Wahlausschuss, der Bot – ein automatisiertes Programm – könne weiterarbeiten. Es sei aber verboten, über ihn Wahlumfragen zu veröffentlichen.

Das palästinensische Außenministerium schrieb in einer Mitteilung: "Die israelischen Wahlen sind eine interne israelische Angelegenheit, die aber trotzdem ihren Schatten auf die Chancen zur Lösung des Konfliktes und der Zukunft der Beziehung zwischen dem palästinensischen und dem israelischen Volk werfen." Er verwies dabei auch auf den in Kürze erwarteten US-Friedensplan, den die Palästinenser allerdings schon im Vorfeld ablehnen.

Unabhängig vom Wahlausgang in Israel gilt eine Wiederbelebung des Friedensprozesses in absehbarer Zukunft als unwahrscheinlich. Die linken Parteien, die sich für die Gründung eines Palästinenserstaates neben Israel aussprechen, haben keine Mehrheit.


Rund 6,4 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, die 120 Mitglieder der 22. Knesset in Jerusalem zu bestimmen. Präsident Reuven Rivlin bestimmt nach der Wahl, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Dies ist üblicherweise der Vorsitzende der größten politischen Kraft. Dieser hat dann vier Wochen Zeit, eine Koalition zu bilden, kann aber zwei Wochen Verlängerung beantragen. Mit einer neuen Regierung wird frühestens Ende Oktober gerechnet.

Rivlin sagte nach Angaben der Zeitung "Maariv" angesichts der möglichen Pattsituation: "Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um eine weitere Wahl zu verhindern."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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