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Separatisten verurteilen Ausländer in ukrainischer Armee zum Tod


Zwei Briten und ein Marokkaner
Separatisten verurteilen Ausländer in ukrainischer Armee zum Tod

Von dpa, afp, reuters, lw

Aktualisiert am 09.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Aiden A., Saaudun B. und Shaun P.: Die Soldaten wurden zum Tode verurteilt.Vergrößern des BildesAiden A., Saaudun B. und Shaun P.: Die Soldaten wurden zum Tode verurteilt. (Quelle: SNA/imago-images-bilder)
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Sie kämpften für die Ukraine, auch in Mariupol: Nun hat ein Gericht in Donezk zwei Briten und einen Marokkaner zum Tod verurteilt. Beobachter sprechen von einem "Schauprozess".

Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik (DVR) hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe werde für "alle Verbrechen zusammengenommen" verhängt, heißt es laut der russischen Nachrichtenagentur Tass in der Urteilsbegründung.

Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Briten und einen Marokkaner. Sie können innerhalb eines Monats gegen das Urteil noch Berufung einlegen. Dem britischen Nachrichtensender BBC zufolge wollen alle drei von diesem Recht Gebrauch machen.

"Ihre Schuld gestanden"

Russische Medien teilten zudem mit, dass die drei Männer die Möglichkeit hätten, ein Gnadengesuch an die Führung der prorussischen selbsternannten "Volksrepublik" zu stellen. Werde dies angenommen, könne die Todesstrafe in lebenslange Haft oder 25 Jahre Strafkolonie umgewandelt werden, hieße es.

Der Prozess gegen die drei Männer hatte am Mittwoch unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen. Ihnen werden Handlungen zur gewaltsamen Machtergreifung vorgeworfen. Laut Gericht haben die Angeklagten "ihre Schuld gestanden". Einer der Männer habe zudem "zugegeben, in Terroranschlägen geschult worden zu sein". Der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge hätten die Angeklagten zwar die Verbrechen zugegeben, jedoch zurückgewiesen, sie hätten als "Söldner" gekämpft.

Der Donbass, auch Donezbecken genannt, ist ein großes Steinkohle- und Industriegebiet in der Ostukraine, das an Russland grenzt. Seit April 2014 sind Teile des Donbass Schauplatz des Konflikts zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten. Die von Moskau unterstützten Separatisten riefen in dem Gebiet damals die "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk aus. Im Februar 2022 erkannte Kremlchef Wladimir Putin die Gebiete als unabhängig an – kurz vor der Invasion in die Ukraine. International werden die Regionen nicht anerkannt. Im Zuge des Angriffskrieges gilt die Eroberung des Donbass als Putins wichtigstes Kriegsziel.

Telefonat mit Premier Johnson

Die beiden Briten hatten sich demnach im April in Mariupol ergeben. Die Hafenstadt im Süden der Ukraine war von den russischen Truppen nach wochenlanger Belagerung eingenommen worden. Nach ihrer Gefangennahme hatten die britischen Kämpfer im russischen Staatsfernsehen Großbritanniens Premierminister Boris Johnson aufgerufen, über ihre Freilassung zu verhandeln.

Einer der beiden Briten, Aiden A., stammt der BBC zufolge aus Newark in Nottinghamshire (England) und zog 2018 nach Mykolaiv in die Ukraine. Der heute 28-Jährige sei damals Marinesoldat beim ukrainischen Militär geworden und habe geheiratet. A. soll bereits in Syrien gegen den Islamischen Staat (IS) gekämpft haben.

Der andere Brite, Shaun P., kommt dem Bericht zufolge aus Bedfordshire in England. Nach Angaben seiner Familie soll der 48-Jährige ein "angesehener" Soldat in der britischen Armee gewesen sein, bevor er vor vier Jahren in die Ukraine ging, um dem ukrainischen Militär zu dienen. "Shaun genoss die ukrainische Lebensart und betrachtete die Ukraine während der letzten vier Jahre als seine Wahlheimat. In dieser Zeit lernte er seine ukrainische Frau kennen, die sich sehr für die humanitären Bedürfnisse des Landes einsetzt", hieß es.

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Russland sieht ausländische Kämpfer als Söldner an

Zum marokkanischen Kämpfer Saaudun B. sind kaum Details bekannt. Wo er gefangen genommen wurde, ist nicht eindeutig. Laut Interfax ergab er sich im März in Wolnowacha. Anderen Berichten zufolge soll er wie die beiden Briten im Stahlwerk in Mariupol gefasst worden sein.

Nach dem russischen Einmarsch kämpften alle drei auf der Seite der ukrainischen Armee. Die russische Führung hatte allerdings in der Vergangenheit mehrfach erklärt, Ausländer generell als Söldner zu betrachten. Sie würden nicht als Kombattanten gelten und auf sie würden auch nicht die internationalen Gesetze zum Schutz von Kriegsgefangenen angewendet, drohte jüngst der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow.

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Hinrichtung durch Erschießen

In Russland gilt ein Moratorium auf die Todesstrafe. In den selbsternannten "Volksrepubliken" gilt dieses Moratorium hingegen nicht. Laut Medienberichten könnte die Hinrichtung durch Erschießen vollzogen werden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist es der erste Prozess dieser Art in Donezk. Dem "Guardian" zufolge bezeichneten Beobachter den tagelangen Prozess als "Schauprozess" mit "erfundenen Anschuldigungen", um Kriegsverbrecherprozesse gegen russische Soldaten in Kiew nachzuahmen.

"Dies ist eine sehr sensible und emotionale Zeit für unsere Familie, und wir möchten uns bei allen bedanken, die uns unterstützt haben", sagten Angehörige von Aiden A. dem Bericht zufolge. "Wir arbeiten derzeit mit der ukrainischen Regierung und dem Auswärtigen Amt zusammen, um zu versuchen, Aiden nach Hause zu bringen", so die Familie. Er sei ein sehr beliebter Mann, der sehr vermisst werde. "Wir hoffen, dass er sehr bald freigelassen wird."

Die britische Regierung zeigte sich "zutiefst besorgt" über die Todesurteile gegen die Briten. "Wir haben immer wieder gesagt, dass Kriegsgefangene nicht für politische Zwecke missbraucht werden dürfen", sagte ein Sprecher des Premierministers Boris Johnson laut BBC. Kriegsgefangene hätten nach den Genfer Konventionen Anspruch auf Immunität als Kombattanten und dürften nicht wegen ihrer Teilnahme an Feindseligkeiten belangt werden. Die Regierung arbeite weiter mit den ukrainischen Behörden zusammen, um die Freilassung der britischen Staatsangehörigen zu erreichen. Die britische Außenministerin Liz Truss bezeichnete das Gerichtsurteil als "Scheinurteil ohne jegliche Legitimation".

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