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Angriff auf Israel: Warum die Hamas diesen Zeitpunkt für die Eskalation wählte


Angriff auf Israel
Darauf hat die Hamas gewartet

Von t-online
08.10.2023Lesedauer: 3 Min.
Israel Palestinians Photo GalleryVergrößern des BildesFeuer in Aschkelon nach einem palästinensischen Raketenangriff. (Quelle: Tsafrir Abayov)
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Die Bilder des Angriffs durch die Terrororganisation Hamas auf Israel zeigen besondere Brutalität. Warum sie gerade jetzt angreift, könnte an mehreren Faktoren liegen.

Die islamistische Terrororganisation Hamas hat Israel angegriffen. Insgesamt sollen rund 2.220 Raketen seit Samstagmorgen auf das Land abgefeuert worden sein, das am Samstag das jüdische Fest Simchat Tora feierte. Bewaffnete Hamas-Kämpfer drangen in das Land ein, töteten und entführten Zivilisten. Die israelische Armee und der Geheimdienst schienen überrascht, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trat erst Stunden nach dem Beginn des Angriffs vor die Kameras und verkündete "Wir sind im Krieg". Einen Überblick lesen Sie hier.

Der Zeitpunkt des Angriffs wirkt nicht vollkommen zufällig gewählt. Vor 50 Jahren begann der Jom-Kippur-Krieg, der vom 6. bis zum 25. Oktober 1973 andauerte. Der Krieg begann mit einem Überraschungsangriff auf Israel – damals von Ägypten und Syrien – am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Dieser Jahrestag könnte ein Grund sein, warum die Hamas sich für einen Angriff am Samstag entschieden hat, aber es gibt auch noch weitere Gründe, warum die Terrororganisation nun die brutale Eskalation sucht.

Die Hamas gab als Grund für den Angriff an, mit der Offensive die Al-Aksa-Moschee verteidigen zu wollen. Das ist die drittwichtigste Moschee des Islams, sie steht auf dem Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem. Der Tempelberg ist für Muslime wie auch für Juden heilig – das Recht, dort zu beten, wird aber alleine den Muslimen zugestanden. Dem widersetzten sich einige jüdische Israelis – auch aus der rechten Regierung Israels – zuletzt immer wieder.

Internationale Experten warnen seit Monaten vor Eskalation

So besuchte beispielsweise der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir im Mai den Tempelberg und sagte beim Besuch auf der Anlage, die Muslime als Al-Haram al-Scharif verehren: "Ich freue mich, den Tempelberg in Jerusalem zu besuchen, den wichtigsten Ort für das jüdische Volk." Die Palästinenserbehörde verurteilte den Besuch als gefährliche Provokation. Es war nicht der erste Besuch dieser Art. Auch international gab es Kritik. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die rechte Regierung von Netanjahu greift in den palästinensischen Gebieten regelmäßig hart durch. Die israelischen Einsätze in palästinensischen Gebieten werden meist als "Anti-Terror-Einsätze" dargestellt. Immer wieder wird allerdings Kritik laut, dass Israel bei diesen Einsätzen auch willkürlich Zivilisten tötet. Zudem treibt die rechte Regierung von Netanjahu den Siedlungsbau im Westjordanland trotz internationaler Kritik weiter voran. Von den Vereinten Nationen werden die Siedlungen, die von israelischen Streitkräften bewacht und verteidigt werden, als illegal eingestuft. Palästinensische Behörden und die Terrororganisation Hamas sehen dieses Verhalten als Provokation. Internationale Experten warnen seit Längerem, dass aus diesen Gründen eine Eskalation des Konflikts drohen könnte.

Der Angriff der Terrororganisation Hamas findet zudem inmitten einer Zeit statt, in der Israel innenpolitisch geschwächt ist. Netanjahu steht in einem Konflikt mit weiten Teilen der israelischen Gesellschaft. Seine Umstrukturierung der israelischen Justiz, durch die der Oberste Gerichtshof des Landes nicht mehr in der Lage wäre, Entscheidungen der Regierung zu kippen, lösen regelmäßig landesweite Proteste aus.

Israelischer Geheimdienst bekam offenbar nichts mit

Die Spaltung des Landes ist massiv, zahlreiche Reservisten hatten angekündigt, ihren Dienst zu verweigern. Darin sah Israel-Experte Richard C. Schneider in einem Interview mit t-online im Juli eine große Gefahr. "Ohne die Reservisten nimmt die Wehrfähigkeit des Staates rapide ab. Das wissen alle", erklärte Schneider vor einigen Monaten. Die Hamas könnte diese innere Schwäche Israels für einen Angriff ausgenutzt haben. Warnungen, dass die Lage eskalieren könnte, gab es hingegen schon länger. Der Zeitpunkt dieser nun erfolgten Eskalation wirkt nicht zufällig.

Offen bleibt bisher die Frage, warum der israelische Geheimdienst offenbar nichts von den Plänen der Hamas mitbekommen hat. Die Überwachung der palästinensischen Gesellschaft durch Israel gilt als hoch entwickelt und äußerst invasiv. Israels Überwachungstechnologie gehört zu den fortschrittlichsten der Welt. Besonders die Überwachung der Hamas ist eine der wichtigsten Aufgaben des israelischen Sicherheitsapparats. Im Fall des aktuellen Angriffs hat dieser aber wohl nicht funktioniert.

Innerhalb weniger Stunden durchbrachen am Samstag Dutzende militante Hamas-Anhänger aus dem Gazastreifen den Grenzzaun im Süden Israels und überraschten lokale Militärstellungen. Bewaffnete Männer entführten und ermordeten Israelis in den südlichen Grenzgemeinden und filmten ihren Vormarsch an zahlreichen Orten. Sowohl bei den Angriffen der Hamas auf Israel als auch bei der militärischen Reaktion Israels auf die Hamas-Attacke sind bisher Hunderte Menschen getötet worden. Mehr zu den aktuellen Entwicklungen lesen Sie im Newsblog.

Verwendete Quellen
  • theguardian.com: "Hamas’s murderous attack will be remembered as Israeli intelligence failure for the ages" (englisch)
  • spiegel.de: "Warum greift die Hamas genau jetzt Israel an?" (kostenpflichtig)
  • tagesschau.de: "Israel will Siedlungen weiter ausbauen"
  • Eigene Recherche
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