Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kolumne "Russendisko" Trumps Hassobjekt ist unscheinbar

Für den Kriegsherrn Wladimir Putin hat Donald Trump reichlich Verständnis, bei Papierstrohhalmen reißt dem US-Präsidenten allerdings der Geduldsfaden, meint Wladimir Kaminer.
Nachrichten aus Amerika muten an wie schlechtes Provinztheater, ausrangierte Schauspieler torkeln auf der Bühne und geben mit künstlichen Stimmen "Kabale und Liebe" in einfacher Sprache zum Besten: eine geheime Liebesbeziehung zwischen dem Amerikaner und dem Russen, die sie nicht öffentlich preisgeben dürfen. Die Zuschauer fragen sich derweil: Warum schauen sie sich das überhaupt an?
Doch die politische Theater-Administration hat vorsorglich die Türen von außen verschlossen. Wir sind dem Theater ausgeliefert und müssen es bis zum Ende ertragen, warten, bis Luischen ihre vergiftete Limonade endlich trinkt. Hundert Tage des neuen alten amerikanischen Präsidenten im Amt werden gerade in allen Ländern der Welt kontrovers diskutiert und besprochen. Waren sie ein Erfolg oder ein Fehlschlag? Ist Amerika mit dem MAGA-Projekt zumindest in Trumps Augen "greater" geworden?

Zur Person
Wladimir Kaminer ist Schriftsteller und Kolumnist. Er wurde 1967 in Moskau geboren und lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Zu seinen bekanntesten Werken gehört "Russendisko". Sein neuestes Buch "Mahlzeit! Geschichten von Europas Tischen" erschien am 28. August 2024.
In Europa würde ein ähnliches Projekt MEGA heißen: "Make Europe Great Again". Leider ist diese Abkürzung hier bereits besetzt, "MEGA" steht im Deutschen für Marx-Engels-Gesamtausgabe, sie wird im Online-Buchhandel in digitaler Form für 444,00 Euroangeboten. Aber zurück zu Trump. Seine 100 Tage sind nicht eindeutig zu bewerten. Viele Projekte sind ins Wasser gefallen oder hängen noch in der Luft. Kanada ist noch immer nicht zum amerikanischen Bundesstaat geworden, Grönland macht einen auf toter Käfer und möchte in Vergessenheit geraten. Für den Golfplatz im Gazastreifen hat sich kein einziger Inverstor gemeldet und der Krieg in der Ukraine geht ebenso weiter, das Land will nicht vor den Russen kapitulieren.
Mit den Russen ist aber nicht zu spaßen. Auf eine schwer nachvollziehbare Art hat der große Mann Trump Angst vor dem kleinen Mann Putin, er will ihm nicht wehtun, obwohl er alle Mittel dazu in der Hand hat. Aber nein, Trump spielt auf Putins Seite, er trägt im Namen des russischen Präsidenten merkwürdige Friedensangebote aus Moskau in die Ukraine weiter: Einmal sagte Putin Trump, er sei bereit, auf die ukrainischen Gebiete zu verzichten, die er nicht erobert hat, unter der Voraussetzung, dass die Ukrainer kapitulieren.
Trump und der Strohhalm
Wie kann man auf etwas verzichten, das man nicht hat? Genauso gut könnte Putin auf Liechtenstein oder auf Australien verzichten, die hat er auch nicht. Ein andermal verkündet Trump die frohe Botschaft aus Moskau, sie könnten sich dort vorstellen, der Ukraine nach dem Ende des Krieges eine kleine Armee und eine geringfügige Waffenproduktion zu erlauben. Doch die Ukraine hat schon eine Armee, groß genug, um die Russen seit drei Jahren im Zaum zu halten. Es gibt auch eine eigene Waffenproduktion, die diese Armee unterstützt. Die Ukraine braucht dafür keine Erlaubnis aus dem Kreml.
Die Friedensanstrengungen Trumps sind bis jetzt ins Leere gelaufen. Trump hat aber aus seiner Sicht nicht alles verbockt in 100 Tagen. Bei der Aneignung des Panamakanals ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, so wie bei seinem Kampf für die Schließung der Harvard University. Ein klarer Erfolg seiner Präsidentschaft war dagegen die Abschaffung der nachhaltigen Papierstrohhalme, die sich im Glas nach zwei Minuten auflösten, dann in eine nasse Serviette verwandelten und der Bevölkerung unsäglich auf den Geist gingen.
Das andere Hassobjekt: die befestigten Deckel an den Plastikflaschen, die nicht nur Europäer beinahe um den Verstand bringen. Sie werden vom US-Präsidenten ebenfalls hart bekämpft, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie endgültig abreißen. Und das Wichtigste zuletzt: sein Wahlversprechen, die geheimen Akten der CIA über Kontakte mit Außerirdischen für die Öffentlichkeit freizugeben. Das wurde tatsächlich eingelöst, ein großer Schritt für die Menschheit, jetzt wissen wir Bescheid.
Wir wissen, womit CIA-Agenten jahrzehntelang beschäftigt waren. Sie haben sowjetische Zeitungen studiert und die wichtigsten Artikel ausgeschnitten, zum Beispiel solche, die über Kontakte mit Außerirdischen berichteten. In der Sowjetunion hat man nie ein Geheimnis daraus gemacht. So wurde in der Armeezeitung "Roter Stern" 1975 ein Vorfall beschrieben, bei dem eine Gruppe von KGB-Offizieren unweit vom damaligen Leningrad auf Außerirdische traf, die in Form einer glitschigen Masse aus einem unbekannten Objekt hinausflossen.
Nicht von dieser Welt?
Durch Kontakt mit der glitschigen Masse versteinerten 23 Offiziere der Staatssicherheit und mussten später aus Sicherheitsgründen entsorgt werden. Einer aber überlebte. Das Foto des Glückspilzes wurde in den Archiven der CIA geschwärzt, doch möglich wäre es, dass es sich bei diesem Überlebenden um Putin handelte. Der russische Präsident war damals 23 Jahre alt und als junger KGB-Offizier für Kontakte mit Ausländern zuständig. Es ist auf jeden Fall nicht auszuschließen, dass er beim Einsatz mit den Außerirdischen dabei gewesen sein könnte.
Das würde erklären, warum Trump eine solche Angst vor dem russischen Präsidenten hat. Er glaubt, dass Putin durch den Kontakt mit dem glitschigen Schleim übernatürliche Kräfte entwickelt hat und alle Gedanken des amerikanischen Kollegen lesen kann, noch bevor diese Gedanken in seinem Kopf zu reifen beginnen. Deswegen verbietet sich Trump zu denken, was ihm nicht leicht fällt, denn eigentlich hat er noch einiges vor und viele Präsidententage vor sich.
Es gibt viel zu tun. Wie der verstorbene Papst einmal sagte: "Verschwendet Eure Zeit nicht damit, der Sünde der Trübseligkeit zu verfallen, wo es doch so viele andere Sünden gibt."