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Donald Trump im Konflikt mit Iran: Darum riskiert er seine Wiederwahl


Nach Tötung von Soleimani
Darum riskiert Trump mit dem Iran-Konflikt seine Wiederwahl

dpa, Lena Klimkeit und Jürgen Bätz

Aktualisiert am 04.01.2020Lesedauer: 5 Min.
Riskante Taktik: Die Tötung des iranischen Top-Generals hat das Impeachment-Verfahren gegen Trump aus den Schlagzeilen verdrängt. Doch nun droht Krieg – und Trump womöglich eine Niederlage bei der nächsten Wahl.Vergrößern des BildesRiskante Taktik: Die Tötung des iranischen Top-Generals hat das Impeachment-Verfahren gegen Trump aus den Schlagzeilen verdrängt. Doch nun droht Krieg – und Trump womöglich eine Niederlage bei der nächsten Wahl. (Quelle: Reuters-bilder)
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Nach der Tötung eines Top-Generals drohen den USA ein Krieg mit dem Iran. Damit riskiert Donald Trump seine Wiederwahl. Was steckt also hinter dem Manöver des US-Präsidenten.

Die USA wollen in Wahrheit nur Frieden: So stellt es zumindest Präsident Donald Trump dar, obwohl er die USA mit der Anordnung eines Luftangriffs im Irak gerade an den Rand eines Kriegs manövriert hat. Am Samstag trauerten im Iran und im Irak Tausende um den von US-Kräften getöteten iranischen Top-General Ghassem Soleimani. Danach wird die Wut kommen – der Iran hat bereits "schwere Rache" angekündigt. Trumps Luftangriff hat eine Eskalationsspirale angestoßen, die nur schwer zu stoppen sein dürfte. Einige Experten sprechen vom riskantesten Manöver amerikanischer Nahost-Politik seit dem Einmarsch im Irak 2003 – und das zehn Monate vor der US-Wahl.

Als Wahlkämpfer vertritt Trump schon seit 2016 eine klare Botschaft: Er wolle die endlosen Kriege im Nahen Osten beenden und die US-Soldaten endlich nach Hause bringen. Doch als Präsident hat er immer mehr Truppen in die Region geschickt, um den Iran im Zaum zu halten. Allein diese Woche ordnete er die Verlegung von rund 4.000 zusätzlichen Soldaten an. Obwohl der Republikaner Trump sich gerne als starker Oberkommandierender darstellt, überlässt er die Ankündigung der Entsendung neuer Truppen seinen Ministern: Mit Blick auf die Präsidentenwahl im November scheint er keine leicht im Internet verbreitbaren Videoschnipsel zu wollen, die zeigen, wie er immer mehr Soldaten in den Nahen Osten beordert.

Zum Auftakt des Wahljahres kann Trump eigentlich nichts weniger gebrauchen als einen Krieg mit Nachrichten über gefallene Soldaten und steigende Ölpreise. Doch nach der Tötung Soleimanis in der Nacht zum Freitag droht eine Spirale der Gewalt: Teheran könnte als Vergeltung US-Soldaten oder amerikanische Staatsbürger töten, Trump wäre dann unter Zugzwang, noch härter zurückzuschlagen.


Warum also riskiert Trump ausgerechnet jetzt eine militärische Konfrontation mit dem Iran? Einen Höhepunkt in einem Konflikt, der 2018 seit der einseitigen Aufkündigung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran durch die USA zu immer neuen Spannungen geführt hat?

Kritik an Trumps bisheriger Iran-Politik

Nach Trumps Darstellung arbeitete der nun getötete General Ghassem Soleimani an "finsteren" Anschlagsplänen auf US-Ziele. Entschlossene Maßnahmen wie die Tötung des Generals seien immer mit einem Risiko verbunden, sagt Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O'Brien. Das Risiko sei aber noch größer, wenn keine entschlossenen Maßnahmen ergriffen würden. Ein hoher Regierungsmitarbeiter im US-Außenministerium formuliert es so: "Wir sprechen mit einer Sprache, die das Regime versteht."

Hinter der Tötung von Soleimani, vor der Trumps Vorgänger George W. Bush und Barack Obama zurückgeschreckt sein sollen, dürfte aber noch mehr stecken. Trump sah sich im Iran-Konflikt von manchen Republikanern mit der Kritik konfrontiert, zu nachsichtig zu sein. Iranische Provokationen in der Straße von Hormus blieben unbeantwortet, nach dem Abschuss einer US-Drohne sagte Trump im vergangenen Jahr einen Gegenschlag nach eigener Darstellung in letzter Minute ab. Selbst ein großangelegter Angriff auf Ölanlagen in Saudi-Arabien im September blieb in militärischer Hinsicht ungesühnt, Trumps Regierung verlegte aber nochmals mehr Soldaten in den Nahen Osten.

Die fortlaufende Verschärfung von US-Sanktionen gegen Teheran hat bislang vor allem dazu geführt, dass die Spannungen zwischen den beiden Ländern immer weiter eskalierten. Manche Experten sehen Irans immer aggressivere Haltung sogar als Ergebnis von Trumps Politik. Der Iran habe wegen der durch die Sanktionen ausgelösten Wirtschaftskrise mit dem Rücken zur Wand gestanden und deshalb damit begonnen, um sich zu schlagen – so die Logik.

Tötung von Top-General lenkt vom Impeachment ab

Mit der Tötung Soleimanis hat Trump ein unmissverständliches Zeichen gesendet – und kann sich wenige Monate nach der Tötung des Anführers der Terrormiliz Islamischer Staat, Abu Bakr al-Bagdadi, nun auch mit entschlossenem Handeln gegen den Iran brüsten. "Unter meiner Führung ist Amerikas Politik gegenüber Terroristen eindeutig", die Amerikanern Schaden zufügen wollten, sagt Trump. "Wir werden euch ausfindig machen, wir werden euch auslöschen", droht er. "Die Welt wird ein sichererer Ort ohne diese Monster sein."

Die dramatische Zuspitzung des Iran-Konflikts hat, so zynisch es klingen mag, für den US-Präsidenten noch einen positiven Nebeneffekt: Sie lenkt von der innenpolitischen Gemengelage ab, die Trump in der Heimat erheblich unter Druck setzt. Als dritter Präsident in der Geschichte der USA muss er sich einem Amtsenthebungsverfahren im Senat stellen. An das Impeachment ist dieser Tage nicht zu denken. Auch der festgefahrene Atomstreit mit Nordkorea, der zum Jahreswechsel wieder für Schlagzeilen sorgte, ist in den Hintergrund gerückt.

Der Schlag gegen den Iran treibt in Washington unterdessen einen weiteren Keil zwischen die politischen Lager: Angesichts der ungewissen Konsequenzen des Militärschlags zweifeln die Demokraten an, ob das Vorgehen von Trump als Oberbefehlshaber der Streitkräfte verhältnismäßig war. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, gefordert, Trump müsse den Kongress beteiligen, bevor er militärisch gegen den Iran vorgehe. Dem Vorwurf einiger, das Vorgehen im Irak sei nicht rechtmäßig gewesen, widerspricht das US-Außenministerium.

Der Luftangriff verschärft die Sicherheitslage in der Region nicht nur wegen einer angedrohten Racheaktion des Irans, der im Nahen Osten zahlreiche Möglichkeiten hat, zurückzuschlagen. Er könnte auch die nuklearen Ambitionen des Landes anstacheln: Infolge der einseitigen Aufkündigung des Abkommens durch Trump hatte Teheran zuletzt langsam damit begonnen, sein Atomprogramm wieder hochzufahren.

Iran wird sein Atomprogamm nun intensivieren

Das Atomabkommen – mit dem ein Wettrüsten im Nahen Osten und mögliche US-Militäraktionen dagegen verhindert werden sollten – sei damit wohl endgültig hinfällig, sagt Iran-Experte Ali Vaez der Denkfabrik International Crisis Group. Jetzt dürfte die Führung in Teheran den Weg zur Atombombe beschleunigen wollen, um eine effektive Abschreckung vor weitergehenden US-Angriffen zu haben. Das Abkommen von 2015 sollte verhindern, dass der Iran Atomwaffen entwickelt.

Die jüngste Eskalation und die Verletzung der irakischen Souveränität bergen ein weiteres Risiko: dass der Irak die rund 5.000 US-Soldaten aus dem Land verweisen wird. Das wiederum würde wohl auch einen Abzug aus dem benachbarten Syrien notwendig machen, warnt der Experte William Wechsler von der Denkfabrik Atlantic Council. "Die mögliche Kombination eines US-Abzugs nach dem Zünden eines Streichholzes, das die Region wieder in Flammen aufgehen lässt, würde die langfristigen US-Interessen untergraben", sagt Wechsler.

Selbst wenn die US-Soldaten den Irak verlassen müssten: Einen Ausweg für die Truppen aus der gesamten Region vor dem Ende seiner Präsidentschaft – sei es in einem Jahr oder in fünf Jahren – dürfte sich Trump mit seinem Vorgehen verbaut haben, mutmaßen Beobachter. Ob seine Wähler und Verbündeten den Kurs gutheißen, wird wohl davon abhängen, wie sehr die Lage eskaliert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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