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Eskalation in Jerusalem: Israel seit "zehn Stunden unter Raketenbeschuss"


Tote in Gaza bei Gegenangriffen
Militär: Israel seit "zehn Stunden unter Raketenbeschuss"

Von dpa, dru, pdi, aj

Aktualisiert am 11.05.2021Lesedauer: 4 Min.
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Eskalation in der Region: Raketen fliegen von Gaza nach Israel – der Gegenangriff tötet offenbar ein Führungsmitglied der Hamas. (Quelle: t-online)
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Seit Tagen kommt es in Jerusalem zu schweren Krawallen. Im Fokus steht der Tempelberg. Die islamistische Hamas reagiert mit massivem Raketenbeschuss. Netanjahu stimmt die Israelis auf einen längeren Konflikt ein.

Der aufs Neue eskalierte Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern nimmt immer gefährlichere Ausmaße an. "Seit 18 Uhr feuern Terrorgruppen in Gaza ununterbrochen Raketen auf israelische Zivilisten", erklärte die israelische Armee am Dienstagmorgen über Twitter. "Jetzt ist es 4 Uhr (Ortszeit; 3 Uhr MESZ). Das sind zehn Stunden Raketenbeschuss." Schon vor Mitternacht hatte das Militär von mehr als 150 abgeschossenen Raketen gesprochen, Dutzende davon habe die Raketenabwehr Eisenkuppel abgefangen.

Israels Luftwaffe beschoss nach den andauernden Raketenangriffen aus dem Gazastreifen auch in der Nacht zum Dienstag Ziele in dem Küstengebiet, bei denen angeblich mehrere militante Islamisten gezielt getötet wurden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza kamen bei der jüngsten Eskalation der Gewalt mindestens 22 Palästinenser ums Leben, darunter neun Kinder. 106 Menschen wurden verletzt.

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den militanten Palästinenserorganisationen mit einer harten Reaktion gedroht. Die israelischen Bürger müssten sich darauf einstellen, dass der gegenwärtige Konflikt länger dauern könnte, sagte er.

Die EU und die USA verurteilten die jüngsten Raketenangriffe aus dem Gazastreifen und forderten ein sofortiges Ende der Gewalt in dem abgeschotteten Küstengebiet und im von Israel besetzten Westjordanland. "Auch wenn alle Seiten Schritte zur Deeskalation unternehmen (müssen), hat Israel natürlich das Recht, sein Volk und Territorium vor diesen Angriffen zu schützen", betonte US-Außenminister Antony Blinken.

Hamas: "Botschaft" an den Feind Israel

Nach schweren Zusammenstößen hatten die im Gazastreifen herrschenden Islamisten der Hamas per Ultimatum den Abzug aller Polizisten und Siedler vom Tempelberg sowie aus dem Viertel Scheich Dscharrah in Ostjerusalem gefordert.

Als Israel dem nicht nachkam, begann am Montagabend kurz nach 18 Uhr Ortszeit der Beschuss. Ein Hamas-Sprecher sagte, die Raketen seien eine "Botschaft" an den Feind Israel und eine "Reaktion auf seine Verbrechen und Aggression gegen die heilige Stadt". Zu den Angriffen bekannte sich auch die Gruppe "Islamischer Dschihad".

Parlament und Klagemauer geräumt

Wegen der Raketenangriffe wurde unter anderem in den Städten Beit Schemesch, Aschkelon und Sderot Luftalarm ausgelöst. Das Parlament in Jerusalem wurde geräumt, die Abgeordneten in Schutzräume gebracht. Außerdem seien die Routen der internationalen Flüge vom Flughafen Ben Gurion weiter in Richtung Norden verlegt worden. Man stelle sich auch auf mögliche Raketenangriffe auf den Großraum Tel Aviv ein, berichtete der Sender Kan.

Vom Gazastreifen wurde nach Angaben eines Armeesprechers zudem eine Panzerabwehrwaffe auf zivile Fahrzeuge abgefeuert. Der Sprecher sagte weiter, sechs Raketen seien auch in Richtung Jerusalem abgeschossen worden. Eine habe ein ziviles Haus in einem Vorort getroffen, eine sei abgefangen worden. Die anderen seien in offenem Gelände niedergegangen. Letztmals sei in der Stadt im Sommer 2014 Raketenalarm ausgelöst worden. Am Nachmittag räumte die Polizei auch die Klagemauer in Jerusalem. "Soeben wurde in Jerusalem Alarm ausgelöst", teilte die Polizei am Montagabend mit. Hunderte jüdische Gläubige seien deshalb in Sicherheit gebracht worden.

Zuvor war bereits der für Montag geplante Marsch Tausender Israelis durch die Jerusalemer Altstadt anlässlich des israelischen Feiertags "Jerusalem-Tag" abgesagt worden. "Der Flaggenmarsch ist abgesagt", teilte die veranstaltende Organisation Am Kalavi mit.

Auseinandersetzungen auf dem Tempelberg

Auf dem Tempelberg in Jerusalem war am Montagabend zudem nach neuen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften ein Brand ausgebrochen. Die israelische Polizei teilte mit, er sei offenbar durch Feuerwerkskörper verursacht worden. Ein Sprecher von Netanjahu sprach bei Twitter von unverantwortlichem Verhalten palästinensischer Demonstranten. Ein Video zeigte, wie ein großer Baum in Flammen aufging. Der Brand war auch von der Klagemauer aus zu sehen, wo zahlreiche Israelis weiter den "Jerusalem-Tag" feierten.

Der Tempelberg mit dem Felsendom und der al-Aqsa-Moschee ist für Juden wie Muslime von herausragender Bedeutung. Es ist die drittheiligste Stätte im Islam. Zugleich standen dort früher zwei jüdische Tempel, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde. Die Klagemauer ist ein Überrest jenes zerstörten Tempels und die heiligste Stätte der Juden.

Maas: "Explosive Lage"

UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor einer Eskalationsspirale, verurteilte laut einem Sprecher den Abschuss von Raketen aus dem Gazastreifen "aufs Schärfste" und forderte von Israelis und Palästinensern "maximale Zurückhaltung". Die UN betonten erneut ihre "tiefe Besorgnis" über die mögliche Vertreibung von palästinensischen Familien aus dem Stadtteil Scheich Dscharrah im "besetzten Ostjerusalem". Eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates endete Diplomaten zufolge aufgrund des Widerstands der USA ohne eine gemeinsame Stellungnahme, die die Gewalt verurteilt und Besorgnis über mögliche Vertreibungen ausgedrückt hätte.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas warnte vor einer gefährlichen Zuspitzung des Konflikts "Wir können nur alle Seiten auffordern, in dieser wirklich explosiven Lage zu deeskalieren", sagte der SPD-Politiker am Montag nach Beratungen mit EU-Kollegen in Brüssel. Zu begrüßen sei die Entscheidung, dass der Tempelberg im Zugang beschränkt werden solle, um weitere Provokationen zu verhindern.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hatte sich zuvor für eine deutlich stärkere Reaktion der EU ausgesprochen. "Die Angst besteht, dass die Israelis im Begriff sind, (...) Ostjerusalem zu besetzen und die Palästinenser auch aus Ostjerusalem zu vertreiben", sagte er. Das Thema "Israel/Palästina" müsse wieder ganz oben auf die Tagesordnung der EU gesetzt werden. Die Europäer hätten "auch eine Verpflichtung", sagte er.

Bereiche der Altstadt für Palästinenser gesperrt

Die Lage im Westjordanland und im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems ist seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan angespannt. Viele Palästinenser sind zornig, weil die Polizei Bereiche der Altstadt abgesperrt hatte, um Versammlungen zu verhindern. Zudem drohen einigen palästinensischen Familien im Stadtteil Scheich Dscharrah Wohnungsräumungen durch israelische Behörden.

Israel hatte den Ostteil Jerusalems 1980 annektiert. Die Annexion wird international nicht anerkannt. Israel hat ganz Jerusalem zu seiner "unteilbaren" Hauptstadt erklärt, während die Palästinenser Ostjerusalem zur Hauptstadt ihres eigenen künftigen Staates machen wollen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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