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Ukraine-Krieg: Aus dem Land verjagt, gibt Ex-Präsident nun "väterlichen" Rat


Janukowitsch fordert Kapitulation
Aus der Ukraine verjagt, gibt er nun "väterlichen" Rat


Aktualisiert am 08.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Viktor Janukowitsch bei einem Staatsbesuch in den USA, 2010: Vielleicht wäre er gern wieder Präsident der Ukraine.Vergrößern des Bildes
Viktor Janukowitsch bei einem Staatsbesuch in den USA, 2010: Vielleicht wäre er gern wieder Präsident der Ukraine. (Quelle: Brendan Smialowski/getty-images-bilder)

Will der Kreml tatsächlich den korrupten Janukowitsch wieder als Präsident der Ukraine installieren? Gerüchte erhalten durch einen Brief des ehemaligen Staatschefs neue Nahrung. Doch kaum jemand ist in der Ukraine unbeliebter.

Die Korruption des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch ist in der Ukraine legendär. Als 2014 die landesweiten Proteste entflammten, er zunächst in Kiew auf Demonstranten feuern ließ und dann ins russische Exil floh, erhielten die Bürger plötzlichen und unverschleierten Einblick in das Vermögen, das der kremltreue Janukowitsch auf Kosten des Staates angehäuft hatte.

Er ließ nicht nur eine pompös ausgestattete Luxusresidenz im Norden von Kiew, weitere Villen, Appartements und teure Autos zurück, sondern auch Tausende Dokumente, die unlautere Millionentransfers, Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch bewiesen. Konten in der Schweiz und Österreich wurden eingefroren.

Hochverrat: Zu 13 Jahren Haft verurteilt

Der Gesamtschaden für die Ukraine soll sich laut Schätzungen auf rund 38 Milliarden Euro belaufen. Es ist also nicht nur reine Spekulation, dass sich selbst in russlandfreundlichen Kreisen der ukrainischen Bevölkerung die Meinung über den kurz zuvor geschassten Präsidenten im Nachgang deutlich wandelte. Vermutlich kein Politiker ist unbeliebter in der Ukraine. Von weiten Teilen des Landes wird er als Mörder, Dieb und Verräter gesehen. Andere halten ihn schlicht für korrupt.

Für seine Rolle in der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland hat ihn ein ukrainisches Gericht in Abwesenheit zu 13 Jahren Haft verurteilt. Er soll den Machthaber im Kreml, Wladimir Putin, offiziell zum Einmarsch aufgefordert haben. Der staatliche russische Nachrichtensender Russia Today hatte eine entsprechende schriftliche Bitte veröffentlicht. Es gäbe also guten Grund für Janukowitsch, die Ukraine künftig zu meiden. Deshalb lebte er wohl auch seit Jahren in der Obhut der russischen Behörden, deren Einfluss auf sein Heimatland er einst tatkräftig sicherte.

Friedensabkommen oder Kapitulation?

Nun ist der 71-Jährige inmitten des russischen Angriffskriegs allerdings zurück auf der ukrainischen Bühne. Seit Tagen halten sich hartnäckig Gerüchte, der Kreml habe ihn in die belarussische Hauptstadt Minsk geflogen, um ihn nach erfolgreicher Invasion erneut als Präsidenten zu installieren. Ein entsprechender Bericht der "Ukrainska Pravda" stützte sich auf angebliche Quellen im ukrainischen Geheimdienst. Die Idee erscheint wahnwitzig, überrascht viele angesichts der offenbar zahlreichen Fehlkalkulationen der russischen Führung aber nicht mehr.

Nun werden die Gerüchte weiter angeheizt: Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlichte am Dienstag ein Schreiben, das von Janukowitsch stammen soll. Darin schlägt der ehemalige Staatschef eine "präsidentiellen und sogar ein wenig väterlichen" Ton an. In dem Brief fordert er den zum Nationalhelden avancierten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf, "ein Friedensabkommen um jeden Preis zu erzielen", um das Blutvergießen zu beenden. Zwischen den Zeilen steht: auch um den Preis einer Kapitulation.

Hatte Unterhändler Kontakt zu Janukowitsch?

"Das erwarten die Ukraine, der Donbass und Russland von Ihnen." Auch Kiews Partner im Westen würden einen solchen Schritt begrüßen. "Sie träumen wahrscheinlich davon, ein echter Held zu werden! Aber Heldentum kann nicht vorgetäuscht werden, es geht nicht darum, bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen", heißt es in dem Schreiben weiter. "Es liegt in der Selbstaufopferung, im Sieg über seinen eigenen Stolz und Ehrgeiz, um Menschenleben zu retten."

Zuletzt berichteten ukrainische Medien, der vom Geheimdienst getötete ukrainische Unterhändler Denis Kirejew, der beschuldigt wurde, still mit Russland zu kooperieren, habe in Kontakt zu Teilen von Janukowitschs ehemaliger Regierung gestanden. Dass die ukrainische Regierung also auf Janukowitsch als Ratgeber hört, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Es liegt wohl nahe, dass es sich bei dem Schreiben um Kreml-Propaganda handelt. Kurz zuvor hatte Putin neue Bedingungen für ein Ende der Angriffe aufgestellt, die einer Kapitulation gleichkämen. Der Brief könnte nun dazu dienen, Selenskyj die Verantwortung für weitere Todesopfer zuzuschieben – obwohl es Russland ist, das den Krieg begonnen hat und anhaltend zivile Ziele in Großstädten mit Artillerie beschießt. Dass der Appell Janukowitschs Ansehen in der Ukraine förderlich ist, darf bezweifelt werden.

Ob Janukowitsch dennoch hofft, mithilfe des Kremls wieder in Amt und Würden zu gelangen? Er hätte zumindest ein handfestes Motiv: Noch immer versucht er rechtlich gegen die EU-Sanktionen und damit verbundene Sperrungen seiner Konten vorzugehen. Als aus Minsk eingeflogener, internationaler Friedensvermittler könnten seine Chancen darauf steigen. In seinen alten Palast wird er aber wohl nicht zurückkehren können: Er wurde in ein "Museum der Korruption" umgewandelt.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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