USAID muss Lebensmittel verrotten lassen Sparmaßnahmen haben katastrophale Folgen

Weil USAID seine Tätigkeit einstellt, bleiben viele Lebensmittel in Lagern liegen – und verrotten. Das macht sich insbesondere im Gazastreifen bemerkbar.
Nach der Kürzung der US-Entwicklungshilfe durch Präsident Donald Trump verrotten Insidern zufolge Nahrungsmittelrationen für 3,5 Millionen Menschen in Lagerhäusern weltweit und drohen unbrauchbar zu werden. Wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr, stecken seit Trumps Entscheidung im Januar, Programme für globale Hilfen zu kürzen, die Lebensmittelvorräte in vier US-Lagern im Ausland fest. Besonders gravierend sind die Folgen für den Gazastreifen.
Einige Bestände, deren Haltbarkeit im Juli abläuft, müssen demnach möglicherweise vernichtet werden. Dann müssten die Lebensmittel verbrannt oder als Tierfutter verwendet werden. Die Lagerhäuser werden vom Bureau for Humanitarian Assistance (BHA) der US-Entwicklungshilfeorganisation USAID betrieben. Sie enthalten zwischen 60.000 und 66.000 Tonnen Lebensmittel von US-amerikanischen Landwirten und Herstellern. Eine undatierte Bestandsliste für die Lager in Dschibuti, Südafrika, Dubai und Houston zeigt Waren im Wert von über 98 Millionen Dollar. Darunter befinden sich energiereiche Kekse, Pflanzenöl und angereicherte Getreideprodukte.
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Diese Vorräte könnten über eine Million Menschen drei Monate lang ernähren oder die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens für eineinhalb Monate versorgen. Dies ergab eine Reuters-Analyse auf Basis von Zahlen des Welternährungsprogramms (WFP).
Lage im Gazastreifen ist kritisch
Dabei ist die Ernährungssituation im Gazastreifen ohnehin angespannt. Ein Teil der Bevölkerung ist vom Hungertod bedroht. Israel hatte seit Anfang März alle Hilfslieferungen in die Region blockiert. Erst am Montag sind erstmals wieder Lkw mit Hilfsgütern im Gazastreifen angekommen. Zehntausende fliehen, doch viele können sich das nicht leisten.
Zwar ist USAID nicht direkt im Gazastreifen tätig, hat jedoch seit Kriegsbeginn im Oktober 2023 nach dem Terrorangriff der Hamas rund eine Milliarde Dollar an internationale Hilfsorganisationen vor Ort bereitgestellt – nach Angaben der Vereinten Nationen etwa ein Drittel der gesamten Hilfsmaßnahmen.
Im Rahmen des von den USA vermittelten Waffenstillstandes der Hamas mit Israel hatte die Trump-Regierung Ende Januar noch Hilfszahlungen von 383 Millionen Dollar bewilligt. Die Gelder sind nach Angaben mehrerer Mitarbeiter vor Ort aber offenbar nie angekommen.
Im Vorfeld hatte USAID bereits vor Trumps Amtsantritt 2025 rund 446 Millionen Dollar an Partnerorganisationen im Gazastreifen gezahlt, berichtet die Nachrichtenagentur AP. Nach dem Ausbleiben weiterer Gelder mussten mehrere Organisationen zahlreiche Mitarbeiter entlassen. Das International Medical Corps etwa reduzierte das Programm zur lebensrettenden Behandlung von Unterernährung. Nach Angaben eines ehemaligen Mitarbeiters seien die Ernährungsleistungen auf einem Minimum. Auch die Notaufnahme in den Krankenhäusern sei nicht mehr gewährleistet.
Andere Organisationen haben offenbar bereits Vorräte an medizinischem Material, Nahrungsmitteln zur Behandlung akuter Unterernährung sowie Labor- und medizinischer Ausrüstung für den Transport nach Gaza gekauft, können sich aufgrund der finanziellen Engpässe den Transport dieser Güter jedoch offenbar nicht mehr leisten. Auch das UN-Welternährungsprogramm hatte in der Folge große Schwierigkeiten bei der Versorgung des Gazastreifens.
Kaum noch Mitarbeiter in der Region
Von den über 200 Mitarbeitern des Nahost-Teams der Agentur sind laut "New York Times" nur noch 21 im Amt, um die gesamte Region zu betreuen. Das Team, das jedes Jahr Nothilfelieferungen in Dutzende Krisengebiete weltweit organisiert, darunter auch Gaza, besteht demnach nur noch aus 70 Mitarbeitern. Zuvor waren es mehr als 1.000.
Ein Sprecher des US-Außenministeriums, das USAID beaufsichtigt, erklärte, man arbeite daran, die ununterbrochene Fortsetzung der Hilfsprogramme und deren Verteilung bis Juli im Rahmen des USAID-Stilllegungsprozesses sicherzustellen. "USAID berät sich kontinuierlich mit Partnern darüber, wo die Waren in den USAID-Vorpositionierungslagern vor ihrem Ablaufdatum am besten für Notfallprogramme verteilt werden können", sagte der Sprecher Reuters.
500 Tonnen Kekse vor Vernichtung
Die Trump-Regierung hat zwar Ausnahmegenehmigungen für einige humanitäre Programme erteilt – darunter im Gazastreifen und im Sudan –, doch die Stornierung von Verträgen und das Einfrieren von Geldern zur Bezahlung von Lieferanten, Spediteuren und Auftragnehmern haben dazu geführt, dass Lebensmittelbestände in den vier Lagerhäusern feststecken. Ein Vorschlag, die Bestände an Hilfsorganisationen zu übergeben, die sie verteilen können, liegt auf Eis. Der Plan wartet auf die Genehmigung des Office of Foreign Assistance des Außenministeriums.
Dieses Büro wird von Jeremy Lewin geleitet, einem 28-jährigen ehemaligen Mitarbeiter der von Tech-Milliardär Elon Musk geführten Behörde für Regierungseffizienz (Doge). Er überwacht nun die Stilllegung von USAID. Das Office of Foreign Assistance, Doge und Lewin selbst reagierten nicht auf Anfragen.
Die Haltbarkeit von fast 500 Tonnen energiereicher Kekse, die in einem USAID-Lager in Dubai gelagert werden, läuft im Juli ab. Diese Kekse könnten mindestens 27.000 akut unterernährte Kinder einen Monat lang ernähren. Sie werden nun möglicherweise vernichtet oder zu Tierfutter verarbeitet. In einem durchschnittlichen Jahr werden nur etwa 20 Tonnen Lebensmittel auf diese Weise entsorgt, weil sie während des Transports oder der Lagerung beschädigt wurden.
Ein Teil dieser Bestände war ursprünglich für den Gazastreifen und den auch von einer Hungersnot betroffenen Sudan vorgesehen. Der Sprecher des Außenministeriums antwortete nicht direkt auf Fragen, wie viel der gelagerten Nahrungsmittelhilfe kurz vor dem Ablauf steht und zur Vernichtung vorgesehen ist. Die USAID plant, fast alle ihre Mitarbeiter in zwei Wellen – am 1. Juli und 2. September – zu entlassen, während die Behörde sich auf ihre Schließung vorbereitet. Viele der zentralen Beschäftigten, die für die Verwaltung der Lagerhäuser oder den Transport der Vorräte verantwortlich sind, werden im Juli ausscheiden.
1,9 Millionen Menschen stehen vor Hungersnot
Die USA sind der weltweit größte Geber humanitärer Hilfe. Sie stellen mindestens 38 Prozent aller von den Vereinten Nationen (UN) erfassten Beiträge. Im vergangenen Jahr wurden 61 Milliarden Dollar an Auslandshilfen ausgezahlt, etwas mehr als die Hälfte davon über USAID. Die US-Hilfe umfasst gebrauchsfertige therapeutische Nahrungsmittel wie energiereiche Kekse und Plumpy'Nut, eine Paste auf Erdnussbasis.
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte Ende März, dass die Nahrungsvorräte in 17 Ländern aufgrund von Mittelkürzungen zur Neige gingen. Dies könnte dazu führen, dass 2,4 Millionen Kinder, die an schwerer akuter Unterernährung leiden, für den Rest des Jahres ohne diese wichtigen Vorräte auskommen müssen. Die vier USAID-Lagerhäuser enthalten den Großteil der Lebensmittelvorräte der Behörde. In normalen Zeiten könnten diese schnell an Orte wie den Sudan geliefert werden, wo 25 Millionen Menschen – die Hälfte der Bevölkerung des Landes – unter akutem Hunger leiden.
Die Demontage von USAID und die Kürzung der Nahrungsmittelhilfe durch Trump erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem der weltweite Hunger aufgrund von Konflikten und Klimawandel zunimmt. Dies treibt mehr Menschen in Richtung Hungersnot und macht jahrzehntelange Fortschritte zunichte. Laut dem Welternährungsprogramm sind weltweit 343 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Davon stehen 1,9 Millionen Menschen vor einer Hungersnot, die meisten davon im Gazastreifen und im Sudan, aber auch in Teilen des Südsudan, Haiti und Mali.
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters
- apnews.com: "Aid efforts in Gaza slow as millions of promised USAID dollars do not arrive, agency officials say" (englisch)
- pbs.org: "Humanitarian aid efforts in Gaza slow as hundreds of millions of promised USAID dollars do not arrive" (englisch)
- nytimes.com: "U.S.A.I.D. Turmoil Threatens Key Aid Supplies to Gaza, Officials Say" (englisch)
- abcnews.go.com: "Why shutting down USAID could have major impacts on Gaza aid" (englisch)