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Donald Trump und der Fall Jamal Khashoggi: Freifahrtschein aus dem Weißen Haus


Trump, die Saudis und der Fall Khashoggi
Freifahrtschein aus dem Weißen Haus

Von Fabian Reinbold, Washington

18.10.2018Lesedauer: 4 Min.
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Donald Trump beim Staatsbesuch in Riad (im Mai 2017): "Sie sind ein sehr wichtiger Verbündeter"Vergrößern des Bildes
Donald Trump beim Staatsbesuch in Riad (im Mai 2017): "Sie sind ein sehr wichtiger Verbündeter.". (Quelle: Jonathan Ernst/reuters)

Die Indizien im Fall Jamal Khashoggi belasten die Herrscher in Riad immer stärker. Doch Donald Trump will Saudi-Arabien gewähren lassen – weil er es für eine bestimmte Rolle in seinen Nahost-Plänen braucht.

Donald Trump hat seinen alten Kniff herausgeholt, wie immer, wenn in der Weltpolitik seine Interessen mit unangenehmen Tatsachen über Kreuz liegen. Schon als es um Wladimir Putin und dessen Einflusskampagne im Wahlkampf zugunsten Trumps ging, sagte der US-Präsident bequem, Putin habe das "glaubhaft bestritten".

So ist es nun auch in der Krise um das Verschwinden des saudischen Regimekritikers Jamal Khashoggi. Während sich die Indizien mehren, dass Khashoggi in Istanbul von Leuten des Kronprinzen Mohammed bin Salman gefoltert und umgebracht wurde, sagt Trump nach einem Telefonat mit ihm ganz bequem: Der Kronprinz habe "es komplett dementiert".

In Washington ist die Entrüstung über das Regime in Riad nach den Enthüllungen der vergangenen Tage gewachsen: Trumps Parteifreunde im Kongress rufen nach harten Sanktionen gegen Saudi-Arabien. Unternehmen und Denkfabriken ziehen sich von gemeinsamen Projekten mit Riad zurück. Auf den US-Präsidenten steigt der Druck. Doch zugleich deutet alles darauf hin, dass Trump seine Freunde in Riad davonkommen lässt.

Gute Chancen, davonzukommen

Trumps anfängliche Drohungen mit "schweren Konsequenzen" sind längst anderen Sätzen gewichen. Am Mittwoch sagte er im Weißen Haus über die Saudis dies: "Sie sind ein sehr wichtiger Verbündeter." Bei Khashoggi, der nur wenige Kilometer vom Weißen Haus entfernt im Speckgürtel Washingtons wohnte, betont Trump immer wieder, dass dieser ein saudi-arabischer Staatsbürger gewesen sei.

Was steckt dahinter?

Der Fall zeigt zum einen, wie Trump in der Außenpolitik wirtschaftliche Vorteile und geopolitische Erwägungen betont, aber zu Menschenrechten schweigt. Wer Verbrechen gegen Oppositionelle begeht, hat gute Chancen, davonzukommen, ohne dass es Strafmaßnahmen aus Washington hagelt.

Im Falle Saudi-Arabiens kommen noch Besonderheiten hinzu.

Trumps Privatgeschäfte mit Riad

Zum einen weiß Trump, dass es sich mit dem Königreich ganz hervorragend Geschäfte machen lässt. Schon 2001 kaufte Saudi-Arabien Trump das gesamte 45. Stockwerk im "Trump World Tower" gegenüber des UN-Hauptgebäudes ab, es war der bis dato größte Deal für das Gebäude. Als Trump 2015 seine Präsidentschaftskandidatur nicht weit entfernt im "Trump Tower" verkündete, sagte er sogleich: "Ich liebe die Saudis, viele von ihnen sind in diesem Gebäude." Nach der Wahl geht es auf anderer Ebene weiter: So gaben PR-Firmen im Auftrage Riads bereits mehr als 270.000 Dollar in Trumps Washingtoner Hotel aus. Die Demokraten im Senat fordern jetzt eine Untersuchung der "finanziellen Interessenkonflikte".

Zum Zweiten bemüht Trump in diesen Tagen immer wieder die großen Waffendeals, die die USA mit dem Königreich geschlossen haben. Auch hier wittert der Präsident also große Geschäfte. Seine Botschaft in mehreren TV-Interviews war eindeutig: Wegen eines misslichen Falls wie Jamal Khashoggi wolle man die Geschäfte – und das Wohlergehen amerikanischer Rüstungsfirmen – nicht gefährden.

Hauptziel: Iran

Noch wichtiger ist allerdings die Rolle, die Saudi-Arabien in der Nahost-Politik der Trump-Regierung einnimmt. Schon kurz nach Amtsantritt war klar, dass Trump gemeinsam mit Riad die Isolation Irans vorantreiben wollte. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der Trump in Nahost-Fragen berät, suchte von Anfang an den engen Draht zu Kronprinz Mohammad bin Salman. Dabei ging er so konspirativ vor, dass sogar der eigene Sicherheitsapparat misstrauisch wurde.

Schon Trumps allererste Auslandsreise führte ihn im Mai 2017 ins Königreich, damit machte er der Welt den Wert der Verbindung zu Saudi-Arabien deutlich. Die USA wiederum schauten höflich beiseite bei saudischen Angriffen im Jemen oder bei der versuchten Isolation des Emirats Katar.

Für das Weiße Haus sind das Nebenschauplätze, während auf der großen Bühne die Operation Iran läuft. Trump kündigte dazu etwa das internationale Atomabkommen mit Teheran auf. Wirtschaftlich will er das Regime in die Enge treiben – und dazu braucht es Saudi-Arabien, gerade jetzt, da die Sanktionen gegen Teheran verschärft werden sollen.

Die Sache mit dem Ölpreis

Zum 5. November sollen die harten Strafmaßnahmen gegen all jene greifen, die mit Iran noch Handel betreiben. Wer Geschäfte mit Teheran macht, soll vom Zugang zum US-Markt ausgeschlossen werden. Haupteinnahmequelle Teherans ist Öl, deshalb ist für die Amerikaner besonders wichtig, den Ölexport abzubinden.

Hierzu brauchen sie die Saudis. Denn diese sollen sicherstellen, dass das Öl weiter auf die Märkte sprudelt, wenn dem Iran der Hahn abgedreht wird, ohne dass die Preise weiter steigen. Denn daheim in den USA sorgen die – verhältnismäßig – hohen Spritpreise schon jetzt für Unmut, kurz vor den Kongresswahlen.

Das Weiße Haus lud Journalisten am Dienstag zu einem Hintergrundgespräch, als Thema waren "Sanktionen" angekündigt. Der Termin folgte auf die neuen Hinweise, die türkische Behörden durchsickern ließen und die den Verdacht erhärteten, dass Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul gefoltert und ermordet worden sei.

Doch wer Strafmaßnahmen gegen Riad erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt: Es wurden tatsächlich neue Sanktionen verkündet, nicht jedoch gegen Saudi-Arabien, sondern gegen eine Miliz aus dem Iran.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • "New York Times" zur Rolle Saudi-Arabiens bei Iran-Sanktionen (engl.)
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