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Donald Trump in Tulsa: Er findet keinen Weg raus aus der Defensive


Fehlgeschlagener Wahlkampf-Start
Trumps Woche zum Vergessen


Aktualisiert am 28.06.2020Lesedauer: 4 Min.
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Donald Trump bei der Rückkehr aus Oklahoma: Der Präsident kommt momentan nicht aus der Defensive.Vergrößern des Bildes
Donald Trump bei der Rückkehr aus Oklahoma: Der Präsident kommt momentan nicht aus der Defensive. (Quelle: Patrick Semansky/ap)

Donald Trump sucht den Befreiungsschlag, doch seine Massenveranstaltung in Oklahoma wird zum Rohrkrepierer – und zum Symbol: Der Präsident findet keinen Weg aus der Defensive.

Donald Trump ist, wie einst als Reality-TV-Star nun auch als Präsident, geradezu besessen von Optik und seiner medialen Wirkung – und nach diesen Maßstäben war sein groß inszenierter Wahlkampfneustart am Samstagabend ein kompletter Reinfall.

Nach Wochen in der Defensive wollte Trump den optischen Beweis: Dass er die Hallen füllen kann wie eh und je, dass seine Leute ihn lieben, trotz Corona und sinkender Umfragewerte. Dafür war er auch bereit, bei einer Massenveranstaltung die Gesundheit seiner Anhänger aufs Spiel zu setzen.

Trump und sein Team schraubten die Erwartungen selbst in die Höhe: Eine Million Reservierungen habe es gegeben. Doch sie haben sich verzockt. Die Bilder, die vom Auftritt im erzkonservativen Oklahoma dominieren, sind jene Tausender leerer Sitze in der Halle, die 19.000 Menschen fasst. Eine zweite Rede draußen, wo Trump und Vizepräsident Mike Pence vor überschüssigem Publikum sprechen wollten: Gestrichen mangels Publikum.

Erste Rally seit 110 Tagen

Der Samstagabend in Tulsa wurde für Trump somit zum Tiefpunkt einer Woche zum Vergessen. Seine erste Wahlkampfrally seit 110 Tagen lieferte nicht nur nicht die gewünschte Optik, sie ist nun vielmehr Symbol für die schwierige Lage: Der US-Präsident findet viereinhalb Monate vor der Wahl keinen Weg aus der Defensive.

Die Woche brachte mehrere neue Umfragen – selbst seines Haussenders Fox News – die zeigten, dass sein Rückstand auf Herausforderer Joe Biden weiter ansteigt. Es folgten zwei Urteile des Supreme Court, die deutlich machten, dass auch die konservative Mehrheit am obersten Gericht, die Trump selbst herbeigeführt hat, ihm nicht blindlings folgt. Vom Aufschrei der Öffentlichkeit über die Entlassung des Staatsanwalts in New York, die am späten Freitagabend vollzogen wurde, schien der Präsident ebenfalls überrascht.

Und dann war da noch die Kontroverse um das Enthüllungsbuch seines früheren Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton. Ein Richter verfügte, dass das Werk trotz der Drohungen Trumps und der Klagen des US-Justizministeriums wie geplant am kommenden Dienstag veröffentlicht werden darf.

Seltsame Schwerpunkte zur Coronakrise

Die Inhalte sind ohnehin schon bekannt: Boltons durchgestochene Geschichte, dass Trump Chinas Präsidenten Xi Jinping "angefleht" habe, ihm doch mittels Soja- und Weizenankäufen aus dem Mittleren Westen bei der Wiederwahl zu helfen, wird fortan Teil der Betrachtungen der Trump-Präsidentschaft sein.

Welchen Platz die Rally vom Samstag in diesen Erzählungen einnehmen wird, ist noch offen. Es hängt wohl auch davon ab, welche gesundheitlichen Folgen der Massenveranstaltung ohne Abstandsregeln sich in den kommenden Wochen zeigen werden.

Inhaltlich setzte Trump Schwerpunkte, die nicht so recht zur Dreifachkrise im Land mit Corona, Massenarbeitslosigkeit und anhaltenden Rassismusprotesten passen wollte. Zum Fall George Floyd selbst sagte er nichts, ebenso schwieg er zu den 120.000 Corona-Toten im Lande. Im Gegenteil, Trump zeigte wieder einmal, dass er die Fallzahlen vor allem als politische Belastung empfindet und erklärte, er habe seinen Leuten gesagt, sie sollten das Testen auf Covid-19 bitteschön "verlangsamen".

Frenetischer Applaus fürs Wassertrinken

Ein Scherz, hieß es später aus dem Wahlkampfteam – doch vielen Amerikanern dürfte die Corona-Lage mit dem neuen Anstieg an Fällen in weiten Teilen des Landes dafür ein bisschen zu ernst sein.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Wie besessen Trump von seiner öffentlichen Wahrnehmung ist, verdeutlicht auch diese Episode: Eine Viertelstunde seiner Redezeit nutzte der Präsident dafür, seinen Auftritt vor einer Woche an der Militärakademie West Point nachzuerzählen. Die Bilder, wie er eine flache Rampe nur im Stockschritt hinabgeschritten war und wie er Probleme hatte, ein Wasserglas zu halten, gingen um die Welt.

Trump erzählte das nun in epischer Breite aus seiner Sicht nach ("gleißende Sonne", "rutschige Schuhsohlen", "am Ende lief ich"). Als ihm auf der Bühne in Tulsa nun das Kunststück gelang, ein Wasserglas mit nur einer Hand zum Mund zu führen, erntete er tosenden Applaus.

Ausgetrickst von Teenagern?

Wer vor Ort war, jubelte Trump zu wie in besten Zeiten. Doch für das Kalkül des Präsidenten waren es einfach zu wenige.

Es ist noch unklar, woran es genau lag. Manche Fans blieben wohl eher draußen, weil sie sich doch nicht der Gefahr aussetzen wollten: Die Situation, stundenlang in einer Halle ohne Abstand, aber mit lautem Gebrüll auszuharren, gilt als Horrorszenario unter Gesundheitsexperten.

Zudem gibt es Berichte, nach denen die überwiegend jungen Nutzer der Internetplattform Tiktok sich verabredeten, um gemeinschaftlich Tickets zu blockieren und dann verfallen zu lassen. So wollten sie die Kalkulationen der Kampagne durchkreuzen.

In jedem Fall stehen Trump und sein Wahlkampfmanager Brad Parscale nun blamiert da. Sie hatten weitere Veranstaltungen für die kommenden Wochen angekündigt – in Staaten wie Arizona, Florida, North Carolina und Texas, in denen sich die Corona-Lage verschärft. Nach dem Reinfall von Oklahoma dürften sie ihre Pläne noch einmal überdenken.

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