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Republikaner nach Kapitol-Sturm: Trumps Freunde sind nun Feinde


Der einsame Brandstifter


13.01.2021Lesedauer: 6 Min.
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Nach dem Sturm auf das US-Kapitol verliert Donald Trump immer mehr an Rรผckhalt in der eigenen Partei.VergrรถรŸern des Bildes
Nach dem Sturm auf das US-Kapitol verliert Donald Trump immer mehr an Rรผckhalt in der eigenen Partei. (Quelle: ap-bilder)

Nach dem Sturm auf das Kapitol gehen viele Republikaner auf Distanz zu Donald Trump. Vor dem zweiten Amtsenthebungsverfahren wird es einsam um den US-Prรคsidenten, enge Vertraute wenden sich ab.

Der Schock sitzt immer noch tief. Nachdem der wรผtende Trump-Mob das Kapitol in Washington stรผrmte, das Herz der US-Demokratie, versuchen die Vereinigten Staaten diesen schrecklichen Moment aufzuarbeiten. Seither steht vor allem Donald Trump am Pranger. Der abgewรคhlte US-Prรคsident hat in den vergangenen Jahren die Spaltung des Landes vorangetrieben und wird von Demokraten und Teilen der Republikaner fรผr die Gewalt unmittelbar verantwortlich gemacht.

Deshalb kassierte Trump in der Woche nach dem Kapitol-Sturm zahlreiche Tiefschlรคge. Viele soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook sperrten die Konten des US-Prรคsidenten, kurz vor dem Ende seiner Amtszeit stellten die Demokraten die Weichen fรผr ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen ihn. Fliegt Trump noch aus dem Amt, wรคre das mehr als ein Symbol, denn er kรถnnte dann nicht noch einmal als Prรคsident kandidieren.

Die mรถgliche Amtsenthebung zwingt vor allem viele Republikaner dazu, sich zu Trump zu bekennen oder auf Konfrontation zu gehen. Doch selbst treueste Parteifreunde wenden sich inzwischen von ihm ab. Nach dem Angriff auf das Kapitol liegt die Machtbasis des US-Prรคsidenten in der eigenen Partei in Trรผmmern.

Um Trump ist es einsam geworden. Fรผr einige Parteifreunde war der Kapitol-Sturm eine Eskalation zu viel, andere wollen den politischen Schaden fรผr ihre Karriere minimieren. Dementsprechend wenden sich fรผhrende Republikaner im Senat, im Kongress und sogar in der US-Regierung vom Prรคsidenten ab.

Eine รœbersicht:

Scharfe Kritik im Reprรคsentantenhaus

Die Demokraten haben die Vorbereitungen fรผr ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, das am Mittwoch offiziell gestartet werden soll. Im Reprรคsentantenhaus ist eine Abstimmung รผber die Anklageschrift angesetzt. Der Vorwurf lautet "Anstiftung zum Aufruhr". Es wird damit gerechnet, dass die Kammer die Anklage annimmt, da die Demokraten im Abgeordnetenhaus in der Mehrheit sind.

Deswegen kommt es dort nicht auf abtrรผnnige Republikaner an, aber trotzdem erhalten die Demokraten Unterstรผtzung. Deutliche Worte kamen von Liz Cheney, einer einflussreichen Republikanerin im Reprรคsentantenhaus und Tochter des frรผheren Vize-Prรคsidenten Dick Cheney: "Es gab noch nie einen grรถรŸeren Verrat durch einen Prรคsidenten der Vereinigten Staaten." Sie verwies auf den Eid, den Prรคsidenten auf die Verfassung schwรถren mรผssen. Trump habe die Meute angeheizt, das Parlament zu stรผrmen. "Ich werde dafรผr stimmen, den Prรคsidenten seines Amtes zu entheben."

Dies kรผndigten auch weitere Republikaner aus dem Reprรคsentantenhaus an. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen: Der republikanische Abgeordnete Tom Cole sagte, ein Impeachment wรผrde das Land weiter "spalten". Jetzt sei es an der Zeit zu "heilen". Zugleich warf Cole den Demokraten ein รผberstรผrztes Vorgehen bei ihrem Bestreben nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump vor.

Die Entscheidung fรคllt im Senat

Die Entscheidung in dem Amtsenthebungsverfahren fรคllt letztlich im Senat, der anderen Kongresskammer. Dort wรคre eine Zweidrittel-Mehrheit nรถtig, um Trump tatsรคchlich zu verurteilen. Dafรผr mรผssten sich weit mehr als ein Dutzend republikanische Senatoren auf die Seite der Demokraten schlagen. Einzelne Republikaner im Senat haben sich offen gegen Trump gestellt, aber bisher kein Ja zum Impeachment zugesagt.

Doch auch dort distanzierten sich mittlerweile einflussreiche Republikaner vom noch amtierenden Prรคsidenten. Der Mehrheitsfรผhrer, Mitch McConnell, soll einem Bericht der "New York Times" zufolge zufrieden sein, dass die Demokraten ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstreben. Dadurch sei es leichter fรผr seine Partei, sich von Trump zu lรถsen.

Der Republikaner Pat Toomey, Senator von Pennsylvania, befรผrwortete die Idee einer raschen Amtsenthebung von Trump. Aber obwohl er รผberzeugt ist, der Prรคsident habe "strafbare Handlungen" begangen, bleibt Toomey unsicher, ob es "praktisch" ist, ihn innerhalb weniger Tage aus dem Amt zu entfernen, sagte er NBC News.

"Egoistischer Mann" mit verletztem Stolz

Der Senator von Utah, Mitt Romney, war der einzige republikanische Senator, der schon im Verfahren im Februar 2020 fรผr eine Amtsenthebung gestimmt hat, Nach dem Kapitol-Sturm sagte er im Senat, ein "egoistischer Mann" hat mit seinem verletzten Stolz die Angriffe provoziert. Die Empรถrung seiner Anhรคnger sei damit zu erklรคren, dass sie seit Monaten absichtlich falsch informiert wurden.

Die Senatoren Susan Collins aus Maine und Ben Sasse aus Nebraska schlossen laut CBS News ebenfalls eine Amtsenthebung nicht aus. Sasse sagte dem TV-Sender, er wรผrde es sich "definitiv รผberlegen". Eine Sprecherin von Collins sagte, sie werde sich nicht zur Amtsenthebung รคuรŸern.

Es ist schwer vorstellbar, dass die Demokraten die 17 benรถtigten Stimmen aus dem republikanischen Lager bekommen, denn auch im Senat gibt es Gegenstimmen. โ€œIch bin รผberzeugt, dass ein Impeachment unter diesen Umstรคnden das Land weiter spalten wirdโ€, mahnt der Senator und langjรคhrige Trump-Vertraute Lindsey Graham.

Neun Senatoren haben laut CBS News mitgeteilt, dass sie die Amtsenthebung nicht unterstรผtzen werden: Marco Rubio aus Florida, Rand Paul aus Kentucky, Cindy Hyde-Smith und Roger Wicker aus Mississippi, Roy Blunt aus Missouri, Steve Daines aus Montana, Kevin Cramer aus North Dakota, Tim Scott aus South Carolina und Ted Cruz aus Texas.

Pence wendet sich ab

Aber selbst wenn die Amtsenthebung gegen Trump scheitert โ€“ fรผhrende Krรคfte seiner Partei haben sich inzwischen von ihm abgewendet. Zu den loyalsten Mitstreitern zรคhlte in den letzten Jahren US-Vizeprรคsident Mike Pence. Doch auch er weigerte sich, die Verkรผndung des Wahlsieges von Joe Biden im Electoral College zu blockieren. Trump griff Pence daraufhin an, bezeichnete ihn als "schwach".

Das Tischtuch zwischen dem Prรคsidenten und seinem Vize scheint zerschnitten. Nach dem Sturm auf das Kapitol trafen sie sich zwar noch einmal, einigten sich auf einen gemeinsamen รœbergang, aber auch Pence werden noch politische Ambitionen nachgesagt.

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Seine Taktik: Er geht auf Distanz zu Trump, will aber gleichzeitig auch nicht die Wut seiner Anhรคnger provozieren. Dem Reprรคsentantenhaus teilte er mit, dass er keine vorzeitige Entfernung des abgewรคhlten Prรคsidenten Donald Trump mittels eines Verfassungsartikels unterstรผtzt. "Ich glaube nicht, dass ein solches Vorgehen im besten Interesse unserer Nation und im Einklang mit unserer Verfassung ist", erklรคrte Pence am Dienstag in einem Brief an die Vorsitzende der Kongresskammer, Nancy Pelosi. Auch den 25. Verfassungszusatz will er nicht anwenden. Dieser Artikel ermรถglicht die Absetzung des Staatsoberhaupt durch den Vizeprรคsidenten und die Mehrheit des Kabinetts, wenn diese ihn fรผr amtsunfรคhig halten.

Rรผcktritte von Ministern

Doch obgleich einige Senatoren und Mike Pence gegen die Amtsenthebung sind: Offen stellt sich niemand auf die Seite von Donald Trump oder nimmt ihn in Schutz. Der abgewรคhlte Prรคsident steht alleine da, streitet aber alle Vorwรผrfe ab. "Was ich gesagt habe, war vรถllig angemessen", entgegnete Trump dem Vorwurf, er habe mit seiner Rede kurz vor der Erstรผrmung des Kapitols die Menge aufgestachelt.

Mit seinem Feldzug gegen den Wahlausgang hat Trump aber eine wachsende Zahl an Verbรผndeten verschreckt. Selbst ehemals engste Vertraute wandten sich von ihm ab, einige Minister traten nach den Krawallen von Washington zurรผck: Justizminister William Barr, Bildungsministerin Betsy DeVos und Verkehrsministerin Elaine Chao, McConnells Ehefrau. Letztere begrรผndeten den Schritt mit dem Aufruhr am Kapitol, fรผr den DeVos Trumps Rhetorik mitverantwortlich machte.

Gleichzeitig scheint viele Republikaner die Angst vor dem Zorn der Trump-Anhรคnger umzutreiben, wenn sie sich all zu lautstark gegen den US-Prรคsidenten stellen. Aber Fรผrsprache bekommt Trump lediglich von US-AuรŸenminister Mike Pompeo, der in den letzten Tagen immer wieder die gemeinsamen Erfolge in der Regierung betonte und die Sperrung Trumps in den sozialen Netzwerken kritisierte. Auch Pompeo werden weitere politische Ambitionen nachgesagt. Er kรถnnte strategisch versuchen, Trumps Anhรคnger fรผr sich zu gewinnen.

Nicht mal die eigene Familie steht geschlossen hinter Trump

Letztlich stehen die Republikaner nach dem Schrecken des Kapitol-Sturms immens unter Druck. Viele versuchen, sich mรถglichst vage zu positionieren, sonst wรผrden sie in einer gespaltenen Partei politisches Kapital verlieren. Auch wenn Trump politisch allein kรคmpft, sind seine Anhรคnger ein Druckmittel, das ausschlaggebend fรผr kรผnftige Wahlen sein kann,

Deshalb ducken sich viele Republikaner weg, in der Hoffnung, dass der Sturm bald vorbei und Donald Trump abgetreten ist. Das trifft auch auf seine Familie zu. So versuchten Melania und Ivanka Trump gar nicht รถffentlich, ihren Ehemann beziehungsweise Vater zu verteidigen. Zumindest Ivanka soll dem Vernehmen politische ร„mter in der Zukunft fokussieren, deshalb setzt sie momentan auf Schadensbegrenzung.

Aber wenn nicht mal die eigene Familie hinter dem abgewรคhlten US-Prรคsidenten steht, zeigt das vor allem eines: Donald Trump hat sich mit seinen Lรผgen und falschen Betrugsvorwรผrfen und mit seiner Rhetorik vor dem Kapitol-Sturm in eine politische Sackgasse manรถvriert. Dort steht er nun, als einsamer Brandstifter.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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