Biden geht einen radikal anderen Weg als Trump
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Trump gab den Reichen, Biden gibt den Armen: Mit dem riesigen Corona-Rettungspaket feiert der US-PrΓ€sident seinen ersten Triumph. Doch die Sorgen sind groΓ, dass er viel zu viel Geld verteilt.
In der Politik werden die MΓ€chtigen in der Regel dafΓΌr kritisiert, gegen die groΓen Probleme nicht genΓΌgend zu tun. Doch bei Joe Bidens erstem GroΓprojekt steht eine andere Frage im Raum: Ist das alles viel zu viel?
Bidens Paket zur Corona- und Wirtschaftskrise, das der Kongress am Mittwoch beschlossen hat, zΓ€hlt 1,9 Billionen Dollar: in Ziffern 1.900.000.000.000 Dollar (und umgerechnet in 1,6 Billionen Euro). Er will damit die grassierende Armut im Land um ein Drittel beschneiden. Bestimmte Familien kΓΆnnen auf Zahlungen von mehr als 20.000 Dollar hoffen. Biden lΓ€sst das Geld fΓΆrmlich regnen.
Es ist das grΓΆΓte derartige Programm seit Jahrzehnten. Und es ist ein groΓer Erfolg fΓΌr den PrΓ€sidenten, das Gesetz so schnell durch den Kongress geschleust zu haben β er ist gerade einmal sieben Wochen im Amt, im Dickicht der US-Politik in Washington ist das geradezu rasant. Sein AmtsvorgΓ€nger Donald Trump brauchte ein knappes Jahr bis zu seinem ersten groΓen Gesetzespaket.
Ziemlich linkes Programm
Biden hatte von Anfang an versprochen, den Schwerpunkt im WeiΓen Haus auf die LΓΆsung von Corona- und Wirtschaftskrise zu legen. Bei der Pandemie strahlen die Fortschritte, gerade bei den Impfungen, in diesen Wochen in die ganze Welt. Mit dem "American Rescue Plan" will er den zweiten Teil einlΓΆsen. Dabei unterzieht der eigentlich gemΓ€Γigte Demokrat Amerika einem ziemlich linken Programm, zumindest solange das Coronavirus tobt. So lobt der ultralinke Senator Bernie Sanders das Paket bereits als das "bedeutsamste Gesetz fΓΌr Arbeiter seit Jahrzehnten".
Biden wΓ€hlt zumindest einen radikal anderen Ansatz als sein VorgΓ€nger Donald Trump. Bei dessen Corona-Hilfspaketen gab es auch das berΓΌchtigte, an alle BΓΌrger verteilte, Helikoptergeld, doch die meisten Hilfen gab es fΓΌr Betriebe, vor allem fΓΌr groΓe Firmen.
Und das erste groΓe Gesetz Trumps am Ende dessen ersten Amtsjahres belastete die Staatskasse ebenfalls mit rund zwei Billionen Dollar, zielte aber in eine andere Richtung: Es war die Steuerreform, die Unternehmenssteuern von 35 auf 21 Prozent senkte und vor allem der Oberschicht krΓ€ftige Rabatte schenkte.
22.000 Dollar fΓΌr eine Familie
Bidens groΓes Corona-Paket zielt hingegen nicht auf die Reichen, sondern auf die Armen. Neben den Milliarden fΓΌr Schulen, Bundesstaaten, Impf- und Testzentren gibt es groΓe Steuerrabatte fΓΌr Familien mit Kindern, eine zusΓ€tzliche Arbeitslosenhilfe von wΓΆchentlich 300 Dollar, mehr Lebensmittelmarken, ZuschΓΌsse zu Mieten und zur Krankenversicherung.
Wie bei Trump gibt es ein Helikoptergeld von 1.400 Dollar β allerdings nur fΓΌr jene BΓΌrger, die nicht mehr als 80.000 Dollar im Jahr verdienen.
Eine vierkΓΆpfige Familie etwa kΓΆnne, wenn ein Elternteil arbeitslos ist, sogar 22.000 Dollar erhalten, hat das ΓΌberparteiliche "Committee for a Responsible Federal Budget" berechnet. Ist das vielleicht alles zu viel?
Die Wirtschaft kΓΆnnte ΓΌberhitzen
Viele Beobachter fΓΌrchten, Biden pumpe viel zu viel Geld in eine Volkswirtschaft, die sich lΓ€ngst erhole und dank der Impffortschritte bald schon wieder boomen soll. Die Institute rechnen fΓΌr 2021 mit fΓΌnf bis siebeneinhalb Prozent Wachstum. Durch Bidens Billionen drohten Γberhitzung und Inflation, heiΓt es.
Selbst der Demokrat Larry Summers, Finanzminister unter Bill Clinton und Chef-Wirtschaftsberater unter Barack Obama, warnte vor Inflationsrisiken, "wie man sie seit einer Generation nicht mehr gesehen hat, mit Folgen fΓΌr den Wert der Dollars und die FinanzstabilitΓ€t". Die Staatsverschuldung in den USA geht seit Jahren steil nach oben.
Biden kennt diese Kritik, ist davon aber unbeirrt. Seit Monaten spricht er davon, dass das Risiko nicht sei, "zu viel zu tun, sondern zu wenig". Er weiΓ noch gut, dass die Obama-Regierung nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 in ihren Hilfspaketen zu wenig Gelder bereitstellte, um die Wirtschaft schnell wieder anzukurbeln.
Die Fehler von 2008/2009
Die Erholung vollzog sich quΓ€lend langsam, viele Amerikaner entfremdeten sich von der Politik. Das wird heute parteiΓΌbergreifend als groΓer Fehler gesehen. Biden will aus diesem lernen. Und tatsΓ€chlich sind trotz aller Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung weiterhin zehn Millionen Jobs durch die Pandemie vernichtet.
All das konnte die Republikaner jedoch nicht ΓΌberzeugen. Geschlossen haben sie gegen die Hilfen gestimmt, auch wenn es anfangs GesprΓ€che mit Biden ΓΌber einen mΓΆglichen Kompromiss gab.
Von dessen Versprechen, ΓΌberparteilich zusammenzuarbeiten, ist in Washington nichts mehr zu sehen. DafΓΌr werden viele Amerikaner etwas von seinem anderen Versprechen, mit aller Kraft die Corona- und Wirtschaftskrise zu ΓΌberwinden, bald auf dem eigenen Konto spΓΌren.
- Eigene Recherchen
- Lawrence Summers: The Biden stimulus is admirably ambitious. But it brings some big risks, too (Washington Post)