Baerbock erinnert Scholz vor China-Reise an Koalitionsvertrag
Wegen des baldigen Staatsbesuchs in Peking steht der Bundeskanzler in der Kritik. Die Auรenministerin richtet nun klare Forderungen an Scholz.
Auรenministerin Annalena Baerbock (Grรผne) hat kurz vor der ersten Reise von Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach Peking auf รnderungen in der deutschen China-Politik gepocht. Bei einem Besuch in der zentralasiatischen Republik Usbekistan machte sie am Dienstag deutlich, "dass wir als Bundesregierung eine neue China-Strategie schreiben, weil das chinesische Politiksystem sich in den letzten Jahren massiv verรคndert hat und damit sich auch unsere China-Politik verรคndern muss".
Scholz wird an diesem Freitag zu seinem ersten Besuch als Kanzler in Peking erwartet. Am Zeitpunkt der Reise und an der von ihm durchgesetzten Genehmigung der รbernahme eines Anteils des Hamburger Hafens durch ein chinesisches Staatsunternehmen gibt es Kritik. Dabei geht es insbesondere um die Sorge, dass Deutschland von der Volksrepublik noch abhรคngiger werden kรถnnte.
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"Der Bundeskanzler hat den Zeitpunkt entschieden"
Nach einem Treffen mit dem usbekischen Auรenminister Wladimir Norow in der Hauptstadt Taschkent sagte Baerbock, sie erwarte, dass Scholz Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zentrale Botschaften der Bundesregierung รผbermittele. "Der Bundeskanzler hat den Zeitpunkt seiner Reise entschieden. Jetzt ist entscheidend, die Botschaften, die wir gemeinsam festgelegt haben im Koalitionsvertrag, die Botschaften, die ich auch hier mit nach Zentralasien gebracht habe, auch in China deutlich zu machen."
Peking mรผsse deutlich gemacht werden, "dass die Frage von fairen Wettbewerbsbedingungen, die Frage von Menschenrechten und die Frage der Anerkennung des internationalen Rechts unsere Grundlage der internationalen Kooperation ist โ sei es mit Blick auf Zentralasien, sei es mit Blick auf andere Regionen der Welt".
Auf dem Parteitag der Kommunisten hatte Xi kรผrzlich seine Macht gefestigt. Ebenso wie Scholz wird er Mitte des Monats beim G20-Gipfel der groรen Industrie- und Schwellenlรคnder auf Bali erwartet.
"In zunehmendem Maรe systemischer Rivale"
Baerbock verwies auf den Koalitionsvertrag des Ampel-Bรผndnisses. Darin sei festgehalten, dass China in globalen Fragen Partner sei, aber auch "Wettbewerber und in zunehmendem Maรe systemischer Rivale".
Das Kabinett hatte vergangene Woche eine sogenannte Teiluntersagung der ursprรผnglich geplanten Beteiligung des chinesischen Konzerns Cosco an einem Hafen-Terminal in Hamburg beschlossen: Cosco kann nur unter 25 Prozent รผbernehmen statt 35 Prozent. Die Auรenministerin hatte die Entscheidung scharf kritisiert.
Signal der Zusammenarbeit an ehemalige Sowjetrepubliken
Mit dem Besuch in Usbekistan โ und zuvor in Kasachstan
โ will Baerbock nun ein Signal der Zusammenarbeit an die ehemaligen Sowjetrepubliken
senden. Begleitet wird sie von einer Wirtschaftsdelegation. Die Auรenministerin betonte die Bedeutung der Menschenrechte.
Auch soll verhindert werden, dass China und Russland ihren Einfluss dort ungehindert ausweiten kรถnnen. Baerbock besuchte in Taschkent eine Schule, die seit 1963 Deutschunterricht anbietet. In Usbekistan lernen etwa 400.000 Menschen Deutsch.
Anschlieรend stand der Besuch einer Bergbauanlage auf dem Programm, die 90 Prozent des Silbers und 20 Prozent des Goldes des Landes erschlieรt. Das Unternehmen ist auch grรถรter Kupferproduzent auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Deutsche Firmen sind dort als Zulieferer fรผr Ausrรผstungen und Ingenieurleistungen aktiv. Durch die Zusammenarbeit mit Usbekistan und Kasachstan soll auch die Abhรคngigkeit von China im Bereich wichtiger Bodenschรคtze verringert werden.