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Streit um Razzia: Darum kracht es zwischen Armin Laschet und Olaf Scholz


Laschet versus Scholz
Was steckt hinter dem Razzia-Streit der Kanzlerkandidaten?

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 17.09.2021Lesedauer: 5 Min.
Armin Laschet und Olaf Scholz: Die beiden Politiker geben sich derzeit kämpferisch im Wahlkampf.Vergrößern des BildesArmin Laschet und Olaf Scholz: Die beiden Politiker geben sich derzeit kämpferisch im Wahlkampf. (Quelle: t-online-Montage/imago-images-bilder)
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Zwei Ministerien sind von der Staatsanwaltschaft Osnabrück in der vergangenen Woche durchsucht worden. Die Ermittlungen sind zum Wahlkampfthema geworden – zwischen den Parteien kracht es deutlich.

Die Razzien in den SPD-geführten Ministerien für Finanzen und Justiz sorgen für Wirbel. Die Ermittlungen richten sich zwar gegen die Geldwäsche-Zentralstelle des Zolls – SPD und CDU aber überhäufen sich gegenseitig mit Vorwürfen. SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz muss sich heute im Finanzausschuss des Bundestags zu den Durchsuchungen äußern.

Die Union wirft Scholz persönliches Versagen vor. Der wittert ein politisch motiviertes Verfahren kurz vor der Wahl. Im TV-Triell von ARD und ZDF lieferten sich Laschet und Scholz bereits einen intensiven Schlagabtausch zum Thema, ein weiterer könnte an diesem Sonntag folgen. Doch worum geht es dabei genau? Ein Überblick.

Was genau ist geschehen?

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen Mitarbeiter der FIU, einer Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls, die Scholz' Finanzministerium zugeordnet ist. FIU-Mitarbeiter sollen Hinweise auf Geldwäsche zur Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Ermittler weitergeleitet haben.

In diesem Zusammenhang wollte die Staatsanwaltschaft Osnabrück E-Mail-Verkehr zwischen der FIU und dem Finanzministerium einsehen. Die Ermittler interessierten sich auch für einen schriftlichen Austausch zwischen Finanz- und Justizministerium. Am Donnerstag vergangene Woche durchsuchten die niedersächsischen Ermittler deshalb die beiden Ministerien.

Wer hatte die Razzien veranlasst?

Die umstrittenen Durchsuchungen kurz vor der Bundestagswahl gingen offenbar nicht auf eine Initiative der ermittelnden Polizisten zurück. Nach "Spiegel"-Informationen reagierten die niedersächsischen Kriminalbeamten verwundert, als sie Anfang August von der geplanten Maßnahme erfuhren.

Eine Notwendigkeit, die Berliner Ministerien zu durchsuchen, sahen sie demnach zu diesem Zeitpunkt nicht. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte dem "Spiegel" den Alleingang: "Die Beantragung strafprozessualer Maßnahmen ist allein Aufgabe der Staatsanwaltschaft."

In vergleichbaren Verfahren sind es oft Polizisten, die Durchsuchungsbeschlüsse anregen. Die Ermittlungen gegen die FIU hatten bei der Polizei allerdings keine besondere Dringlichkeit. Es gab keine eigene Ermittlungsgruppe oder Sonderkommission. Anfangs kümmerte sich wohl nur ein einzelner Beamter um das Verfahren. Von den 150.000 bei der FIU sichergestellten E-Mails wurde bislang erst ein Bruchteil gesichtet.

Welche Vorwürfe werden nun laut?

Das Justizministerium hatte nach eigener Darstellung der Staatsanwaltschaft Osnabrück die gesuchten Unterlagen bereits lange vor der Durchsuchung angeboten. Ein Referatsleiter habe dies beim Anruf einer Osnabrücker Staatsanwältin am Telefon deutlich gemacht, sagte eine Ministeriumssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. "Er bat aber darum, den formalen Dienstweg einzuhalten, anstatt Unterlagen auf Zuruf am Telefon herauszugeben."

Die Staatsanwaltschaft stellt dieses Telefonat dagegen so dar, dass das Justizministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst ablehnte und auf "den großen Dienstweg" verwies. Die Ermittler hätten die Kooperationsbereitschaft des Ministeriums kritischer bewertet, sagte ein Sprecher der dpa. So habe man entschieden, die Durchsuchungen in beiden Häusern zu beantragen und durchführen zu lassen.

Übereinstimmend heißt es in Justizressort und Staatsanwaltschaft, dass die Ermittler die fraglichen Unterlagen ohne Probleme einsehen und mitnehmen konnten – nach gemeinsamer Durchsicht. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, auf dem Formular zu der Aktion hätten die Besucher aus Osnabrück sogar "Eine Durchsuchung hat nicht stattgefunden" angekreuzt. Auch im Finanzministerium stießen die Ermittler wohl auf kooperative ranghohe Mitarbeiter. Sie hätten für später sogar das Recht erhalten, auch von außerhalb auf die elektronischen Akten zugreifen zu können, berichtete "tagesschau.de".

Was hat es mit der umstrittenen Pressemitteilung auf sich?

In die Diskussion geriet auch eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. In ihr nannte die Behörde als Ziel auch, zu untersuchen, "ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren". Ermittelt wird tatsächlich allerdings nur gegen FIU-Mitarbeiter. Scholz hatte dementsprechend mehrfach betont: "Das hat gar nichts mit den Ministerien zu tun, wo das stattgefunden hat."

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, mit dieser Mitteilung sollte deutlich gemacht werden, dass "ergebnisoffen in alle Richtungen" ermittelt werde. In der Debatte ist auch, warum die Durchsuchung erst am 9. September erfolgte, obwohl der Durchsuchungsbeschluss zu dem Zeitpunkt schon einen Monat alt war.

Was wirft Laschet Scholz vor – und wie reagiert er?

Laschet kritisierte, unter anderem im TV-Triell von ARD und ZDF, dass der Vizekanzler als Ministeriumschef für alles Verantwortung trage, was in seinem Haus und in den nachgeordneten Behörden schieflaufe. Der CDU-Kandidat sagte: "Wenn mein Finanzminister so arbeiten würde wie Sie, hätten wir ein ernstes Problem." Scholz verwies darauf, dass gegen sein Ministerium nicht ermittelt werde, und warf Laschet vor, absichtlich einen falschen Eindruck zu erwecken.

Welche Rolle spielt der Zeitpunkt der Razzia und die Parteizugehörigkeit des Staatsanwalts?

Zudem kam von Seiten der SPD sowie in einigen Medienberichten der Vorwurf auf, die Durchsuchungen 17 Tage vor der Bundestagswahl seien im Zusammenhang mit dem Wahlkampf zu sehen und parteipolitisch motiviert. Diese Spekulationen stützen sich darauf, dass der Chef der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Bernard Südbeck, ebenso CDU-Mitglied ist wie Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza.

Ein Sprecher der Ermittlungsbehörde wies die Vorwürfe zurück. Die Ermittlungen würden nicht von Südbeck geleitet, sagte er. Diese sollten zeitnah und zügig geführt werden – ohne Rücksicht auf Wahltermine, versicherte der Sprecher.

Wie reagieren die Parteien?

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) warf Scholz und seinem Umfeld vor, in dem Fall "Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz" zu schüren, wie er dem RND sagte. "Das ist brandgefährlich und weckt Zweifel am Rechtsstaatsverständnis des SPD-Kanzlerkandidaten."

Barbara Havliza, niedersächsische CDU-Justizministerin, wies die Vorwürfe gegen sich zurück. "Einen strafprozessualen Grundsatz, auf Bundestagswahlen Rücksicht zu nehmen, gibt es im Verfahrensrecht nicht", sagte Havliza dem "Spiegel". "Strafverfolger orientieren sich an der Strafprozessordnung, nicht an Parteibüchern. Alles andere ist eine Unterstellung."

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil verteidigte seinen Spitzenkandidaten Scholz hingegen und betonte: "Gegen das Bundesfinanzministerium wird nicht ermittelt, es geht um angebliche Verfehlungen in der FIU." Scholz habe mit den Geldwäscheverdachtsfällen nichts zu tun. Außerdem entsprächen die öffentlichen Äußerungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück nicht dem richterlichen Beschluss. Er warf Unionskanzlerkandidat Armin Laschet vor, einen schmutzigen Wahlkampf zu führen.

SPD-Chefin Saskia Esken kritisierte die Durchsuchungen als "unangemessen". SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich orderte "zügig Antworten und Aufklärung" zu den Durchsuchungen und zu einer möglichen parteipolitischen Motivation. "Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Osnabrück wirft zahlreiche Fragen und Merkwürdigkeiten auf", sagte Mützenich dem RND.

FDP-Generalsekretär Volker Wissing betonte bei RTL und n-tv, die Ermittlungen richteten sich weder gegen Scholz noch gegen dessen Ministerium. "Dass die Ermittlungen jetzt zu einem Wahlkampfthema gemacht werden und dass man mit Halbwahrheiten argumentiert, ist nicht klug", kritisierte er.

Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner erklärte, die Wählerinnen und Wähler verdienten "volle Transparenz und Aufklärung". Und er betonte: "Es ist keine Kleinigkeit, wenn eine Staatsanwaltschaft Durchsuchungen macht."

Wo stehen Laschet und Scholz derzeit bei den Wählern?

SPD-Bewerber Olaf Scholz liegt weiterhin mit klarem Abstand vor seinen Mitbewerbern. 67 Prozent trauen ihm laut "Politbarometer" das Amt zu. Unions-Kandidat Armin Laschet halten dagegen nur 29 Prozent für kanzlerfähig.

Am liebsten als Kanzler hätten 48 Prozent unverändert Olaf Scholz. Armin Laschet wünschen sich 22 Prozent (plus eins).

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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