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Ukraine mehr Ehrlichkeit zeigen: Gäste bei Illner kritisieren Politiker


Grüne fordert bei "Illner" Ehrlichkeit
"Nur bis Putin wütend wird"


Aktualisiert am 01.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Marina Weisband (Archivbild): Die Grünen-Politikerin sieht den Westen nur auf Putin reagieren, statt eine Strategie zu haben.Vergrößern des Bildes
Marina Weisband (Archivbild): Die Grünen-Politikerin sieht den Westen nur auf Putin reagieren, statt eine Strategie zu haben. (Quelle: Rüdiger Wölk via www.imago-images.de/imago-images-bilder)

Deutsche Politiker müssen ehrlicher sein – zur Ukraine und zu den Bundesbürgern. Das forderten fast alle Gäste bei Maybrit Illner.

Kämpft die Ukraine auf verlorenem Posten? Diese Frage hat Maybrit Illner am Donnerstagabend mit ihren Gästen diskutiert. Ein Thema rückte dabei immer wieder in den Fokus: Die Ehrlichkeit der deutschen Regierung hinsichtlich der Unterstützung, die sie zu leisten bereit ist.

Die Gäste

  • Michael Roth, (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages
  • Wolfgang Ischinger, ehemaliger deutscher Botschafter in den USA
  • Marina Weisband, gebürtige Ukrainerin, Publizistin und Grünen-Politikerin
  • Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München
  • Nicole Deitelhoff, Professorin für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • Schanna Borissowna Nemzowa, Tochter des 2015 ermordeten Politikers Boris Nemzow

Weisband fordert Ehrlichkeit

Zuerst angesprochen hatte diesen Aspekt die gebürtige Ukrainerin, Publizistin Marina Weisband. Sie kritisierte: "Der Westen hat keine wirkliche Strategie", sondern reagiere lediglich auf Putin.

Das Wichtigste aus ihrer Sicht sei deswegen, dass die Bundesregierung "kommunikative Ehrlichkeit" an den Tag lege. Bereits im Frühling 2022 habe die Möglichkeit bestanden, dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj zu erklären, dass man "zwar im Herzen" bei der Ukraine sei, aber nur "bis Putin wütend wird" und dass man deswegen "ein bisschen auf Distanz" bleibe. Selenskyj hätte mit diesem Wissen eventuell andere Entscheidungen getroffen, so Weisband.

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Roth will mutige Forderungen

Unterstützt wurde ihre Forderung nach offener Kommunikation von SPD-Politiker Michael Roth: "Ich finde, jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir uns ehrlich machen müssen und die Ukraine nicht länger vertrösten dürfen", so der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Es gehe nun darum, die Frage zu beantworten, ob der Westen es wirklich schaffe, dass die Ukraine siegt.

Vor diesem Hintergrund appellierte er an die Politik mit Blick auf Waffenlieferungen, "realistische, mutige, entschlossene Forderungen" zu stellen. Kampfgerät brauche die Ukraine derzeit am dringendsten, betonte der SPD-Mann.

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Expertin warnt vor Folgen eines Sieg Russlands

Weiteren Zuspruch bekam Weisbands Ansinnen nach Ehrlichkeit von Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff. Aus Sicht der Professorin habe Deutschland derzeit zwei Optionen.

Die erste sei es zu erklären, dass man Unterstützung nicht weiter leisten kann oder will. Die Ukraine müsse dann wenigstens nicht weiter auf Hilfen warten und könne Entscheidungen in diesem Wissen treffen. Die zweite sei es, dass Deutschland mit Blick auf die Bedrohungen deutlich sage: "Wir können nicht zulassen, dass das jetzt passiert."

Von der Bundespolitik wünschte sich Deitelhoff mit Blick auf das, was droht, wenn Russland gewinnt, "endlich mal Ehrlichkeit" gegenüber der Bevölkerung. "Wenn wir Putin jetzt nicht in der Ukraine aufhalten, werden wir ihn danach direkt an den Nato-Grenzen aufhalten müssen", fasste die Wissenschaftlerin die Lage zusammen. "Dann haben wir den Bündnisfall."

Weisband kritisiert Scholz

Zu verhindern, dass Deutschland oder ein anderes Nato-Land in den Krieg mit Russland verwickelt werde, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz stets zur Prämisse seiner Entscheidungen über Waffenlieferungen gemacht.

Zuletzt weigerte er sich deswegen auch einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörper zuzustimmen. Am Donnerstag bekräftigte Scholz diese Entscheidung erneut. Darüber hinaus erklärte er: "Es wird keine deutschen Soldaten, auch keine Nato-Soldaten auf ukrainischem Grund und Boden geben."

Scholz‘ Fokus darauf, keine Kriegspartei zu werden, kritisierte Weisband. Bei diesem Anliegen handele es sich um eine völkerrechtliche Formalität, die für den Kremlchef jedoch bedeutungslos sei, weil ihm das Völkerrecht egal ist.

"Putin ist schon lange in einem Krieg mit uns und wir wollen uns dem nicht stellen", so die Politikerin. Es handele sich um einen hybriden Krieg, in dem Russland nicht mit Waffen angreife, sondern beispielsweise durch Hacker oder Spione die innere Sicherheit bedrohe.

Ex-Botschafter fordert Selbstbewusstsein

Diese Einschätzung teilte auch Militärexperte Carlo Masala. "Aus Putins Sicht sind wir schon längst Kriegspartei", erklärte auch der Professor für Internationale Politik. Dass Deutschland sage, es wolle keine Kriegspartei werden, könne deswegen auch nicht verhindern, dass Putin bei einer Eskalation trotzdem angreifen würde.

Optimistischere Worte kamen am Donnerstagabend vom ehemaligen deutschen Botschafter in den USA, Wolfgang Ischinger. "Ich respektiere sehr die Grundhaltung dieses Bundeskanzlers, Deutschland nicht in einen Krieg mit einer Nuklearmacht hineinziehen zu lassen", so der Präsident des Stiftungsrats der Münchener Sicherheitskonferenz. Diesen Grundsatz halte er für richtig.

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Auch sehe er keinen Grund in eine "Depression zu verfallen" und davon auszugehen, dass der Krieg demnächst verloren werde. Der Westen dürfe Russland nicht zu einem "Scheinriesen" hochstilisieren, warnte Ischinger. Stattdessen könne man ruhig "selbstbewusst und optimistisch" sein.

Streit mit Macron freut nur einen

Kritik übte Ischinger derweil an Unstimmigkeiten, die Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron zuletzt in der Öffentlichkeit ausgetragen hatten. Über die diplomatischen Spannungen freue sich lediglich der Kreml, stellte der Experte klar.

Stein des Anstoßes war eine Erklärung des französischen Präsidenten am Montag, in der er den Einsatz von Bodentruppen nicht ausgeschlossen hatte. Scholz hatte das schon am Dienstag umgehend zurückgewiesen.

Bereits zu Anfang des Ukraine-Kriegs hatte der Bundeskanzler deutlich gemacht, dass eine Entsendung von Bodentruppen für ihn nicht infrage kommt. Deutschland ist nach den USA der größte Waffenlieferant für den Abwehrkampf gegen Russland.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Maybritt Illner" vom 29. Februar 2024
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