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Lisa Neubauer bei Markus Lanz: "Klimakrise zuzulassen ist Teuerste und Unsozialste"


Neubauer bei Lanz
"Mehr Klimakrise zuzulassen, ist das Teuerste und Unsozialste"

Eine TV-Kritik von Christian Bartels

Aktualisiert am 22.07.2021Lesedauer: 4 Min.
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Luisa Neubauer (Archivbild): Bei "Markus Lanz" kritisierte sie Bund und Länder nach der Flutkatastrophe scharf.Vergrößern des Bildes
Luisa Neubauer (Archivbild): Bei "Markus Lanz" kritisierte sie Bund und Länder nach der Flutkatastrophe scharf. (Quelle: H. Hartmann/Future Image)

Bei "Markus Lanz" nennt "Fridays for Future"-Aktivistin Luisa Neubauer Armin Laschets Politik "zynisch und verlogen" – und diskutierte mit einer gleichaltrigen CDU-Politikerin.

Markus Lanz' Abschiedsfloskel "Hat Spaß gemacht" traf seine Sendung vom Mittwoch nicht wirklich. Vielmehr hatte die engagierte klimapolitische Diskussion den Ernst der Lage sowie unterschiedliche Positionen, aber auch gemeinsame Nenner deutlich gemacht. Lanz diskutierte mit vier Frauen im Studio. Die beiden jüngeren, jeweils 25 Jahre alt, stellte der Moderator als "intellektuelle Überfliegerinnen" vor: "Fridays for Future"-Aktivistin Luisa Neubauer und die CDU-Politikerin Wiebke Winter. Dazu kamen zwei Professorinnen, die Lanz als "Koryphäen" vorstellte. Tatsächlich wurde weithin auf hohem Niveau diskutiert. Der einzige Mann neben dem Moderator war nur anfangs kurz zugeschaltet.

Die Gäste:

  • Luisa Neubauer, "Fridays for Future"-Aktivistin
  • Wiebke Winter, Politikerin (CDU)
  • Monika Schnitzer, Wirtschaftswissenschaftlerin
  • Claudia Pahl-Wostl, Umweltsystemwissenschaftlerin
  • Erik O. Schulz, Oberbürgermeister von Hagen

Rund zehn Minuten schilderte Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz die Lage nach der Flut, die die nordrhein-westfälische Stadt vergangene Woche mit als erste getroffen hatte. Seine Feuerwehr war bereits Tage zuvor durch den Deutschen Wetterdienst gewarnt gewesen, noch bevor er seinen Urlaub abgebrochen hatte, und da in Hagen auch die Bundeswehr frühzeitig aktiv war, gibt es dort keine Toten zu beklagen. Die großen Herausforderungen seien nun, den Müll zu entsorgen und die Infrastruktur wiederherzustellen, sagte der parteilose Politiker und verabschiedete sich dann bereits.

Solche Extremregenereignisse könnten nicht verhindert, ihre Folgen aber verringert werden, sagte Claudia Pahl-Wostl, die als Umweltsystemwissenschaftlerin in Osnabrück zum Thema Wassermanagement forscht. "Schwammstädte" mit deutlich weniger versiegelten Flächen und das in den Niederlanden lange bewährte Konzept "mehr Raum für den Fluss" seien Möglichkeiten. Es gebe "extrem viel Wissen dazu", das nun umgesetzt werden müsse.

Die Flutkatastrophe sei "nicht nur großes Unglück und dummer Zufall, sondern auch Konsequenz einer politischen Weigerung, wissenschaftliche Warnungen ernstzunehmen", meinte dann Luisa Neubauer. Die Aktivistin machte den Regierungen von Bund und Ländern scharfe Vorwürfe. Es sei "wahnsinnig zynisch und verlogen", jetzt zu sagen, man hilft den Leuten, um dann am Regierungstisch die gleiche Politik weiter zu betreiben. Das galt natürlich vor allem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Ihrer "Fridays for Future"-Bewegung werde von Politikern immer gesagt, man müsse vorsichtig sein beim Klimaschutz, weil er sich mit der Bewahrung des Wohlstands nicht vertrüge. Nun aber wurde durch Wassermassen "innerhalb von wenigen Stunden über Jahrzehnte erarbeiteter Wohlstand zerstört", lautete eines der besten ihrer scharf formulierten Argumente.

Winter hat die Klima-Union gegründet

Als Gegenpart war neben ihr mit Wiebke Winter eine Politikerin platziert, die bereits im CDU-Bundesvorstand ist und nun für den Bundestag kandidiert (wie Winter nicht nur einmal erwähnte). Ihr gelang es, Kritik an Kanzlerkandidat Laschet zu vermeiden, obwohl Lanz und Neubauer das immer wieder provozieren wollten. Winter hat die Klima-Union als Gruppierung innerhalb der Unionsparteien gegründet, um eine ehrgeizigere Klimapolitik durchzusetzen. "Wir haben nur noch 18 bis 24 Monate, wenn überhaupt, um die richtigen Schritte einzuleiten", lautete ihre konkreteste Aussage.

Die Parteiführung der Union hinke hinter ihrer eigenen Wählerschaft hinterher, die sich ambitioniertere Klimapolitik wünsche, meinte Neubauer. Daraus entspann sich, angefeuert von Lanz, eine eher zähe Diskussion über Wahlkampf-Taktik der Unionsparteien. Dabei ist eigentlich klar, dass das Grünen-Mitglied Neubauer sowieso nicht raten würde, CDU/CSU zu wählen.

"Wenn wir das Klimaziel erreichen wollen, hat das Kosten"

Die Münchener Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer setzte ein neues Thema: "Wenn wir das Klimaziel erreichen wollen, hat das Kosten", die außer in höheren Preisen auch darin bestehen können, dass vor der Haustür ein Windrad steht. Das deutlich zu sagen, vermeide die Regierungspolitik jedoch, so wie die Einführung der CO2-Bepreisung bedauerte, sobald die Preise stiegen. Dabei sollen die Preise ja gerade Lenkungswirkung entfalten.

Diesen Schuh der Selbstkritik zog sich Lanz sofort an. Auch in seiner Sendung werde nicht deutlich genug gesagt, dass "die Stromrechnungen höher und höher werden". Daraufhin versuchte Winter eine positive Zukunft auszumalen, in der erneuerbare Energien deutlich billiger sein würden. Sie plädierte vehement für Offshore-Windkraft, verbunden mit der "herzlichen Einladung, mal nach Bremerhaven zu kommen", woher sie stammt. Und Luisa Neubauer formulierte ihre Ansichten zum Thema Sozialpolitik, die in "Mehr Klimakrise zuzulassen ist das Teuerste und Unsozialste" mündeten.

Ob sich der deutsche Stromverbrauch verzehnfachen wird, wie Lanz sich hat sagen lassen, ob die Entwicklung durch mehr Effizienz in beherrschbare Bahnen gelenkt werden kann, wie Schnitzer meint, oder durch Suffizienz – den Begriff warf Pahl-Wostl am Ende in die Runde und übersetzte ihn mit "abnehmender Lebensstandard" und weniger Ressourcenverbrauch – das blieb offen. Und konnte es bleiben. Da gibt es ja keine Patentrezepte, sondern sehr unterschiedliche Ansichten.

Fazit: Das was über weite Strecken eine ernsthafte, immer wieder um konstruktiven Austausch bemühte Runde. Bloß beim zwischenzeitlich wiederholt gestreiften Thema der Katastrophen-Warn-Apps geriet einiges durcheinander (zum Beispiel, dass Apps nichts mit Cell-Broadcast, also dem Nachrichten-Versenden innerhalb einer Funkzelle, zu tun haben). Darüber gründlicher zu diskutieren, wird sicher noch reichlich Gelegenheit bestehen.

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 21. Juli 2021
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