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Komplette Erfassung der Arbeitszeit: "Starkes Signal" oder "Bürokratiemonster"?


Komplette Erfassung der Arbeitszeit
"Starkes Signal" oder "Bürokratiemonster"?


Aktualisiert am 14.05.2019Lesedauer: 2 Min.
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Arbeit in einem Büro: Arbeitgeber sind nun verpflichtet die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer vollständig zu dokumentieren.Vergrößern des Bildes
Arbeit in einem Büro: Arbeitgeber sind nun verpflichtet die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer vollständig zu dokumentieren. (Quelle: imago-images-bilder)

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter komplett erfassen. Teile der Opposition im Bundestag dringen auf eine schnelle Reaktion der Bundesregierung.

Arbeitszeiten der Arbeitnehmer müssen komplett dokumentiert werden, hat der Europäische Gerichtshof an diesem Dienstag geurteilt. Die EU-Staaten müssen demnach nun Arbeitgeber verpflichten, Systeme zur Arbeitszeiterfassung einzurichten. Nur so lasse sich überprüfen, ob zulässige Arbeitszeiten überschritten würden. Die deutsche Opposition reagiert prompt, die SPD sieht sich bestätigt, ein Sprecher der CDU bleibt verhalten.

"Kein Hexenwerk, sondern gelebte Praxis"

"Dieses Urteil ist ein starkes, europaweites Signal für die Rechte von Beschäftigten", sagte Susanne Ferschl, Vize-Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke im Bundestag, auf Anfrage von t-online.de. "Mit der einseitigen Flexibilisierung der Arbeitszeit zu Gunsten von Arbeitgebern ist nun Schluss." Sie erwarte von der Bundesregierung eine zügige Umsetzung des Urteils. Denn Arbeitszeiterfassung sei "kein Hexenwerk sondern bereits gelebte Praxis in vielen tarifgebundenen Unternehmen". Sie fordere von Wirtschaftsminister Peter Altmaier, "seine Pläne zur Abschaffung der Dokumentationspflicht beim Mindestlohn damit zu begraben".

Auch eine Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag begrüßte das Urteil des Europäischen Gerichtshofes. "Jetzt ist es endlich amtlich: Arbeitszeit muss immer erfasst werden", sagte Beate Müller-Gemmecke, die in der Faktion für Arbeitnehmerrechte und Arbeitsmarktpolitik zuständig ist, zu t-online.de. Die Arbeitszeiterfassung sei Voraussetzung dafür, dass Überstunden sichtbar würden und jede Stunde Arbeit auch tatsächlich bezahlt werde. "Gerade wenn es um Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice geht, zeigt das EuGH: Es ist auf der Höhe der Zeit."

Union will Urteil zunächst genau prüfen

SPD-Fraktionsvize Katja Mast sah die Haltung ihrer Partei durch das Urteil bestätigt. "Es ist wichtig, dass Arbeitszeit aufgezeichnet wird, damit die Beschäftigen ihren Lohn auch für geleistete Überstunden einfordern können", sagte Mast auf Anfrage von t-online.de. Die Dokumentation bringe aber auch Klarheit für den Arbeitgeber. Die "unsägliche Debatte über angebliche Bürokratie" werde mit dem Urteil beendet. Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten könnten künftig durch die Erleichterung bereits bestehender Aufzeichnungspflichten besser eingehalten und kontrolliert werden – beispielsweise durch Apps mit wenig Zeitaufwand.

Verhaltener äußerte sich Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der Unionsfraktion im Bundestag. Das Urteil müsse nun zunächst ganz genau geprüft werden, sagte er zu t-online.de. "Die meisten Arbeitgeber erfassen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter ohnehin." Auch sei das deutsche Arbeitszeitgesetz schon deutlich präziser als die EU-Richtlinien.

FDP warnt vor potenziellem "Bürokratiemonster"

Auch Uwe Witt, arbeits- und sozialpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, sagte auf Anfrage von t-online.de, es sei längst üblich, die Arbeitszeit von Arbeitnehmern in Deutschland aufzuzeichnen. "Insofern stellt das Urteil für deutsche Unternehmen wahrscheinlich weder eine große Herausforderung noch erheblichen Aufwand dar." Nun müsse das Urteil daraufhin geprüft werden, welche technischen Voraussetzungen ausreichend seien. "Aufwand und Nutzen der Arbeitszeiterfassung müssen in einem vernünftigen Verhältnis stehen."


Deutlich ablehnend reagierte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs. "Durch das Urteil droht ein potenzielles Bürokratiemonster", sagte Johannes Vogel zu t-online.de. In Zeiten der Digitalisierung brauche man mehr statt weniger Möglichkeiten für Vertrauensarbeitszeit und mobiles Arbeiten – "kein zurück zur Stechuhr".

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