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Corona-Ausbruch: Deshalb erhalten Apotheken sechs Euro pro Maske


Grüne kritisieren Praxis
Spahn-Ministerium: Deshalb erhalten Apotheken sechs Euro pro Maske

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 27.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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FFP2-Masken aus der Apotheke: Das Bundesgesundheitsministerium nutzt deren Netz, damit Risikogruppen gegen maximal zwei Euro Zuzahlung Masken abholen können. Die Apotheken erhalten 6 Euro je Stück. Im Oktober war der Bund von einem Durchschnittspreis von 4,82 Euro auf dem Markt ausgegangen.Vergrößern des Bildes
FFP2-Masken aus der Apotheke: Das Bundesgesundheitsministerium nutzt deren Netz, damit Risikogruppen gegen maximal zwei Euro Zuzahlung Masken abholen können. Die Apotheken erhalten 6 Euro je Stück. Im Oktober war der Bund von einem Durchschnittspreis von 4,82 Euro auf dem Markt ausgegangen. (Quelle: Friso Gentsch/dpa-bilder)

Hunderte Millionen Masken, für die die Apotheken pro Stück sechs Euro erhalten: Die Bundesregierung erklärt jetzt, wie es zu diesem Preis kam – und erntet Kritik aus der Opposition.

Deutliche Kritik von den Grünen an der Masken-Strategie von Gesundheitsminister Jens Spahn: Sie begrüßen zwar auch die Ausgabe der Masken mit besserem Schutz an besonders gefährdete Gruppen. Doch die Regierung sei zu zögerlich gewesen und mache nun Apotheker und Lieferanten glücklich.

Sechs Euro, die der Bund für jede in Apotheken ausgegebene Maske zahlt, sind aus Sicht von Maria Klein-Schmeink, Grünen-Fraktionsvize und gesundheitspolitische Sprecherin, ein Preis, "über den jeder, der mit dem Maskengeschäft vertraut ist, nur verwundert den Kopf schüttelt". Während manche Apotheken auch mit großzügigen Zugaben oder Rabatten reagiert haben, wird jetzt klar, wie der Bund auf den Preis gekommen ist.

Bund ermittelte Durchschnittspreis im Oktober

Kurz nach Ablauf einer bereits verlängerten Frist hat Spahns Ministerium auf eine Kleine Anfrage der Grünen geantwortet, die Antwort liegt t-online vor. Der Bund hat demnach zum Stichtag 9. Oktober 2020 vor allem bei Internetanbietern eine Markterhebung durchgeführt. Ergebnis: Das Ministerium ermittelte einen Durchschnittspreis für FFP2-Masken von 4,29 Euro. Das ist ein Betrag, über den sich Großhändler wundern, die selbst im Dezember bei größeren Abnahmemengen noch zu Stückpreisen von einem Euro verkauft hatten.

Der ermittelte Preis von 4,29 Euro sei Grundlage gewesen, den Apotheken sechs Euro einschließlich Umsatzsteuer als Erstattung in Aussicht zu stellen, erklärt Spahns Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Gebhart. Den Betrag pro Maske bekommen Apotheken nun, wenn 34,1 Millionen Berechtigte gegen die entsprechenden fälschungssicheren Scheine der Bundesdruckerei bis zu zwölf Masken abholen können. Aktuell wundern sich auch vielfach Eltern, warum meist privat versicherte Kinder als vermeintliche Risikogruppe solche Berechtigungsscheine erhalten.

Das Ministerium listet viele Gründe auf, warum der Preis angemessen sei. Beratungsleistung, Kosten für die Abrechnung, Kosten für Hygienekonzepte in Vor-Ort-Apotheken im Unterschied zu Versandhändlern. Letzter Punkt: "Vom Erstattungsbetrag sollte ein Anreiz für die Apothekerinnen und Apotheker ausgehen, sich an der mit zusätzlichem Aufwand verbundenen Abgabe der Schutzmasken zu beteiligen".

Apotheken können "großzügiger kalkulieren"

Das ist offenbar gelungen. Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink zu t-online: "Statt die richtigen Schlüsse aus der Preisermittlung zu ziehen, hat die Bundesregierung beschlossen, Apotheker und Lieferanten gleichermaßen glücklich zu machen." Das Fachportal Apotheke Adhoc berichtet, dass sich für viele Apotheken gezeigt hat, "dass sie mit der Vergütung durchaus etwas großzügiger kalkulieren können". Ergebnis: Manche Apotheker, die günstig einkaufen konnten, erlassen Kunden die Zuzahlung von zwei Euro pro Abholung oder geben für einen Berechtigungsschein zusätzliche Masken heraus.

Ein Apotheker sagte dem Portal, er habe bislang 2,95 Euro für eine Maske verlangt, da könne er pro sechs Euro Vergütung zwei herausgeben. In der Branche ist das sehr umstritten.

Beim Einkauf haben Apotheker auch deutlich unterschiedliche Preise bezahlt, je nach Versandanteil ist die Kostenstruktur auch sehr unterschiedlich. Ende 2020 hatten manche Apotheken vor allem Ärger mit der Aufgabe, Masken ohne Berechtigungsscheine herauszugeben, während die Abrechnung aus Sicht mancher Betreiber unfair war.

Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink kritisiert, das Ministerium hätte mit einem Festzuschlag die "Preistreiberei von Zwischenhändlern auf ein vernünftiges Maß begrenzen sollen. Dies wäre nicht einmal ein revolutionäres Vorgehen gewesen." Als es um Schnelltests in der sogenannten AntigenPreisV ging, hatte das Ministerium das auch für angemessen erachtet und kurzzeitig umgesetzt. Da wurde festgelegt, dass Apotheken und Großhandel jeweils nur einen Festbetrag auf den Abgabepreis des Herstellers erheben dürfen.

"Bei den Masken, bei denen ein Einschreiten viel nötiger erscheint, greift die Regierung nicht zu diesem Instrument", so Klein-Schmeink. Das Ministerium hält dagegen, bei 6 Euro je Schutzmaske in den Apotheken habe für den Großhandel und die Hersteller "gar kein wesentlicher Spielraum für Preiserhöhungen" bestanden.

Das Ministerium erklärt jetzt auch, wieso es überhaupt den Weg über Gutscheinversand durch die Kassen und Ausgabe durch die Apotheken gewählt hat. Mehrere hundert Millionen Schutzmasken innerhalb von nur vier Monaten auszugeben, das bedeute erhebliche Anforderungen zur Anschaffung, zur Qualitätsprüfung und Beratung: Die Apothekerschaft verfüge über die nötigen Strukturen und über die notwendigen Beschaffungswege, andere Leistungserbringer und die gesetzlichen Krankenkassen nicht in vergleichbarem Maß.

Zentral einkaufen hätte der Bund aber können, so die Grünen-Politikerin. "Das Gesundheitsministerium hat anscheinend lieber jede Apotheke für sich allein, aber im Wettbewerb mit allen anderen Apotheken zum Einkaufen losgeschickt." Zudem sei unter deutscher EU- Ratspräsidentschaft ein gemeinsames europäisches Gegensteuern versäumt worden: "Dass ohne ein solches vorausschauendes Vorgehen die Maskenpreise für alle nochmal teurer werden, hätte die Regierung wissen müssen." Händler hatten auch berichtet, im Sommer seien Masken aus China wie Sauerbier angeboten worden, es habe aber keine Nachfrage gegeben.

Dass der Bund nicht ein erneutes zentrales Beschaffungsverfahren gestartet habe, sei wohl "Eingeständnis für den Schiffbruch, den das BMG im Frühjahr mit seinem Open-House-Verfahren erlitten hat", so Klein-Schmeink. Da beschäftigte das Ministerium zeitweise bis zu 50 Anwälte, weil es Streit um Qualität und Bezahlung gab und gibt. Der Bund hatte interessierten Händlern eine Abnahme zum Fixpreis von 4,50 Euro garantiert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Antwort auf die Kleine Anfrage
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