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Marlene Lufen Lockdown-Video: Im Gespräch mit Dunja Hayali stellt sie manches klar


Mit Anwalt gegen AfD
Pro und Contra Lockdown: Hayali hinterfragt Lufen

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 03.02.2021Lesedauer: 4 Min.
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Eine Stunde im Gespräch über den Lockdown: Marlene Lufen erklärte Dunja Hayali, wie es zu ihrem mahnenden Video kam.Vergrößern des Bildes
Eine Stunde im Gespräch über den Lockdown: Marlene Lufen erklärte Dunja Hayali, wie es zu ihrem mahnenden Video kam. (Quelle: t-online/screenshot Instagram)

Eigentlich seien sie ja Konkurrentinnen, sagt Marlene Lufen zu Dunja Hayali: Die zwei Moderatorinnen sprechen einträchtig über das bewegende Lockdown-Video von Lufen – und stellen manches klar.

Moderatorin Marlene Lufen wehrt sich nach eigenen Angaben per Anwalt dagegen, dass ihr emotionales Video mit Kritik am Lockdown von der AfD-Fraktion in NRW als Werbung genutzt wird. "Mir war bewusst, dass es viele Reaktionen geben wird", sagte die 50-Jährige im Gespräch mit der Moderatorin Dunja Hayali (46). "Aber niemand hat das Recht, mein Video zu missbrauchen." "Let's Dance"-Jurorin Motsi Mabuse hatte den AfD-Post gesehen und Lufen informiert.

Die AfD-Fraktion nutzte für ihren Post ein Foto aus Lufens Instagram-Video, in dem die Sat.1-Moderatorin sich skeptisch über die weitreichenden Folgen des Lockdowns geäußert hatte. "Ihre Kritik tragen wir schon seit Monaten ins Parlament", hieß es von der Partei. Lufen selbst sagte nun, sie äußere sich auf keiner politischen Ebene, "und auf der schon mal gar nicht."

Nach ihrer heftigen Kritik an den Maßnahmen suchte Lufen das Gespräch mit der Lockdown-Befürworterin Dunja Hayali. Die Moderatorinnen hatten sich vorher noch nie getroffen, beide sprachen in ihrer Freizeit. Lufen berichtete von dem enormen Zuspruch, den sie erfahren habe. "Ich hatte monatelang damit gerungen." Es sei ihr auch nicht so wichtig, wenn sie für das Video in eine Ecke gestellt werde, sagte sie: "Ich nehme wahr, dass viele Menschen sich ernst genommen fühlen." Im Instagram-Live-Video mit Hayali kamen viele Gemeinsamkeiten und einige Unterschiede heraus:

Einigkeit über die Politik: Die Politik habe es nicht leicht, beide wollten den Job nicht machen, sagten Hayali und Lufen. Lufen erklärte: "Mein Interesse bei dem Video war nicht, jemandem das Leben schwer zu machen, bestimmt nicht den Politikern." Sie glaube auch, dass die Politik nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe. Sie wolle der Politik auch keine Vorschläge machen. "Ich will nur, dass wir offen reden."

Uneinigkeit über die Informationslage: Laut Hayali werden bei den Entscheidungen alle Belange gehört. So spreche Familienministerin Franziska Giffey etwa sehr deutlich die Belange der Kinder an. Lufen glaubt hingegen, die Virologen hätten zu sehr das Sagen: "Die werden daran gemessen, dass die Zahlen runtergehen, dass es wenig Tote gibt." Andere Experten müssten andere Dinge berücksichtigen. Gesprochen werde nur über belegte Betten, nicht über die Folgen. Das sei menschlich, sagte sie: "Wenn du die Menschen mitnehmen willst, stellst du die Nebenwirkungen nicht nach vorne."

Einigkeit über Kollateralschäden: Um alle zu schützen, müssten manche besonders schwer tragen. Das abzuwägen sei schwer, sagte Lufen. "Es gibt Äpfel und es gibt Birnen, es gibt nicht nur die Pandemie." Gewaltopfer, psychische Schäden, ruinierte Existenzen. Lufen: "Das ist schrecklich, das muss man benennen!" Um denen eine Stimme zu geben, habe sie das Video gemacht. Auch Hayali sprach von Misshandlungen in Beziehungen und von Gewalt gegen Kinder. "Die Dunkelziffer war schon vor Corona hoch, und jetzt bekommen wir es noch weniger mit. Aber es lässt niemand mutwillig Kinder im Loch sitzen!" Einig waren sich beide Frauen auch: Sie seien zwar ins Stimmungsloch gefallen, seien aber privilegiert: "Wir müssen uns keine Sorgen machen, ob wir die Miete zahlen."

Uneinigkeit beim Horror-Vergleich: Hayali fragte Lufen nach einem Satz in deren Video, bei dem sie zusammengezuckt sei: "Immer, wenn jemand erklärt, wir müssen die Zähne zusammenbeißen, hat eine Frau die Faust im Gesicht oder ein junger Mensch springt von der Brücke." Könne man so nicht sagen, fand Hayali. Zudem hatten einzelne Landeskriminalämter bei einer Umfrage bisher keine Erkenntnisse über höhere Suizidzahlen 2020. Könne man wohl sagen, antwortete Lufen: "Es wird ja auch mit den Menschen an Beatmungsgeräten argumentiert, wenn wir Jugendliche von der Party abhalten wollen."

Einigkeit über Maßnahmen an sich: Lufen hatte im Wut-Video noch von dem Gefühl gesprochen, in einigen Jahren mit Reue auf diese Zeit zurückzuschauen und "zu denken, wir haben es falsch gemacht, dass dieser Lockdown das Falscheste ist, was wir hätten machen können." Im Gespräch mit Hayali präzisierte sie. Sie habe nichts gegen Schutzmaßnahmen an sich: "Ich bin aber für Nachbessern, wo es möglich ist." Wo das der Fall ist, könne sie auch nicht sagen, aber es müsse darüber gesprochen werden.

ZDF-Moderatorin Hayali pflichtete bei, es sei nicht alles nachvollziehbar, sie kritisiere auch manches. Mit einem früheren, härteren Lockdown und besserer Vorbereitung hätten auch Schulen und Kitas nicht geschlossen werden müssen. Hayali berichtete aber auch von ihrer Schwester, die im Gesundheitswesen tätig ist: "Die Zahlen sind noch hoch. Im Kreis Recklinghausen gibt es nur fünf freie Intensivbetten." Wenn das Gesundheitssystem kollabiert, "dann sind wir am Arsch", so Hayali.

Uneinigkeit über Berichterstattung: Lufen betonte, sie habe denen eine Stimme geben wollen, die sonst gar nicht gehört werden, die niemand wahrnehme. Sie räumte aber ein: Zahlen in ihrem Video habe sie auch aus Medienberichten. Hayali wandte ein, viele versuchten, das ganze Bild zu sehen. Sie selbst sei im Pflegeheim gewesen, als die Alten noch alleine sterben mussten. Sie habe auch ein Frauenhaus besucht. Es werde natürlich auch über Folgen berichtet. "Aber vielleicht nehmen wir andere Dinge wahr", so Hayali. Die Sat.1-Kollegin sah sich durch die Reaktionen auf ihr Video bestätigt: "Würde das ausreichend gezeigt, dann hätte mein Video doch nicht diese Resonanz gefunden."

Einigkeit über Solidarität: Beide lobten, wie viele Menschen sich solidarisch zeigten. "Das ist wunderbar", sagte Lufen. Hayali ermunterte dazu, noch genauer hinzusehen, ob jemand Hilfe brauche. Eine Lehre müsse auch sein, Präventionsangebote künftig auszubauen. Von Lufen kam ein Vorschlag für einen Solidaritätsfonds: "Es empfinden bestimmt noch mehr Menschen als unfair, dass sie normal weiterverdienen, während andere ihre Altersversicherung auflösen müssen. Ich möchte gerne in einen Fonds einzahlen und andere dazu aufrufen. Ich wünsche mir ein gutes Modell."

Verwendete Quellen
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