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CDU schließt Max Otte aus | Friedrich Merz, der Mann mit der Rasierklinge


Friedrich Merz
Der Mann mit der Rasierklinge


Aktualisiert am 26.01.2022Lesedauer: 4 Min.
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Designierter Parteichef Friedrich Merz: Und dann ging alles ganz schnell.Vergrößern des Bildes
Designierter Parteichef Friedrich Merz: Und dann ging alles ganz schnell. (Quelle: Chris Emil Janßen/imago-images-bilder)

Das ging schnell: Die CDU schließt Max Otte aus, weil er für die AfD bei der Bundespräsidentenwahl antreten will. Parteichef Merz wird intern zwar für seine klare Kante bejubelt. Doch die Probleme bleiben.

So sieht sie also aus, die neue Einheit der CDU. Verkörpert wird sie an diesem Dienstagabend vom alten Generalsekretär Paul Ziemiak und von seinem Nachfolger Mario Czaja. Seite an Seite stehen sie mit ernster Miene in der CDU-Zentrale in Berlin. Ziemiak nennt es einen "beispiellosen Vorgang", dass sich ein Parteimitglied von der AfD für die Wahl zum Bundespräsidenten habe aufstellen lassen. Deshalb habe man ihn vorläufig aus der CDU ausgeschlossen.

Mario Czaja, der neue General, erklärt, der designierte Parteichef Friedrich Merz stehe "voll und ganz" hinter dieser Entscheidung. Als die beiden die Bühne verlassen, liegt zwischen ihnen teilweise weniger als ein Meter. Wir haben eine einmütige, klare Haltung, das ist die Botschaft.

Der Dienstag war eine Art Feuerprobe für Merz. Gerade mit einer überwältigenden Mehrheit am vergangenen Wochenende zum neuen Chef der Christdemokraten gewählt, musste er bereits die Parteigremien zu einer Sondersitzung zusammentrommeln. Der Grund: Der "Werte-Union"-Chef Max Otte hatte angekündigt, die Nominierung von der AfD als Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten anzunehmen.

"Der Neustart der Partei ist gelungen"

Otte hat keine Chance, selbst die CDU hat neben Grünen, der FDP und der SPD bereits angekündigt, für eine zweite Amtszeit von Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier zu stimmen. Doch für die Christdemokraten war der Vorstoß dennoch eine Ungeheuerlichkeit, es ging um die politische Botschaft: Einer mit unserem Parteibuch? Als Kandidat der AfD? Wirklich?

Es ging dann alles sehr schnell, Otte wurde rausgeworfen. Zwar kann er sich theoretisch dagegen vor einem Parteigericht beschweren, doch seine Chance auf Erfolg tendiert gegen null. Der neue Parteichef Friedrich Merz, der in letzter Zeit eher mit dem politischen Florett gefochten hatte, bewies, dass er den Griff zur Rasierklinge nicht verlernt hat. Klarer hätte seine Antwort nicht sein können.

Silvia Breher, Vizevorsitzende der CDU sagt t-online: "Wir haben seit Langem einen Unvereinbarkeitsbeschluss für jegliche Zusammenarbeit mit der AfD. Diese Brandmauer wurde heute für alle sichtbar und das ist gut so." Die einflussreiche Chefin der Mittelstandsunion, Gitta Connemann, ergänzt: "Mit Friedrich Merz und der neuen CDU gibt es keinen Schlingerkurs. Und wir ziehen an einem Strang. Am Ende hat der heutige Tag gezeigt, dass der Neustart der Partei gelungen ist."

Doch der große Knall vom Dienstag legt auch einen grundlegenden Konflikt in der Union offen: Wie weit rechts sind Positionen eigentlich noch vertretbar? Bei der AfD verläuft eine Grenze, das hat Merz unmissverständlich klargemacht und seine Partei ist ihm dabei bereitwillig gefolgt. Doch die wahre, tiefere Auseinandersetzung steht erst noch bevor.

In der Union sorgt die "Werte-Union" oft für Ärger

Nun ist die "Werte-Union", deren Chef Max Otte ist, ein Sonderfall. Otte kokettiert schon lange mit einer Nähe zur AfD und ist bei seinem Aufstieg in der Splittergruppe nicht zimperlich vorgegangen. Der ehemalige Vorsitzende Alexander Mitsch zog sich irgendwann zurück. "Otte hat mit einer kleinen Gruppe handstreichartig die Macht in der Werte-Union übernommen. Er tut so, als wäre er ein normales Mitglied der CDU, aber steht auf einem völlig anderen Wertefundament", sagt jemand aus der Spitze der Christdemokraten.

Innerhalb der CDU herrschte schon oft Ärger über die rechten Äußerungen, die aus der "Werte-Union" zu hören sind. Sie prägen bisweilen das Bild, den gesamten Auftritt der Christdemokraten. Das ist angesichts von etwa 4.000 Mitgliedern bemerkenswert, zumal der Verein zudem auch keine offizielle Untergruppe der CDU ist – die etwa 380.000 Mitglieder hat.

MIT-Chefin Connemann sagt deshalb auch über den Rauswurf von Otte: "Diese Klarheit haben wir uns gewünscht – auch bei Abgrenzungen. Denn konservativ und "Werte-Union" haben nichts miteinander zu tun."

Für Friedrich Merz könnte deshalb die größte Herausforderung erst beginnen. Er hat oft erklärt, man könne Wähler der AfD zurückholen. Und jetzt? Jetzt positioniert sich er, der lange als Liebling der Konservativen galt, nun hart gegen zu rechte Positionen.

Doch selbst seine Gegner halten das für richtig. Langfristig, so heißt es intern bei der Union bereits, brauche Merz aber eine Strategie. Nicht jeder mache es einem so leicht wie Otte. Ihn rauszuwerfen war nach seinem politischen Harakiri geradezu eine Selbstverständlichkeit.

Was, wenn der nächste Maaßen aufsteht?

Ein weiterer, bisher prominenter Vertreter der "Werte-Union" war Hans-Georg Maaßen. Mittlerweile hat der zwar seinen Austritt erklärt, doch der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes kandierte für den Bundestag und bewies mit etlichen Äußerungen seine Positionierung am rechten Rand. Noch im Wahlkampf rang die Parteispitze immer wieder mit Maaßen. Armin Laschet war in seiner Ablehnung eigentlich klar, aber rauswerfen konnte er ihn nicht. So saß man also zähneknirschend in der Parteizentrale, als Maaßen im Wahlkampf mal wieder über die öffentlich-rechtlichen Medien wütete.

In der CDU wird bereits diskutiert: Wie soll das künftig weitergehen? Was, wenn der nächste Maaßen plötzlich aufsteht? Der müsste ja dann nicht einmal aus der "Werte-Union" sein.

Bei den Mitgliedern wächst der Wunsch nach einer klareren Positionierung der Union gerade im konservativen Politikfeld. Auch, um dann möglichen Wählern ein Angebot machen zu können. Der Hamburger Landeschef Christoph Ploß sagt t-online: "Wir brauchen eine selbstbewusste bürgerliche Politik, damit holen wir auch Wähler zurück, die sich aus Protest mal der AfD zugewandt haben. Aber eine Anbiederung an die Rechtspopulisten darf es nicht geben."

Vor einer Woche gab es bereits den nächsten Vorstoß: Die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt verkündete, man wolle "langfristig" das ARD-Hauptprogramm abschaffen. Übrig bleiben sollten regionale Landesrundfunkanstalten.

Die Fraktion ruderte später zwar zurück, doch in der Partei gärt es unter den Konservativen. Merz wird nun denjenigen, die teilweise seit Jahren seine Fans sind, zeigen müssen, wo er die CDU künftig inhaltlich verankern und wie weit er ihnen entgegenkommen will.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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