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"Reichsbürger"-Razzia: So leicht kommt jeder in den Bundestag


Sicherheitsregeln im Parlament
Einfach so in den Bundestag?

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 12.12.2022Lesedauer: 3 Min.
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Polizisten bewachen nach dem versuchten Sturm auf den Reichstag im Sommer 2020 den Parlamentssitz: Die Putschpläne von Reichsbürgern haben eine Diskussion über die Sicherheit des Bundestages entfacht. (Quelle: John MacDougall/AFP/Getty Images)

Im Zuge der "Reichsbürger"-Razzia hat die Polizei die frühere AfD-Abgeordnete Malsack-Winkemann festgenommen. Sie hatte bis zuletzt Zugang zum Bundestag. Wie kann das sein?

Sie hätte nach einem möglichen Staatsstreich Justizministerin werden sollen: Der Berliner Richterin und AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkemann kommt nach Informationen der Bundesanwaltschaft in den kruden Umsturz-Plänen der "Reichsbürger" eine Schlüsselrolle zu. Vergangene Woche war sie in diesem Zusammenhang bei einer Razzia mit weiteren 24 Personen festgenommen worden.

Umso erschreckender für viele: Malsack-Winkemann war noch bis vor einem Jahr Abgeordnete der AfD im Bundestag – und hatte als solche bis zuletzt noch Zugang zum Deutschen Bundestag.

Zwar ist ihre Eingangskarte bis zum Vorliegen weiterer Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren zunächst gesperrt. Angesichts der Sturmpläne auf den Reichstag fragen sich dennoch viele: Sie die Zugangsregelungen für das Parlament in Berlin zu lasch? Und wer hat überhaupt Zutritt zum Reichstag und den angegliederten Verwaltungsgebäuden?

Die Opposition fordert bereits, den Zugang stärker zu überwachen. "Der bisher sehr liberale Zugang zu Bundestagsliegenschaften für ehemalige Abgeordnete muss neu geregelt werden", sagt CSU-Politiker Stefan Müller t-online. "Der Zutritt zum Bundestag muss künftig mit einer Sicherheitsüberprüfung verbunden werden".

Gemeint ist ein polizeilicher Check vor dem Besuch. Die Vorgänge rund um die ehemalige AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann müssten sehr ernst genommen werden. "'Reichsbürger' dürfen keinen Zutritt in unser Parlament haben", so Müller weiter.

Parteien diskutieren über verschärfte Regelungen

Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja sprach sich für eine strengere Zugangskontrolle aus. Es habe schon einmal die Situation gegeben, "dass auf einmal Personen dort waren, die Abgeordnete und Minister beleidigt haben", sagte er am Montag im "ARD-Morgenmagazin".

Dass Malsack-Winkemann bis zuletzt im Bundestag ein und aus gehen konnte, liegt an einer Regelung für ehemalige Abgeordnete. Die AfD-Politikerin hatte, so wie alle ausgeschiedenen Parlamentarier, die dies wünschen, einen Ehemaligenausweis erhalten. Mit diesem können sie auch nach Ablauf ihrer Mandatszeit weiter die Gebäude des Bundestags betreten. Sie müssen lediglich ihr Gepäck durch eine Röntgenkontrolle schicken und sich mit einem Metalldetektor absuchen lassen.

Neben einer möglichen Verschärfung des Waffenrechts dürften die Forderungen nach strengeren Zugangskontrollenden in den Sitzungen des Innen- und Rechtsausschusses ein heiß diskutiertes Thema sein. Womöglich ist dann bald Schluss mit den derzeitigen Regeln für Ex-Abgeordnete, vielleicht werden jedoch auch andere Gruppen betroffen sein.

t-online erklärt, wie der Zugang für Bürger, Journalisten und (frühere) Abgeordnete im Bundestag bislang geregelt ist:

Als Tourist in den Bundestag

Die meisten Menschen besuchen den Reichstag und seine gläserne Kuppel als Touristen. Dazu müssen sie auf der Webseite des Bundestages ein Formular mit Kontaktdaten ausfüllen. Der Besucherdienst prüft dann die Verfügbarkeit der zu besuchenden Veranstaltung. Am Besuchstag wird dann der Personalausweis überprüft, Taschen werden durchleuchtet und der Besucher geht durch einen Metalldetektor.

Als Mitarbeiter in den Bundestag

Mitarbeiter im Bundestag haben Chipkarten als Hausausweise und können so das Gebäude betreten. Sie müssen nicht durch eine separate Sicherheitsschleuse gehen, sofern sie im Rahmen ihrer Einstellung eine Sicherheitsüberprüfung der Bundespolizei durchlaufen haben.

Wer als Mitarbeiter einen Besucher in den Bundestag mitnehmen möchte, muss diesen mindestens drei Tage vorher mit einem Formular beim Besucherdienst anmelden. Gäste erhalten dann einen Besucherausweis, sie und ihr Gepäck werden beim Betreten des Gebäudes durchleuchtet.

Journalisten im Bundestag

Wer über die Mitglieder des Deutschen Bundestages, Plenardebatten oder Ähnliches berichten will und dafür Zugang zum Bundestag benötigt, muss sich als Journalist akkreditieren lassen. Das Pressereferat des Bundestages prüft die Anträge und stellt daraufhin jährliche oder kurzzeitige Zugangsausweise aus. Beim Betreten der Liegenschaften müssen Journalisten wie andere Besucher auch den Sicherheitscheck durchlaufen.

Als Abgeordneter in den Bundestag

Aktive Abgeordnete können den Bundestag ohne separate Sicherheitskontrolle betreten. Und bis vor Kurzem durften sie dabei auch bis zu drei Gäste ohne vorherige Anmeldung mitnehmen. Als Reaktion auf mehrere Zwischenfälle in der jüngeren Vergangenheit hat sich das jedoch geändert: Seit diesem Sommer müssen die Parlamentarier ihre Besucher anmelden. Die Gäste müssen sich einer Ausweisüberprüfung und einem Sicherheitscheck beim Betreten der Gebäude unterziehen. Zudem dürfen sie sich in Sitzungswochen nicht mehr auf der Plenarebene im Bundestag aufhalten.

Ehemalige Bundestagsabgeordnete konnten bis zur vergangenen Legislaturperiode ebenfalls ohne weitere Überprüfung in den Bundestag. Dies wurde aber angepasst, mittlerweile müssen sie sich ebenfalls durchleuchten lassen. Ob diese Regelungen nun noch strenger werden, könnte maßgeblich durch den Fall von Malsack-Winkemann beeinflusst werden (siehe oben).

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement von Stefan Müller
  • Website des Deutschen Bundestages
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