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AfD-Chefin Alice Weidel lehnt CDU-Vorstoß ab: "Naiv und gefährlich"


Individuelles Asylrecht abschaffen?
"Naiv und gefährlich": AfD-Chefin lehnt CDU-Vorstoß ab

  • Annika Leister
Von Annika Leister

Aktualisiert am 19.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Alice Weidel: Die AfD-Chefin positioniert sich klar gegen einen Vorstoß aus der CDU.Vergrößern des Bildes
Alice Weidel: Die AfD-Chefin positioniert sich klar gegen einen Vorstoß aus der CDU. (Quelle: Christian Spicker)

Keine individuellen Asylanträge mehr, dafür eine Aufnahme von Flüchtlingen über Kontingente? Der Vorstoß aus den Reihen der CDU polarisiert. AfD-Chefin Alice Weidel hält ihn für "gefährlich".

Die AfD lehnt den Vorstoß der CDU ab, das individuelle Recht auf Asyl abzuschaffen und Flüchtlinge stattdessen über Kontingente aufzunehmen. "Das Hauptproblem ist nicht ein individuelles Asylrecht, sondern die verfehlte Anwendung", sagte AfD-Chefin Alice Weidel t-online. "Weitere großzügige Kontingent-Aufnahmen werden mitnichten eine Einwanderung 'deckeln', diese Annahme ist naiv und gefährlich."

"Es kann nicht sein, dass weiter ungeregelte Einwanderung unter dem Deckmantel des Asyls stattfindet", so Weidel weiter. Statt Kontingente zu schaffen, müsse wieder zum Kern des Asylrechts nach der Genfer Konvention zurückgefunden werden: "Asyl ist Schutz vor Verfolgung auf Zeit und kein Ticket für illegale Einwanderung." Würden die Dublin-Regelungen durchgesetzt, "stünde Deutschland nicht vor den gigantischen Problemen". Die Dublin-Verordnung besagt, dass ein Flüchtling in dem Staat um Asyl bitten muss, in dem er den EU-Raum erstmals betreten hat.

Der CDU-Vorschlag gehe an den Kernproblemen vorbei und werde die Pull-Faktoren weiter erhöhen. "Diese Forderung reiht sich nahtlos in die verheerende Migrationspolitik der CDU ein", so Weidel.

Bis zu 400.000 Flüchtlinge pro Jahr "direkt auswählen"

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Thorsten Frei, schlägt vor, das Recht einzelner Migranten, auf europäischem Boden Asyl zu beantragen, abzuschaffen und durch Aufnahme-Kontingente zu ersetzen. 300.000 bis 400.000 Flüchtlinge pro Jahr sollten direkt im Ausland ausgewählt und dann in Europa verteilt werden. "Eine Antragstellung auf europäischem Boden wäre nicht länger möglich, der Bezug von Sozialleistungen und Arbeitsmöglichkeiten umfassend ausgeschlossen", schrieb der CDU-Politiker in der "FAZ".

Auf die Frage, ob er mit seinen Vorschlägen auch auf die zurzeit hohen Zustimmungswerte für die AfD reagiere, sagte Frei, er schaue nicht so sehr auf die politischen Werte anderer Parteien. "Sondern ich mache das, wofür Politiker aus meiner Sicht da sind: Wir haben ein objektives Problem, das viele Menschen bei uns im Land als eine große Herausforderung und ein großes Problem identifizieren." Es sei Aufgabe der Parteien, Vorschläge zu machen, wie man damit umzugehen habe.

Kritik an Freis Vorstoß ist groß

Die Kritik an Freis Vorstoß ist nicht nur bei der AfD groß. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Deutschland betont, dass er rechtlich nicht umsetzbar sei. Das Asylrecht sei ein individuelles Recht. "Es bedarf einer Einzelfallprüfung und kann nicht zahlenmäßig begrenzt werden. Das verbietet das Völkerrecht, vor allem die Flüchtlingskonvention."

Der Migrationsexperte Daniel Thym kritisierte Freis Vorschlag als nicht zielführend. Es kämen dennoch Menschen nach Europa, die kein Asyl beantragen und nicht arbeiten könnten. "Im Ergebnis würde Herr Freis Vorschlag also bedeuten, eine große Schicht prekär lebender Personen in Deutschland zu schaffen", sagte Thym der "Welt".

Der Linken-Abgeordnete Jan Korte twitterte: "Die CDU dreht jetzt völlig frei. Schon bei Seehofer konnte man deutlich sehen: Wenn Konservative versuchen, die AfD rechts zu überholen, stärkt das nur das Original."

Weidel: "Nerven scheinen bei der CDU blank zu liegen"

Andere Kräfte in der CDU fordern statt Annäherung an ihre Vorschläge einen ganz anderen Umgang der Partei mit der AfD. Der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, CDU-Politiker Marco Wanderwitz, dringt in einem Brief an die Mitglieder der Unionsfraktion darauf, ein AfD-Verbot anzustoßen. Das Schreiben liegt t-online vor.

AfD-Chefin Weidel reagiert darauf mit Unverständnis: "Die Nerven scheinen bei der CDU mittlerweile völlig blank zu liegen", sagte sie t-online. "Hier offenbart sich ein erschreckendes Demokratieverständnis, wenn über 20 Prozent der Wähler in ihrer demokratischen Teilhabe eingeschränkt werden sollen.“

Ex-Ostbeauftragter: "Eindeutig rechtsradikale Partei"

Wanderwitz schreibt, er setze sich bereits seit Längerem für ein Verbotsverfahren ein. Die aktuell guten Umfrageergebnisse der AfD spielten dabei keine Rolle, ausschlaggebend sei die Radikalität der AfD. "Nicht wenige Wählerinnen und Wähler der AfD wählen sie gerade deshalb, weil sie eine rechtsradikale Partei ist, deren rechtsradikale Programmatik sie teilen. Diese Leute wollen ein anderes Land!"

Die AfD erfülle seiner Einschätzung nach "inzwischen alle Voraussetzungen für ein Parteiverbot" im Sinne des Grundgesetzes. Es handele sich in "Programmatik und bei den handelnden Personen, Vorständen, Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten, eindeutig um eine rechtsradikale Partei und rechtsradikale Personen".

Wanderwitz verweist auch auf das Bundesamt für Verfassungsschutz, das die AfD als Gesamtpartei als "rechtsextremen Verdachtsfall" beobachtet. Wanderwitz weiter: "Die AfD legt ununterbrochen die Axt an die Fundamente unserer Demokratie, agiert aggressiv und kämpferisch gegen die Freiheitlich demokratische Grundordnung." Mit inhaltlicher Auseinandersetzung und guter Regierungsarbeit sei der "harte AfD-Kern" nicht kleinzubekommen. "Im Gegenteil schreitet die Infektion fort."

Verwendete Quellen
  • Mit Material von dpa
  • Anfrage an Alice Weidel
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