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Ins Mandat geputscht – AfD-Spitze will Daniel Halemba aus der Partei werfen


Himmlerfan und Hitlergruß
Fliegt Skandalpolitiker Halemba jetzt aus der AfD?

  • Annika Leister
Von Annika Leister

Aktualisiert am 12.12.2023Lesedauer: 4 Min.
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Tag nach der Festnahme: Daniel Halemba am Dienstag im bayerischen Landtag.Vergrößern des Bildes
Daniel Halemba: Die Spitze der AfD will ihn nicht mehr in der Partei. (Quelle: Peter Kneffel/dpa)

Stramm rechtsextrem und im Visier der Justiz: Der AfD-Bundesvorstand will Daniel Halemba aus der Partei ausschließen. Die AfD in Bayern könnte das die Oppositionsführerschaft kosten.

Lange schwieg die AfD-Spitze, nun sucht sie deutlich Distanz: Geht es nach dem AfD-Bundesvorstand, soll der bayerische Landtagsabgeordnete Daniel Halemba aus der AfD ausgeschlossen werden.

Der Bundesvorstand fordert den Landesvorstand Bayern auf, ein Parteiausschlussverfahren gegen Halemba anzustrengen. Außerdem soll der Landesvorstand Halemba sofort die Mitgliedsrechte entziehen. Das hat die Bundesspitze nach Informationen von t-online in ihrer Sitzung am Montagabend beschlossen. Zuerst hatte der Bayerische Rundfunk über die Entscheidung berichtet.

Gegen Halemba laufen Ermittlungen wegen Volksverhetzung, seine Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg wird inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet. In der Partei gibt es außerdem massive Vorwürfe gegen Halemba – wie t-online berichtete, hatte er seine Kandidatur für den Landtag mit dubiosen Methoden abgesichert und soll dabei gegen die Satzung der Partei verstoßen haben.

Den Ausschlag für die Entscheidung der AfD-Spitze dürften dabei stärker Halembas Verstöße gegen die Parteisatzung als seine rechtsextreme Einstellung und die Ermittlungen der Behörden gegen ihn gegeben haben. Laufende Ermittlungsverfahren wartet die AfD-Spitze in der Regel ab und betont seit jeher das Prinzip der Unschuldsvermutung. Der Bericht von t-online aber schlug hohe Wellen, viele in der Partei waren über die Skrupellosigkeit empört, mit der Halemba vorging, um ein Mandat im Landtag zu erreichen.

Bayerns AfD-Chef Stephan Protschka wollte sich auf Anfrage von t-online am Dienstagmorgen noch nicht zu der Entscheidung der Bundesspitze äußern. Er verwies auf eine Sitzung des Landesvorstands am Donnerstagabend.

Wie positioniert sich Bayern?

Ob die Spitze der Bayern-AfD dem Wunsch des Bundesvorstands nachkommt, ist nicht sicher. In Bayern hat Halemba viele Unterstützer, hier sind die Junge Alternative, das Netzwerk der Burschenschafter sowie der rechtsextreme Flügel der Partei besonders stark. Massive Vorwürfe gegen Halemba waren im Landesvorstand lange bekannt, ohne dass man reagierte.

Ein Parteiausschluss von Halemba hätte außerdem auch Folgen im Landesparlament für die AfD: Sollte die Bayern-AfD Halemba als Mitglied ihrer Fraktion im Landtag verlieren, verliert sie auch die Rolle als Oppositionsführer. Zwar könnte Halemba theoretisch aus der Partei ausgeschlossen werden, aber in der Fraktion verbleiben – ein solches Vorgehen wäre aber unplausibel und dürfte zu Protest sowie weiterer Unruhe in der Partei führen.

Auf das erstmalige Erringen des Titels als Oppositionsführer war die AfD in Bayern nach der Landtagswahl im Oktober besonders stolz. Er sichert ihr besondere Rechte – sie darf auf Erklärungen der Regierungsparteien CSU und Freie Wähler im Parlament zum Beispiel zuerst antworten.

Die Rolle erlangte die AfD nur denkbar knapp: Im bayerischen Landtag liegt die AfD mit Blick auf die Mandate gleichauf mit den Grünen, ihrem größten erklärten politischen Gegner. 32 Sitze im Parlament haben beide Parteien, wegen des Gleichstands entschied bisher die Gesamtstimmenzahl bei der Landtagswahl über die Oppositionsführerschaft. Hier lag die AfD vorne.

Verliert die AfD aber ein Mitglied ihrer Fraktion, übernehmen die Grünen. Grund hierfür ist eine Änderung der Geschäftsordnung des bayerischen Landtags von Ende Oktober. Hier heißt es nun: "Die Reihenfolge der Fraktionen bestimmt sich nach der aktuellen Zahl ihrer Mitglieder." Zuvor war nicht die aktuelle Stärke der Fraktion ausschlaggebend, sondern die "Zahl ihrer Mitglieder zu Beginn der Legislaturperiode".

Einflussreiche Halemba-Freunde im Bayern-Vorstand

Der Wind in der AfD hatte sich nach massiven Solidaritätsbekundungen zuletzt deutlich gegen Halemba gedreht. Die Vorwürfe der Behörden gegen Halemba seien zu groß, sein Verhalten massiv parteischädigend, hieß es zunehmend. Selbst Unterstützer des rechtsextremen Flügels der Partei, in dem Halemba hervorragend vernetzt ist, gingen auf Distanz.

In der Fraktion wie im Landesvorstand Bayern sind die Mehrheiten im Fall Halemba jedoch unklar. Die Landtagsfraktion hatte sich besonders laut und deutlich hinter Halemba gestellt: Die bayerische Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner sprach nach Halembas Verhaftung von "fadenscheinigen Gründen" und "staatlicher Repression". Fraktionsvize Martin Böhm, der im Wahlkampf Spitzenkandidat war, erklärte: Die Fraktion stehe "vollumfänglich" hinter Halemba. Böhm sitzt wie weitere Landtagsabgeordnete im Vorstand der AfD Bayern, er ist auch hier Stellvertreter.

Waffen, Himmler und "Sieg Heil"

Die Vorwürfe gegen Halemba beschäftigen Behörden wie Medien seit Monaten: Bei einer Razzia im September wurden Waffen und NS-Devotionalien im Haus der Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag gefunden, bei der Halemba sowie weitere Mitglieder der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) Mitglieder sind. In Halembas Zimmer soll ein SS-Befehl von Himmler an der Wand gehangen haben, im Gästebuch soll der Hitlergruß "Sieg Heil" mit seinem Namen unterschrieben worden sein.

Wegen Verdunkelungsgefahr erging ein Haftbefehl gegen Halemba – es gab die Befürchtung, er könnte Zeugen beeinflussen. Halemba aber entzog sich der Justiz und tauchte zunächst unter. Am Tag der konstituierenden Sitzung des Landtags wurde Halemba dann kurzzeitig verhaftet, die Ermittlungen gegen ihn laufen. In der vergangenen Woche gab der Verfassungsschutz bekannt, dass er Halembas Burschenschaft seit Dezember beobachtet, wie das "Main-Echo" zuerst berichtete.

Wie Recherchen von t-online offenlegten, war Halemba parteiintern außerdem bereits zuvor auffällig geworden: Seine Kandidatur für die Landtagswahl sicherte er mit dubiosen Methoden ab, indem er als AfD-Kreisvorsitzender in Würzburg die Aufnahmepapiere für neue Parteimitglieder unterzeichnete, die ihn bei der Aufstellungsversammlung unterstützten. Tatsächlich aber lebten zwei dieser Neumitglieder nicht in Würzburg und hätten deswegen in einem anderen Kreisverband aufgenommen werden müssen.

Gegen Tanja Ehrensberger, eine parteiinterne Kritikerin, soll Halemba außerdem gemeinsam mit einem befreundeten Juristen, der ebenfalls Mitglied der Burschenschaft wie der JA ist, unwahre eidesstattliche Versicherungen eingeholt haben. Trotz massiver parteiinterner Vorwürfe und Anträgen auf Parteiausschluss wurden vom Bezirksvorstand Unterfranken sowie dem Landesvorstand Bayern nie Konsequenzen gezogen.

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"Einer von oben gibt den Befehl und alle folgen. Egal wie zweifelhaft, egal wie illegal das Geforderte ist", sagte Ehrensberger t-online. "Das ist eine rechtsextreme Sekte." Mehrere Mitglieder traten wegen Halembas Vorgehen und der fehlenden Aufarbeitung der Landesspitzen bereits aus der Partei aus.

Nach dem Bericht von t-online forderte der AfD-Bundesvorstand zunächst bis Ende November Aufklärung von Halemba, dem Landesvorstand Bayern, dem Bezirksvorstand Unterfranken sowie der Jungen Alternative Bayern. Sie sollten sich bis Ende November zum t-online-Artikel "Halemba und der Putsch der Burschen" sowie zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Halemba schriftlich äußern. Alle Adressierten antworteten. Knapp zwei Wochen ließ der Bundesvorstand sich Zeit – nun reagiert er scharf.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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