Geheimdokument AfD-Gutachten veröffentlicht – Konsequenzen für Medien?

Das Gutachten des Bundesverfassungsschutzes über die AfD ist inzwischen im Netz zu finden. Verschiedene Medien haben es publiziert – mit juristischen Folgen?
Die Veröffentlichung des Gutachtens des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur AfD könnte noch juristische Folgen haben. Die Magazine "Spiegel" und "Cicero" haben das eigentlich als Verschlusssache eingestufte, mehr als 1.100 Seite starke Dokument veröffentlicht. Ob und gegebenenfalls welche Folgen das nach sich zieht, ist unklar.
Auf eine Anfrage nach möglichen juristischen Schritten antwortete das Bundesinnenministerium nicht direkt. Es verwies stattdessen auf die Gesetzeslage. Demnach stellen die Geheimschutzbeauftragten der betroffenen Behörden, wenn der Verdacht eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht, "den Sachverhalt fest und treffen die erforderlichen Maßnahmen". Was das im konkreten Fall genau bedeutet, ließ das Ministerium auf erneute dpa-Nachfrage offen.
AfD klagt gegen Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch"
Der Verfassungsschutz hatte am 2. Mai nach mehrjähriger Prüfung bekanntgegeben, die AfD fortan als gesichert rechtsextremistische Bestrebung zu führen. Die Partei hat vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Köln eine Klage und einen Eilantrag dagegen eingereicht und will dem Inlandsnachrichtendienst gerichtlich untersagen lassen, dass er sie so einordnet und behandelt.
Wegen der ausstehenden Gerichtsentscheidung bezeichnet das Bundesamt die Partei vorerst nicht mehr öffentlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung und beobachtet sie auch nicht dementsprechend. Der Inlandsgeheimdienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab. Wann die Entscheidung im Eilverfahren getroffen wird, ist unklar.
Die AfD gilt unterdessen weiterhin als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Gegen diese Einstufung hatte die Partei ebenfalls geklagt – erfolglos. Ein entsprechendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster ist noch nicht rechtskräftig. In der Vergangenheit war es üblich, dass ein Gutachten anfangs nur im Bundesamt für Verfassungsschutz, im Bundesinnenministerium sowie bei den Verfassungsschutzämtern und -abteilungen der Länder vorlag. Wenn es zu einem Verfahren bei Gericht kommt, erhält es neben dem Gericht dann auch der Kläger.
Viele Äußerungen der AfD sind ohnehin öffentlich
Viele der Äußerungen, die in dem Gutachten aufgelistet sind, sind ohnehin öffentlich. Dazu zählen unter anderem Auszüge des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden, Björn Höcke, bei einer Wahlkampfveranstaltung 2024, wo er demnach sagte: "Die Kartellparteien schaffen sich gerade ein neues Volk. Freunde, das müssen wir verhindern, sonst verlieren wir diese Demokratie."
Kritisch beleuchtet wird in dem mehr als 1.100 Seiten umfassenden Dokument unter anderem auch die Positionierung der Partei zum Nationalsozialismus. So schreibt der Verfassungsschutz etwa, die Behauptung von Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt, "ausschließlich die NS-Führungsriege habe Verbrechen begangen und das deutsche Volk sei dem wehrlos ausgesetzt gewesen", widerspreche den Forschungsergebnissen der internationalen Geschichtswissenschaft.
Angesichts einer Vielzahl von verfassungsschutzrelevanten Äußerungen von mehreren Hundert Parteimitgliedern sei die Zahl der bekannt gewordenen Parteiordnungsmaßnahmen gering, bilanziert der Verfassungsschutz an anderer Stelle in dem Gutachten.
- Nachrichtenagentur AFP