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Linnemann: Streit über Bürgergeld-Idee – "will Kurs der menschlichen Kälte"


Kritik an CDU-Generalsekretär
"Das ist schlichtweg unverantwortlich"

Von t-online, job

10.06.2025 - 13:15 UhrLesedauer: 3 Min.
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Carsten Linnemann: Der CDU-Generalsekretär wird für seinen neuen Bürgergeld-Vorstoß kritisiert. (Quelle: IMAGO/Uwe Koch/imago)
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CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will "an die Substanz" des Bürgergelds. SPD und Grüne kritisieren das deutlich.

Nicht nur bei der SPD, auch bei den Grünen wächst die Kritik am Vorstoß des CDU-Generalsekretärs Carsten Linnemann, beim Umbau des Bürgergelds einen harten Kurs zu fahren. "Carsten Linnemann will einen Kurs der menschlichen Kälte", sagte Grünen-Politiker Timon Dzienus t-online. "Die Koalition steuert auf den nächsten Rechtsbruch mit Ansage zu."

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Dzienus sitzt für die Grünen als Obmann im Arbeits- und Sozialausschuss und ist für das Bürgergeld zuständig. Er sagt: "Die von der Union geplanten Totalsanktionen sind nicht nur herzlos, kalt und unmenschlich, sondern auch verfassungswidrig." Jedem Menschen müsse das Existenzminimum gewährt werden. "Alles andere ist mit der Wahrung der menschlichen Würde unvereinbar und wäre sozialer Sprengstoff."

Dzienus kritisierte: "Wenn es nach der CDU geht, wird mit der Reform des Bürgergelds eine neue Eiszeit ausgerufen. Das ist in diesen Zeiten schlichtweg unverantwortlich." Statt "weiter nach unten zu treten und Menschen gegeneinander auszuspielen", sagte Dzienus, "sollten echte Gerechtigkeitsfragen diskutiert werden, wie die ungleiche Verteilung von Erbschaften und Vermögen".

Kritik für Linnemanns Vorstoß auch von SPD

Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das Bürgergeld zu einer neuen "Grundsicherung für Arbeitssuchende" umzubauen. CDU-Generalsekretär Linnemann drängt darauf, dabei "wirklich an die Substanz des Systems" zu gehen, wie er nun sagte.

Ein Punkt ist seiner Meinung nach besonders wichtig: "Wenn jemand nachweislich wiederholt einen zumutbaren Job nicht annimmt, obwohl er offenkundig arbeiten kann, dann muss der Staat davon ausgehen, dass derjenige nicht bedürftig ist. Und dann bekommt er auch kein Bürgergeld mehr."

Für seinen erneuten Vorstoß erfährt Linnemann auch Kritik vom Koalitionspartner SPD. "Die Attacken auf den Sozialstaat werden jeden Tag mehr", sagte die für Arbeit und Soziales zuständige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt der Deutschen Presse-Agentur. "Dabei ist er kein Kostenfaktor, den man einfach nach Kassenlage zusammenstreicht." Die Sozialsysteme im Land seien das solidarische Fundament des Zusammenhalts in der Gesellschaft.

Die SPD-Politikerin Schmidt kritisierte genau wie der Grünen-Politiker Dzienus: "Statt immer wieder die Gerechtigkeitsfrage allein bei denen zu stellen, die kleine, kleinste oder gar keine eigenen Einkommen haben, gilt es diejenigen stärker an der Finanzierung unseres Gemeinwesens zu beteiligen, die höchste Einkommen und Vermögen haben." Statt die Realitäten vieler Menschen zu ignorieren, müsse man sich Gedanken machen, wie man Hürden auf dem Weg in Arbeit abbaue und die Menschen nachhaltig unterstütze.

Debatte unter neuen Vorzeichen

Die Debatte ist nicht neu, steht jetzt aber unter anderem Vorzeichen, weil Union und SPD gemeinsam regieren. Im vergangenen Sommer hatte Linnemann in der Diskussion über einen Anstieg der Zahl der Bürgergeldempfänger und die stark gestiegenen Kosten für die Leistung schon einmal den Vorschlag in die Diskussion gebracht, mutmaßlich arbeitsunwilligen Bürgergeldempfängern die Grundsicherung komplett zu streichen. Gegenwind bekam er damals unter anderem von SPD.

Der CDU-Sozialflügel bekräftigte auch jetzt seine Kritik an Linnemanns Vorstoß. Der Vize-Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Das Bürgergeld ist für Carsten Linnemann eine politische Obsession."

Sanktionen seien richtig, reichten aber nicht aus, sagte Bäumler. "Unser Ziel muss es sein, Menschen in Arbeit zu bringen, nicht, sie verhungern oder obdachlos werden zu lassen." Die vollständige Streichung der Grundsicherung dürfe nur die letzte Möglichkeit sein.

Streichung bis zwei Monate ist möglich

Die aktuelle Rechtslage hatte das Bundesarbeitsministerium kürzlich in einer Antwort auf eine Anfrage im Bundestag so beschrieben: "Sogenannten Arbeitsverweigerern, die sich bewusst und grundlos weigern, eine konkret angebotene, zumutbare Arbeit aufzunehmen und die vorher (innerhalb des letzten Jahres) bereits gegen eine Pflicht zur Aufnahme einer Arbeit verstoßen oder ihr Arbeitsverhältnis grundlos gekündigt haben, kann für bis zu zwei Monate der Regelbedarf im Bürgergeld komplett entzogen werden."

Die Ausgaben für das Bürgergeld sind im vergangenen Jahr laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf fast 47 Milliarden Euro angestiegen. Im Jahr davor waren es rund 43 und ein Jahr davor rund 37 Milliarden Euro. Die Zahl der sogenannten Bedarfsgemeinschaften, also der Haushalte, in denen Bürgergeld bezogen wird, liegt aktuell bei rund 2,9 Millionen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa

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