Ermittler finden vor allem bei Rechtsextremisten Bomben
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Die Bundesregierung hat auf eine AfD-Anfrage hin ausgewertet, wann und wo welche Extremisten mit Sprengstoffen hantierten. Ermittler hatten es demnach meist mit Rechten zu tun.
Wenn in Deutschland in den vergangenen Jahren Bomben oder Material zum Bau bei Extremisten gefunden wurde, dann vor allem im rechten Spektrum. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD hervor. t-online.de hat die Daten aufbereitet: Wo und wann welches politische Lager mit SprengsΓ€tzen hantierte.
Die Auswertung fΓΌhrt 136 Funde seit dem Jahr 2000 an, die einen politischen Hintergrund hatten oder haben kΓΆnnten. In 18 FΓ€llen waren die Sprengstoffe in der Hand von Menschen, die die Auswertung zum linken Spektrum rechnet, in 24 FΓ€llen gab es einen mΓΆglichen islamistischen Hintergrund. 94 der Funde rechnet das Bundesinnenministerium Rechten zu β und damit den weitaus grΓΆΓten Teil.
BKA fΓΌhrt Liste ΓΌber Sprengstoffe
Das Innenministerium weist darauf hin, dass die Aussagekraft der Auswertung eingeschrΓ€nkt ist. Eine Statistik zu Bombenfunden oder Funden von Material zum Bombenbau bei Extremisten, wie sie von der AfD angefragt wurde, gibt es so nicht. Alle EinsΓ€tze mit SprengsΓ€tzen und -mitteln werden allerdings sehr detailliert beim Tatmittelmeldedienst beim Bundeskriminalamt erfasst, der zentralen Datei fΓΌr Sprengstoffdelikte, an die die Polizeidienststellen FΓ€lle entsprechend zu melden haben. Dort gibt es bei der Erfassung 234 Felder, mit denen ein Fall abgebildet werden kann.
Die Daten wurden durchforstet nach den Suchbegriffen, die von der AfD-Frage erfasst sein kΓΆnnten: "Spreng-/Brandvorrichtungen", "Sprengvorrichtungen" und "ExplosionsgefΓ€hrliche Stoffe", die Suche wurde kombiniert mit der Suche nach "Sicherstellung" und "Fund". Die Zuordnung in extremistische Lager sei "schlagwortartig nach einer mΓΆglichen Tatbekennung" erfolgt, heiΓt es in der Antwort.
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In der Tatmitteldienst-Datenbank war etwa auch NSU-Terrorist Uwe BΓΆhnhardt mit dem Schlagwort "rechtsradikal" aufgefΓΌhrt. Die NSU-AnschlΓ€ge in KΓΆln in den Jahren 2001 und 2004 mit einer Bombe in einer Christstollendose und einer Nagelbombe finden sich aber in der Auswertung der Bundesregierung nicht: In der Anfrage ging es ja um Funde und Sicherstellungen.
Die islamistische "Sauerland-Gruppe" ist dagegen mit dem Fundort Medebach-Oberschledorn zu finden. Bei Durchsuchungen 2007 waren 26 SprengzΓΌnder gefunden worden, die Gruppe hatte zudem Wasserstoffperoxid in groΓer Menge bestellt. Die Beteiligten hatten spΓ€ter eingerΓ€umt, dass sie Autobomben in Dortmund und DΓΌsseldorf zΓΌnden wollten.
Illegale BΓΆller mit groΓer Sprengkraft gibt es massenhaft
In der Auswertung sucht man auch vergebens das sΓ€chsische Freital, wo eine rechtsterroristische Gruppe AnschlΓ€ge mit illegalen FeuerwerkskΓΆrpern mit groΓer Sprengkraft verΓΌbte. Im November 2015 haben Ermittler bei Durchsuchungen dort und in Dresden in groΓen Mengen illegale "PolenbΓΆller" gefunden, die Gruppe wurde auch wegen HerbeifΓΌhrung von Sprengstoffexplosionen verurteilt.
Allerdings sind alleine in Sachsen 2015 mehr als 45.000 solcher BΓΆller mit einer vielfachen Sprengwirkung legal zugelassenen Feuerwerks sichergestellt worden, in dem Jahr wurden deshalb 236 Strafverfahren eingeleitet, wie die "SΓ€chsische Zeitung" berichtete.
Linksextremismus-Fall in Saalfeld offenbar gar keiner
In der Auflistung fehlt auch der Fall, den der ThΓΌringer AfD-Bundestagsabgeordnete Dr. Anton Friesen als AuslΓΆser fΓΌr seine Anfrage nennt: Im MΓ€rz waren im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt bei einem damaligen Sprecher eines BΓΌndnisses fΓΌr "Zivilcourage und Menschenrechte" und einem Bekannten 100 Kilo DΓΌnger gefunden worden, der zum Bombenbau genutzt werden kann. Die beiden MΓ€nner hatten auch bereits Mischungen hergestellt.
Der Sprecher des BΓΌndnisses, das vom Land mit einem Demokratiepreis ausgezeichnet worden ist, hat auch mit Antifa-Aktivisten an Demonstrationen gegen die AfD teilgenommen. Die Partei und die CDU in ThΓΌringen sprachen von einem linksextremistischen mutmaΓlichen Bombenbauer.
Der Mann hat allerdings erklΓ€rt, die Sprengmischungen nur aus Abenteuerlust hergestellt zu haben. Am Tag, als die AfD wegen des Falls ihre Anfrage an die Bundesregierung stellte, meldete sich auch der mutmaΓliche MittΓ€ter in einem Interview mit der "ThΓΌringer Allgemeinen": Er sei rechts und wΓ€hle AfD. Die Ermittler gehen inzwischen davon aus, dass ein politischer Hintergrund vermutlich sogar komplett ausgeschlossen werden kΓΆnne, meldete das Portal Thueringen24 nach einer Anfrage beim LKA.
Verwendete Quellen:
Antwort der Bundesregierung zur AfD-Anfrage nach Bomben
"SΓ€chsische Zeitung" zu illegalen BΓΆllern
Interview mit mutmaΓlichem Bombenbauer von Saalfeld (Bezahlinhalt)
ThΓΌringen24.de: Linksextremismus-VorwΓΌrfe in Saalfeld kaum noch zu halten
Antwort der Bundesregierung zu einer Anfrage mit Details zum Tatmittelmeldedienst