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Polizei in NRW soll Nationalität aller Verdächtiger nennen


Bundesweit einzigartig
Polizei in NRW soll Nationalität aller Verdächtigen nennen

Von dpa
Aktualisiert am 26.08.2019Lesedauer: 3 Min.
Polizisten am Kölner Hauptbahnhof: In NRW sollen künftig immer die Nationalitäten der Tatverdächtigen genannt werden.Vergrößern des BildesPolizisten am Kölner Hauptbahnhof: In NRW sollen künftig immer die Nationalitäten der Tatverdächtigen genannt werden. (Quelle: C. Hardt/imago-images-bilder)
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Die Pressestellen der Polizei in Nordrhein-Westfalen sollen generell Angaben zur Nationalität von Tatverdächtigen machen, falls sie bekannt ist. Dem wollen sich nicht alle Länder anschließen.

In Presseauskünften soll in Nordrhein-Westfalen künftig die Nationalität aller Tatverdächtigen genannt werden, wenn diese zweifelsfrei feststeht. Der Erlass zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei in NRW werde derzeit entsprechend überarbeitet, teilte das Innenministerium am Montag in Düsseldorf mit. Die Praxis ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, und das wird voraussichtlich auch so bleiben.

"Beste Mittel gegen politische Bauernfängerei"

"Ich werbe seit meinem Amtsantritt um Transparenz. Das sollten wir in Zukunft auch in der Pressearbeit der Polizei noch konsequenter umsetzen", erklärte Innenminister Herbert Reul die geplante Änderung. Künftig solle gelten: "Wir nennen alle Nationalitäten von Tatverdächtigen, die wir sicher kennen – selbstverständlich auch die von deutschen Tatverdächtigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Transparenz das beste Mittel gegen politische Bauernfängerei ist." Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet.

Im bisherigen Erlass heißt es: "Auf die Zugehörigkeit zu einer Minderheit wird in der internen und externen Berichterstattung nur hingewiesen, wenn sie für das Verständnis eines Sachverhalts oder für die Herstellung eines sachlichen Bezugs zwingend erforderlich ist."

Presserat: Medien müssen selbst abwägen

Der Deutsche Presserat begrüßte, "dass die Polizei der Presse die Information über die Nationalität von Tatverdächtigen zur Verfügung stellt". Presseratssprecher Volker Stennei sagte weiter: "Die Entscheidung, ob die Nationalität für die Berichterstattung relevant ist, muss jede ethisch gebundene Redaktion sorgsam selbst abwägen und treffen. Das kann und darf keine Behörde entscheiden."

Außerdem erklärte Stennei: "Allein die Tatsache, dass eine Behörde die Nationalität nennt, rechtfertigt nicht die Verwendung in der Berichterstattung." Nach der entsprechenden Richtlinie des Presserates müsse "ein begründetes öffentliches Interesse an der Herkunft eines Tatverdächtigen bestehen". Dies sei zumeist bei besonders schweren Taten wie Mord oder Terrorismus gegeben.

Der Pressekodex empfiehlt in Richtlinie 12.1, in der Berichterstattung über Straftaten außerdem darauf zu achten, "dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt".

Andere Länder, andere Regeln

Dort, wo die Polizei selbst als Kommunikator beziehungsweise Redaktion in direkter Ansprache gegenüber der Bevölkerung auftrete, sei es ihre ethische Verantwortung, mögliche Folgen zu bewerten. "Das ist nicht Aufgabe des Deutschen Presserates", betonte Stennei.

Innerhalb Deutschlands ist die Praxis bei der Polizei nicht einheitlich: In Schleswig-Holstein etwa soll die Nationalität weiterhin nur dann genannt werden, wenn der Sachzusammenhang das erforderlich mache. "Diese Regelung hat sich bewährt", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Gleiches gilt für Niedersachsen. Dort sagte Innenminister Boris Pistorius, er sehe keinen Grund, die aktuelle Praxis zu ändern.

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In Thüringen gibt es nach Angaben des Innenministeriums weder einen Erlass zur Nennung von Nationalitäten in Pressemitteilungen, noch sei ein solcher in Planung. "Es liegt grundsätzlich im Ermessen des Polizeibeamten, zu entscheiden, ob die Nennung der Nationalität relevant für das Tatgeschehen ist", sagte ein Ministeriumssprecher. Dabei sollen sich die Polizisten am Pressekodex orientieren, wie eine Sprecherin der Landespolizeidirektion ergänzte. "Letztlich muss von Fall zu Fall entschieden werden", sagte die Sprecherin.

Gewerkschaft: Keine generelle Transparenz

In Rheinland-Pfalz sei kein Erlass geplant, bei Presseauskünften künftig die Nationalität aller Tatverdächtigen zu nennen, so weit diese zweifelsfrei feststehe, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Mainz. Sie werde genannt, sofern dies aus Ermittlungsgründen für sinnvoll gehalten werde oder wenn in Übereinstimmung mit dem Pressekodex "ein begründetes öffentliches Interesse" bestehe.

Und auch in Baden-Württemberg ist in Presseauskünften der Polizei keine generelle Nennung der Nationalität von Verdächtigen bei Straftaten geplant. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte in Stuttgart, die Nationalität werde in Abstimmung mit den beteiligten Staatsanwaltschaften und Gerichten dann veröffentlicht, wenn sie bei der Beurteilung einer Straftat eine Rolle spiele – bei einfachen Körperverletzungen zum Beispiel werde sie nicht genannt.


Von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hieß es, die Nationalität von Tatverdächtigen spiele bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit immer eine Rolle. "Ermittlungsergebnisse gehören aber nur begrenzt in die Öffentlichkeit", erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. "Deshalb kann es eine generelle Transparenz bei der polizeilichen Pressearbeit in diesem Zusammenhang nicht geben."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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