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Fachkräftemangel in Deutschland: Was kann man dagegen tun?


Das sind die Pläne der Regierung
Gegen den Fachkräftemangel – und den Unmut der Bevölkerung

dpa, Andreas Hoenig

Aktualisiert am 16.12.2019Lesedauer: 3 Min.
Ein Handwerker bei der Arbeit (Symbolfoto): "Es ist dringend notwendig, dass wir ein solches Gesetz haben", sagte Kanzlerin Merkel beim Gipfel mit Spitzen aus Industrie und Handwerk.Vergrößern des Bildes
Ein Handwerker bei der Arbeit (Symbolfoto): "Es ist dringend notwendig, dass wir ein solches Gesetz haben", sagte Kanzlerin Merkel beim Gipfel mit Spitzen aus Industrie und Handwerk. (Quelle: imago-images-bilder)

Die deutsche Wirtschaft sieht den Fachkräftemangel als eines ihrer größten Probleme. Die Bundesregierung will gegensteuern und viel mehr Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten anlocken. Wie das klappen soll.

"Make it in Germany." Mit diesem Slogan wirbt Deutschland um ausländische Fachkräfte. Auf einem Internetportal gibt es eine Jobbörse und Infos zu Sprachkursen. Es wird auf die gute Qualität von Bildungs- und Gesundheitssystem verwiesen, auf die politische Stabilität – und auf im internationalen Vergleich kurze Arbeitszeiten mit vielen Urlaubs- und Feiertagen. Die Werbung ist nötig: Denn die Bundesregierung sieht Deutschland in den kommenden Jahren auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen.

Die sollen zunehmend aus Ländern außerhalb der Europäischen Union kommen. Damit das klappt und mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen, unterzeichneten Bundesregierung, Länder, Wirtschaft und Gewerkschaften bei einem Spitzentreffen eine Absichtserklärung – um eng zusammenzuarbeiten.

Worum es geht

Deutschland steht mit anderen Ländern im Wettbewerb um Fachkräfte. Deswegen müsse Deutschland als ein "weltoffenes, als ein interessiertes Land rüberkommen", so Merkel. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Anfang März in Kraft tritt, soll qualifizierten Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten deutlich leichter und schneller den Weg nach Deutschland ebnen. "Es ist dringend notwendig, dass wir ein solches Gesetz haben", sagte Merkel: "Wir gehen das Problem an." Das neue Gesetz solle ein Erfolg werden.

Dahinter steht eine Fachkräftestrategie der Bundesregierung, die auf drei Säulen basiert. Zum einen soll das Fachkräftepotenzial im Inland besser genutzt werden. So sollen Arbeitslose qualifiziert werden, damit sie einen Job finden. Zum anderen soll es weiter Zuwanderung aus EU-Staaten gehen. Die Regierung geht aber davon aus, dass die Zuwanderung aus der EU abnimmt – weil diese Länder ihre Fachkräfte selbst brauchen und ebenfalls vom demografischen Wandel betroffen sind, also der Alterung der Bevölkerung.

Deswegen soll nun die "dritte Säule" gestärkt werden: die Einwanderung von Fachkräften aus sogenannten Drittstaaten, also aus Ländern außerhalb der EU. Intern geht man in der Bundesregierung davon aus, dass in den kommenden Jahren Zehntausende Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten gebraucht werden.

In welchen Berufen es Engpässe gibt

Die größten Engpässe bestehen laut Fachkräftestrategie der Regierung derzeit bei Berufen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – daneben sind der Bau, der Hotel- und Gaststättenbereich sowie Gesundheitsberufe betroffen. Konkret gehe es etwa um Elektrotechniker, Metallbauer, Mechatroniker, Köche, Alten- und Krankenpfleger, Informatiker sowie Softwareentwickler.

Für die Wirtschaft bleibt der Fachkräftemangel trotz einer schwächeren Konjunktur das größte Geschäftsrisiko, wie aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags hervorgeht. Für Unternehmen wirkt das wie ein Bremsklotz: Sie können Aufträge nicht annehmen, weil sie nicht genügend qualifizierte Leute haben.

Wie und wo Fachkräfte angeworben werden sollen

Länder, in denen Fachkräfte angeworben werden sollen, sind zunächst unter anderem Brasilien, Indien und Vietnam. Entscheidend ist, dass Länder Interesse an einer Zusammenarbeit mit Deutschland haben - also überhaupt zulassen, dass Fachkräfte angeworben werden sollen. Ist das der Fall, soll die Beratung von Interessierten im Ausland verbessert werden. Damit Abschlüsse anerkannt werden, soll es Qualifizierungen geben. Eine wichtige Rolle dabei spielen die Auslandshandelskammern. Besonders wichtig: Angebote bereits im Ausland, um Deutsch zu lernen.

"Das Anwerben von Arbeitskräften aus Drittstaaten ist harte Arbeit", sagte Daniel Terzenbach, Mitglied im dreiköpfigen Vorstand der Bundesagentur für Arbeit. Es gehe um die Anerkennung der Berufsausbildung und Behördengänge. Die Bundesagentur versuche, "einen fairen und transparenten Mobilitätsprozess" zu organisieren. Keinesfalls sollen die Menschen im Ausland oder in Deutschland an die falschen Leute geraten und abgezockt werden.

Die Bundesagentur sucht seit Jahren mit Partnern gezielt nach Arbeitskräften im Ausland für den deutschen Markt - etwa auf den Philippinen, in Tunesien oder auch in Bosnien-Herzegowina. Nach Angaben der Bundesagentur kamen im vergangenen Jahr 60 000 Menschen aus Nicht-EU-Ländern aus beruflichen Gründen nach Deutschland.

Die Visum-Frage

Auch die begehrteste Fachkraft kommt nicht weit ohne Visum. Die deutschen Auslandsvertretungen, die die Dokumente ausstellen, erweisen sich aber bisher als Flaschenhals auf dem Weg nach Deutschland. Visaverfahren sollen nun beschleunigt werden. Angesichts der stark gestiegenen Nachfrage habe man an betroffenen Standorten bereits aufgestockt, sowohl personell als auch räumlich, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. "Dadurch konnten wir die Wartezeiten für qualifizierte Fachkräfte an vielen Vertretungen drastisch reduzieren."

Integration der Einwanderer

Ausländische Fachkräfte sollen betrieblich und gesellschaftlich integriert werden. So sollen die Firmen bei der Wohnungssuche oder Behördengängen unterstützen. Die Gewerkschaften treten für ein"offenes, diskriminierungsfreies Miteinander" ein. Fehler der Vergangenheit sollen nicht wiederholt werden. "Es war falsch, die sogenannten Gastarbeiter der 1950er und 1960er Jahre nicht systematisch zu integrieren", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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