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Ausgerechnet Laschet verhängt Lockdown – großer politischer Schaden?


Laschet verkündet Lockdown
Der Getriebene


Aktualisiert am 23.06.2020Lesedauer: 3 Min.
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Nordrhein-Westfalen, Gütersloh: Ministerpräsident Armin Laschet spricht auf der Pressekonferenz im Gütersloher Kreishaus zu den Journalisten.Vergrößern des Bildes
Nordrhein-Westfalen, Gütersloh: Ministerpräsident Armin Laschet spricht auf der Pressekonferenz im Gütersloher Kreishaus zu den Journalisten. (Quelle: dpa)

Ausgerechnet Armin Laschet, der stets auf Lockerungen drängte, verhängt nun einen Lockdown für zwei Kreise. Wie groß ist der politische Schaden für den NRW-Ministerpräsidenten?

Armin Laschet sieht nicht sonderlich gut gelaunt aus, als er am Dienstagmorgen um 10.42 Uhr vor die Presse tritt. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen muss jetzt das verkünden, was er eigentlich vermeiden wollte: einen Lockdown im eigenen Bundesland, im Kreis Gütersloh.

Laschet erklärt also, man hätte es hier mit "dem bisher größten einzelnen Infektionsgeschehen in Deutschland zu tun". Daher müsse man jetzt "einen ganzen Kreis zurückführen auf die Maßnahmen, die vor wenigen Wochen gegolten haben". Am Nachmittag wird dann klar, dass es noch einen weiteren Lockdown geben wird, auch der Nachbarlandkreis Warendorf ist von den Maßnahmen betroffen.

Ausgerechnet Laschet, der den Lockdown lockerte

Im Kreis Gütersloh war es zuvor zu einem der stärksten Ausbrüche des Coronavirus gekommen: Beim Fleischzerteiler Tönnies hatten sich die Mitarbeiter gegenseitig angesteckt, bislang wurde eine Infektion bei 1.553 Personen nachgewiesen. Der Lockdown trifft im Kreis Gütersloh etwa 360.000 Menschen, Sport in geschlossenen Räumen wird untersagt, Fitnessstudios werden dichtgemacht, Indoorspielplätze und Hallenschwimmbäder geschlossen. Das Grillen und Picknicken im Freien wird verboten. In Warendorf gelten ähnliche Regeln.

Ausgerechnet Armin Laschet verkündet nun erneute scharfe Ausgangsbeschränkungen für eine bestimmte Region in Deutschland: Zuvor hatte er monatelang dafür geworben, möglichst schnell weitreichende Lockerungen des Lockdowns einzuführen. Der Vorwurf könnte nun lauten: Laschets Kurs ist zu weit gegangen.

Laschet wirkt dabei wie ein Getriebener, der die Auswirkungen seiner eigenen Politik eindämmen muss. Er, der noch vor wenigen Wochen als aussichtsreichster Kandidat für den CDU-Vorsitz galt, gerät somit weiter unter Druck. Bereits an dem Tag, an dem Laschet seine Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz bekannt gab, wurde der Corona-Ausbruch im Kreis Heinsberg öffentlich.

"Bulgaren und Rumänen" verantwortlich

In einer Pandemie stehen die Ministerpräsidenten als Krisenbekämpfer im öffentlichen Fokus, da sind Ausbrüche im eigenen Bundesland nicht sonderlich passend, um sich als sorgsamer Landesvater zu inszenieren. In der Anfangsphase der Pandemie hatte sich Laschet über Wochen eine Art Duell mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder geliefert: Söder galt als Verfechter von strengen Ausgangsbeschränkungen, Laschet als der Mann der Lockerungen.

Dabei war er mit scharfen Äußerungen aufgefallen: Er griff bei "Anne Will" die Kommunen an, die angeblich Schutzausrüstung nicht richtig verteilen würden. Zudem attackierte er Virologen, die permanent ihre Empfehlungen ändern würden.

Für den jetzigen Corona-Ausbruch bei Tönnies hatte Laschet vor wenigen Tagen vor allem "Bulgaren und Rumänen" verantwortlich gemacht, die sich mit dem Virus infiziert hätten. Einen Zusammenhang mit seiner eigenen Lockerungspolitik wollte er da nicht herstellen.

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46 Prozent für Laschet, 88 Prozent für Söder

Laschet, der zuvor Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen gewesen war und den Spitznamen "Türken-Armin" trug, wurde kurz darauf Fremdenfeindlichkeit unterstellt. Dann musste sich Laschet erklären: "Menschen, gleich welcher Herkunft, irgendeine Schuld am Virus zu geben, verbietet sich." Er lief seinen eigenen Worten hinterher, versuchte, den öffentlichen Schaden einzudämmen.

Seine Zustimmungswerte in Nordrhein-Westfalen liegen etwa bei 46 Prozent. Für einen Ministerpräsidenten inmitten einer Krise sind das überschaubare Zahlen, in Bayern dagegen halten 88 Prozent der Bevölkerung Markus Söder für einen guten Ministerpräsidenten.

Fünf Monate, eine lange Zeit

Doch ob Laschet mit der Verhängung der Lockdowns in Gütersloh und Warendorf nun seine Ambitionen auf den Parteivorsitz ad acta legen kann, ist noch offen. Immerhin ist Laschet in einem Regierungsamt, seine Konkurrenten Friedrich Merz und Norbert Röttgen tragen keine ähnliche politische Verantwortung. Und in der Corona-Krise zeigt sich: Regierungsämter können Sprungbretter sein, um sich medial klug zu positionieren.

Der CDU-Parteitag findet im Dezember statt, bis dahin sind es noch fünf Monate. In einer globalen Pandemie, wo Politiker innerhalb von Tagen vom Gejagten zum Helden werden können, ist das eine lange Zeit.

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